Reisebericht Kenia: Bei den Naturwundern im Großen Afrikanischen Grabenbruch unterwegs

Reisebericht Kenia: Bei den Naturwundern im Großen Afrikanischen Grabenbruch unterwegs

Reisebericht über die Reise nach Kenia 13. bis 27. September 2017

13. September 2107 (Mittwoch): Ankunft in Kenia
Unsere Anreise nach Nairobi von Dresden über Frankfurt bzw. von Zürich über Paris verläuft reibungslos, sieht man von einem wegen Sturm gestrichenen Flug von Zürich nach Amsterdam ab, der uns am Vorabend zu einer kurzfristen Umbuchung über Paris veranlasste. Nach knapp acht Stunden Flugzeit erreichen die Maschinen planmäßig zwischen 20.00 und 21.00 Uhr die kenianische Hauptstadt. Die Einreise-Abfertigung verlief freundlich sowie schnell und nahm keine 20 Minuten in Anspruch (auch weil alle Gäste über ein online-Visum verfügten). Das Reisegepäck stand bereits vollzählig bereits auf dem Gepäckband bereit. Joseph, unser Birdguide, Enock, unser Fahrer und Ronald, unser kenianischer Mitarbeiter, warteten ebenfalls schon und so konnten wir rasch zur Übernachtung ins Hotel am Stadtrand von Nairobi fahren.

14. September: Im Mount Kenia-Schutzgebiet Bekanntschaft mit afrikanischen Bergvögeln
Nach dem Frühstück checken wir aus und starten gegen 8.00 Uhr unsere Fahrt über ca. 170 km zum Mount Kenia National-Reserve. Wir brauchen eine Weile, ehe wir das geschäftige Nairobi (1.600 mNN) hinter uns gelassen haben, doch dann geht es zügig Richtung Norden. Die Bebauung der Stadt weicht bald der Feldflur: Kaffee, Tee, Gemüse, Reis und Eukalyptus-Plantagen … ganz und gar nicht so, wie man sich Afrika vorstellt. Wir stoppen inmitten von Reisfeldern an einem kleinen Feuchtgebiet. Hier machen wir Bekanntschaft mit einigen Arten, die wir dann in den Bergen am Mount Kenia nicht erwarten können, so z.B. dem Dreibandregenpfeifer (Three-banded Plover), Kiebitzen und einigen anderen Wasservögeln.

Gegen Mittag erreichen wir das Haupttor vom Schutzgebiet und kurz danach die auf 2.060 mNN gelegene „Castle Forest Logde“, in der wir für die nächsten zwei Tage Quartier beziehen. Das Wetter ist kühl, nur 12°C, bedeckt und neblig, aber ruhig. Auf der Zufahrt zur Logde stoppen wir am Thiba-Fluss und entdecken den Riesenfischer (Giant Kingfisher. Dann checken wir ein und unser Mittagessen wartet. Beim Essen schon auf der Terrasse hören und sehen wir immer wieder die hübschen Seidenturakos (Hartlaub‘s Turaco) und die großen Silberwangenhornvögel (Silvery-cheecked Hornbill). Dann schließen wir Bekanntschaft mit unserem Birdguide Hudson, einem lokalen Ornithologen, der sich hier im Bergregenwald bestens auskennt. Unsere Nachmittagstour zu Fuß ist effektiv und bringt einen guten Überblick über die Vogelwelt zu Füßen des Mount Kenia. Zum Vogel des Tages erklären wir auf jeden Fall den wunderbar gefärbten Seidenturako, für den jetzt die Brutzeit beginnt und der voll in Balzstimmung ist. Aus den alten Baumriesen sind seine markanten Rufe zu hören, dann leuchten die roten Flügel im Grün der Bäume. Einen echten ersten Endemiten können wir auch entdecken, den Graunackenschwärzling (Gray-haeded Negrofinch). Mit ihm schließen wir den Tag ab. Abendessen und erster Eintrag in die Vogelliste folgen. In den kleinen, aber zweckmäßigen Bandas wird der Kamin geheizt, wohlige Wärme breitet sich aus und lässt das Einschlafen noch angenehmer werden.

15. September: Begegnung mit einem der seltensten Vögel Kenias – Erlebnis Olivibis
Der Morgen auf 2.060 mNN startet wieder kühl, aber klar und sonnig. Es bietet sich ein schöner Blick auf das Mount Kenia Massiv (5.000 mNN). Wir nutzen die ersten beiden Stunden nach Sonnenaufgang für Birding um die Logde, denn hier erwartet uns eine Spezialität in der Vogelwelt dieser Region. In dieser Jahreszeit jeden Morgen gegen 7.30 Uhr fliegen die seltenen (endemischen) Olivibis (Oliv Ibis) ihr Revier ab und landen immer für wenige Minuten auf den abgestorbenen Baumriesen an der Logde, meint unser Birguide … Und das passiert tatsächlich so, auf heute! Zuerst hören wir die auffälligen, an den auch hier anwesenden Hagedasch (Hadada Ibis) erinnernden Stimmen. Dann kommen vier Individuen dieser äußerst seltenen und sehr scheuen, Nacht aktiven (!) Vogelart und landen auf einem solitären Ast. Die markante Federhaube, ein Artmerkmal, ist gut zu erkennen. Nach 10-15 Minuten fliegen die Vögel weiter und verschwinden im Blätterdach des Regenwaldes. Ein tolles Erlebnis, das es auf unserer Tour nur hier gibt. Nach dem Frühstück geht es zu Fuß leicht bergauf in Richtung Mt. Kenia Massiv. Wir entdecken weitere bemerkenswerte und seltene Arten der Gegend wie Rotstirnwürger (Doherty‘s Bushshrik).

Nachmittags sind wir nach unten bis zum Thiab-Fluss (Quelle des Tana, des größten Flusses Kenias), unterwegs. Mindestens 30 weitere neue Arten tragen wir am Abend, nach einem leckeren Dinner, in die Vogelliste ein. Und wieder wartet der lodernde Kamin im Zimmer … und läutet die Nachtruhe ein.

16. September 2017: Abschied vom Mount Kenia- Reserve
Vor dem Frühstück unternehmen wir nochmals eine Beobachtungstour um die Logde. Erneut können wir vier Individuen vom seltenen Olivibis (Olive Ibis) sehen. Die Vögel fliegen wieder im Revier und landen auf den großen Bäumen, wo eine kurze Balz stattfindet. Neu entdecken wir einen weiteren Vertreter aus der Rötelfamilie, Kaprötel (Cap Robinchat), der sich bisher nicht gezeigt hatte. Nach dem Frühstück checken wir aus, beladen unser Fahrzeug und starten unsere Weiterreise. Bevor wir das Reservat verlassen, entdecken wir auf dem Weg am Fluss noch die nicht häufige Langschwanzstelze (Mountain Wagtail). Dann fahren wir rasch weiter Richtung Norden und erreichen bald eine trockene Savannen-Ebene vor den Abadere-Bergen. In diesem privaten Schutzgebiet lassen sich erste Großsäuger wie Elen- und Oryxantilopen, Zebras als auch eine Gruppe Breitmaulnashörner entdecken. Auch die Vogelwelt wartet mit den ersten Vertretern der afrikanischen Savanne auf, mit denen wir uns aber erst in den nächsten Tagen beschäftigen wollen. Unsere heutige Tagesetappe ist mit ca. 160 km recht kurz. Da die Straßen aber zum Teil unbefestigt sind, brauchen wir doch etwas mehr als vier Stunden, bis wir in Nyahururu an der „Thomson Fall Logde“ (2.350 mNN) eintreffen. Nach dem check in wartet ein spätes Mittagessen und danach wollen wir im Grenzgebiet der Besiedlung zur Agrarlandschaft einige typische Vogelarten suchen. Nach einem kräftigen Gewitter trocknet es wieder ab und wir können die letzten beiden Stunden Tageslicht nutzen. In Getreidefeldern balzen wie erhofft Schildweber (Red-collared Widowbird). Auch Leierschwanzweber (Jackson Widowbird) sind bei ihren typischen Balzflügen von Halm zu Halm zu sehen. Wir suchen aber nach einem ganz speziellen Nekatarvogel und haben Glück. Der Goldflügel-Nektarvogel (Golden-wingend Sunbird), der nur in den Bergen ab 1500m NN vorkommt, lässt sich gut beobachten. Am Fluss am Abend sehen wir noch einen Mohrenhabicht (Black Sparrowhawk) auf der Jagd. Zum Abschluss des Tages erregt eine (solitäre) Senegalschwalbe (Mosque Swallow) unsere Aufmerksamkeit, weil der Vogel in Größe und Flugbild eher an einen kleinen Greifvogel statt an eine Schwalbe erinnert, zumal ständig im Baum landend. Zurück geht es im letzten Tageslicht zum Hotel, wo das Abendessen wartet. Auch hier vertreiben die lodernden Kaminfeuer in den Hotelzimmern die Kühle der afrikanischen Berg-Nächte.

17. September: Vom Mt. Kenia-Hochplateau hinein in den Großen Afrikanischen Grabenbruch
Mit einem kurzen Blick auf den 74 Meter hohen Thomson-Wasserfall direkt vor der Logde verlassen wir gegen 7.45 Uhr die ca. 150.000 Einwohner zählende Stadt Nyahururu und fahren hinein in den Großen Afrikanischen Grabenbruch zum Lake Baringo, unserem nächsten Etappenziel. Kurz hinter der noch auf dem Hochplateau vom Mt. Kenia-Massiv liegenden Stadt öffnet sich ein grandioser Blick hinein in den Großen Afrikanischen Grabenbruch, der sich über 6.000 km von Israel bis nach Mozambique zieht. Am Subukia-Aussichtspunkt bei 2.550m NN stoppen wir kurz um das vor uns liegende Panorama zu genießen. Schnell erreichen wir die Stadt Nakuru, schon nur noch auf 1.900 mNN, und dann den Äquator. Aber hier ändert sich das Landschaftsbild drastisch. Die Wälder und Agrarlandschaften der Berge weichen einer mehr und mehr savannenartigen Landschaft, die nach Regen aber frisch und grün wirkt. Wir stoppen an Wasserstellen für Rinder, die auch für die Vogelwelt interessant sind. Arten wie Nimmersatt (Yellow-bellied Stork) und Goliatreiher (Goliat Heron) können wir hier entdecken ebenso wie Goldkuckuck (Diederik Cuckoo) und Weißflankenschnäpper (Chin-spot Batis). Unsere Tagesetappe, ebenfalls wieder nur rund 150 km lang, führt uns weiter hinunter ins Rift Valley und bald liegt unser Ziel, der Lake Baringo, vor uns in der Ebene. Gegen 12.30 Uhr erreichen wir die Logde (990 mNN) in der Nähe vom See und beziehen unsere Zimmer. Ab jetzt ist das Wetter so, wie es die afrikanische Savanne verspricht: Warm und trocken statt kühl und feucht in der Mt. Kenia-Region. Beim Einzug in die Logde begrüßt uns schon ein seltener Vertreter der Hornvögel, der hier mit zu unseren Zielvogelarten zählt: Hemprichtoko (Hemprichs Hornbill).

Nach dem Mittag unternehmen wir einen ersten Beobachtungsgang im westlichen Uferbereich des
Lake Baringo, einem Süßwassersee. Unser Guide Joseph, der hier zu Hause ist, beweist sein Können und zeigt und nacheinander drei Eulenarten. Ein Paar Afrika-Zwergohreulen (African Scops-owl) finden wir auf einem Campingplatz am See. Die beiden anderen Arten, jeweils auch paarweise, haben in der schier endlosen Savanne in Akazienbäumen, die für uns an jeder Stelle gleich aussehen, ihren Tagesrastplatz bezogen haben. Nordbüscheleule (Northern-faced Scops-owl) und Grauuhu (Greyish Eagle-owl) auf Anhieb am Tagesratsplatz zu finden, werden zu einem Erlebnis. Außerdem entdecken wir in der Akaziensavanne am See noch versteckt lebende und ohne Kenntnis lokaler Gegebenheiten schwer zu findende Arten wie Heuglin-Rennvogel (Heuglins’s Courser), Kaptriel (Spotted Thick-knee) und Kurzschleppen-Nachtschwalbe (Slender-tailed Nightjar). Zum Höhepunkt des Nachmittags, der um die 40 neue Arten von Lannerfalke (Lannerfalcon) bis zum Blassuhu (Verreaux‘s Eagle-owl) bereithält, wird aber der große, leider durch Lebensraumschwund sehr selten gewordene Helmstar (Bristle-crowned Starling), von dem eine Gruppe von bis zu neun Individuen gut beobachtet und fotografiert werden kann. Nach Sonnenuntergang erst erreichen wir die Logde. Nach dem Abendessen warten die Betten nach einem langen Tag. Ein heftiges Tropengewitter mit Regen ist unsere heutige Einschlafmusik.

18. September (Montag): Mit dem Boot auf dem Lake Baringo
Für den heutigen Morgen ist ein nächster Höhepunkt vorbereitet. Nach einem zeitigen Frühstück wartet ein kleines Motorboot auf uns und wir befahren für die nächsten drei Stunden die Uferbereiche am Westufer des Sees, deren Ufervegetation infolge eines enormen Anstieges des Wasserspiegels unter Wasser stehen. Zwischen den abgestorbenen Baumriesen sind einige Nilpferde unterwegs, denen wir fernbleiben müssen, da sie aggressiv ihre Jungen verteidigen. Das Leben in den dürren Ästen oben im „schwimmenden Wald“ wird geprägt vom Madagaskarspint (Madagascar Bee-eater), die offenbar eben zum Überwintern am Lake Baringo eingetroffen sind, sowie andererseits unten von typischen afrikanischen Wasservögel, wobei wir den allgemein häufigen Hammerkopf (Hamerkop) hier immer wieder aus nur wenigen Metern Entfernung beim Bau seiner riesigen Nester zuschauen können. Unsere Aufmerksamkeit erregen aber verschiedene Webervogelarten, unter denen auch sehr seltene, mit nur winzigen Verbreitungsgebieten bzw. „near endemic“, zu finden sind. Nahe an einer großen Dorfweber-Kolonie (Village-Weaver) finden sich einige Brutpaare vom Goldmantelweber (Northern-masked Waever), der nur hier am See zu finden ist, sowie auch Jacksonweber (Golden-backed Weaver). In einer anderen gemischten Kolonie balzen zwei oder drei Brutpaare vom nicht häufigen Weißstirn-Weber (Groesbeak Waever), der wegen seines gewaltigen Schnabels eher an einen Kernbeißer als an einen Webervogel erinnert. Zu den besonderen Vogelarten des Tages dürfen wir den Papageischnabelsperling (Parrot-billed Sparrow) zählen, von dem ein Paar eine alte Spechthöhle in einem im Wasser stehenden abgestorbenen Baum einen Nistplatz bezogen hat. Zum Abschluss unserer Vormittagstour umrunden wir noch die Barandok-Insel im See. Einem Brutpaar Schreiseeadler (African Fish-eagle) der „Stimme Afrikas“, wirft unser Bootsführer zwei Fische ins Wasser, die die Vögel auch sofort aufnehmen. Unsere Gäste freuen sich über ein paar schöne Bilder „erfolgreich jagender Fischadler“ …, wovon einer auch noch einen kenianischen Farb-Kennring „AP“ am Bein trägt. An einigen Blüten am Rande der Insel entdecken wir noch einen nicht alltäglichen Nektarvogel, den Violettmantel-Nektarvogel (Eastern Voilet-backed Sunbird).

Mit einem atemberaubenden Blick auf die bis zu 2.100m hohen Tugenhills, die den Westrand des Großen Afrikanischen Grabenbruchs markieren, fahren wir zurück ans Ufer und beenden einen wunderbaren Vormittag auf diesem schönen See. Vor dem Mittag entdecken wir dann noch eine weitere Eulenart, ein Paar von Perlzwergkauz (Pearl-spotted Owlett), einem Sperlingskauz-Verwandten. Dann begleiten wir noch einen unseren Reisegäste aus der Schweiz zu einem Umweltbildungsprojekt für Kinder hier am See, das mit Spendengeldern eines Schweizer Vogelschutzvereins aufgebaut wurde. Michaela, die wesentlich in dieses Projekt involviert ist und in der Schweiz die Koordination mit überhat, freut sich darüber, dass die mehr als 25.000 SFR an Spendengeldern offenbar schon gut angelegt worden sind.

Am Abend sind wir die einzigen Kunden in der Camping-Bar „Zur durstigen Ziege“ direkt am Seeufer und warten hier, bei einem recht guten kenianischen Tusker-Bier, auf die Nilpferde, die normalerweise mit Einbruch der Dunkelheit am Abend zu fressen hier auf die Wiese kommen. Stattdessen überrascht uns ein heftiges Tropengewitter, bei dem es wohl sogar die Hippos vorziehen, im Wasser zu bleiben. Später fahren wir zurück in die Logde und sinken nach dem Abendessen, bei den anhaltenden Rufen vom Blassuhu, der in den Bäumen unmittelbar an unseren Bungalows Quartier bezogen hat, in den Schlaf.

19. September (Dienstag): Ein See in Rosa – Naturwunder Zwergflamingos am Lake Bogoria
Nach dem wieder zeitigen Frühstück um 6.00 Uhr checken wir aus und fahren zu einem weiteren See in der Umgebung, der den nächsten vogelkundlichen Höhepunkt auf unserer Reise bereithält. Die rund 40 Kilometer Fahrstrecke unterbrechen wir auf halber Strecke an einem Maisfeld, wo wir den nicht häufigen Feuerweber (Northern Red Bishop) suchen wollen. Es dauert auch nur wenige Minuten, dann entdecken wir die leuchtend rot-schwarzen Männchen bei ihren fast senkrecht vorgetragenen Balzflügen. Um 8.00 Uhr treffen wir am Lake Bogoria ein. Während unser Birdguide die Eintrittsformalitäten für das Reservat erledigt, dürfen wir uns am Rande des Parkplatzes auf eine ebenfalls ganz besondere Vogelart freuen: Im alten Bäumen ist eine Gruppe vom seltenen Steppenbaumhopf (Violet Wood-hoopoe) aktiv und nicht zu überhören. Ein Paar dieser schönen Vögel hat sogar Junge und füttert diese, wovon Birgit schöne Fotos gelingen.

Einige Minuten später erwartet uns ein grandioses Naturschauspiel, welches die meisten Reisegäste zwar schon im Film im Fernsehen gesehen hatten, aber noch nie „live und in Farbe“: Zwergflamingos (Lesser Flamingo) sind hier auf Nahrungssuche sowie zur Balz und Paarbildung, bevor die Vögel ab Mitte Oktober auf dem Lake Natron in der Grenzregion Kenia/Tansania ihre Bruten beginnen. Am Südufer können wir aus nur Hundert Meter Entfernung die Balzläufe der in dieser Jahreszeit rosarot gefärbten Vögel zuschauen. Ein weiter Blick auf die Seeufer lässt diese ebenfalls in „rosarot“ tauchen. Ein unglaubliches Farbenspiel, wie es die Natur nur hier in Ostafrika bietet. Ohne Übung und System ist die Anzahl der Vögel auf dem 34 qkm großen See unzählbar, aber die Verwaltung des Naturrservates erledigt diesen Job alle zwei Wochen. Und so erfahren wir, dass bei der letzten Zählung vor wenigen Tagen 1,5 Millionen Zwergflamingos – 2/3 der Weltpopulation – hier gezählt wurden, die sicher auch heute noch anwesend sind. Wir können uns kaum satt sehen an diesem Farben-Schauspiel, umso mehr sind wir entsetzt, als wir zwei wildernde Haushunde beobachten müssen, die diese Vögel im flachen Wasser töten und am Ufer fressen. Fressen und gefressen werden, das ist der Lauf der Natur in der Natur, zu der verwilderte Haushunde aber eigentlich nicht zählen.

Bis zu 350 Vogelarten werden in der Umgebung dieses Sees nachgewiesen, wie wir im Info-Zentrum des Schutzgebietes lesen können. Allerdings ist die Hitze an diesem Tag so groß, so dass sogar unser zuverlässiger Toyota-Safaribus schlappt macht und des Mechanikers Hand benötigt. Mit letzter Kraft schleppen wir uns mittags mit dem defekten Auto in das nächste Dorf. Während wir uns im Spa Hotel Bogoria am üppigen Mittagsbuffet laben und im Hotelgarten birden, erledigen Enock und Jospeh die „Drecksarbeit“ und lassen das Auto reparieren. Und so können wir gegen 15.00 Uhr weiterfahren nach Naivasha, wo wir auf dem Weg in die Masai Mara eine Zwischenübernachtung einlegen müssen. Die 180 km vom See der Zwergflamingos schaffen wir in 3,5 Stunden. Pünktlich zum Abendessen checken wir im „Fish Eagle In“-Hotel am Navaisha-See ein. Die „Stimme Afrikas“ begleitet uns.

20. September: Auf dem Weg in die Weiten der Masai Mara
Pünktlich um 7.30 Uhr verlassen wir Naivasha und beeilen uns, aus dem dichten Verkehr der quirligen afrikanischen Großstadt zu kommen. Die Hauptstraße Richtung Narok ist voller Verkehr und wir brauchen schon bis nach Mittag, um die Region der Masai Mara zu erreichen. Die letzten 70 Kilometer müssen aber auf unbefestigter Sandpiste zurückgelegt werden, was eine sehr staubige Angelegenheit ist. Unterwegs lenkt uns aber wenigstens eine interessante Vogelart, der endemische Hildebrandt-Glanzstar (Hildebrandt’s Starling) ab. Im luxuriösen Oleshoki-Camp, wo wir für eine Nacht Quartier in riesigen self-containd Zelten, die Luxus-Hotelzimmer-Ambiente bieten, logieren, begrüßen uns die jungen Masai sogar in deutscher Sprache. Wir checken ein, das späte Mittagessen auf der Terrasse am Fluss ist bereits serviert.

Den Nachmittag bis zur Dunkelheit verbringen wir auf einer ersten Safari im nördlichen Bereich der Masai Mara. Alles ist frisch grün, und auch die Gnus sind schon da. Immer größer werden die Herden, auch viele Zebras, Kaffernbüffel, Antilopen, Giraffen und schließlich auch Elefanten lassen für die nächsten Tage ein „volles Programm“ erwarten. Zwischen den großen Huftieren entdeckend wir rastende Wermuthregenpfeifer (Caspian Plover). Und auch einige typische Steppenvogelarten wie können wir noch gut beobachten. In der Dunkelheit erreichen wir das Camp am Fluss. Im Licht der Scheinwerfer können wir die reflektierenden Augen umherschleichender Tüpfelhyänen wahrnehmen. In den Baumriesen am Camp rufen die Baumschliefer. Alle genießen das Abendessen in dieser tollen Atmosphäre und die erste Nacht in der Masai Mara.

21. September: Große Tiere im „Großen Grasland“
Um 7.00 Uhr sitzen wir schon wieder im Toyota-Bus und beginnen unsere Safari in das weite Grasland. Wir müssen gar nicht weit fahren, da erleben wir den ersten Höhenpunkt des Tages. Fünf adulte Geparden, vielleicht ein Weibchen mit ihren großen Jungen, fressen an einer frisch erlegten Antilope, und das völlig ohne Scheu direkt vor unseren Augen, 10 Meter entfernt. Wir hören die Fresslaute und schauen dieser eleganten Großkatzenart eine Weile bei ihrer Mahlzeit zu. Wir wissen jetzt noch nicht, dass das erst der Anfang war! Immer weiter führt unsere Fahrt Richtung Süden. Und immer größer werden die Herden der Huftiere. Es müssen Zehntrausende Gnus sein, die um uns herum sind, die uns immer wieder geduldig Platz machen. Man darf im Schutzgebiet niemals das Auto verlassen, und das hat seinen guten Grund, denn nun tauchen auch die ersten Löwen auf. Zuerst zwei junge Männchen, die mehr mit sich selber beschäftigt sind. Dann bekommt unserer Fahrer ein Signal und dreht den Wagen ab Richtung Flüsschen, welches sich durch die Senke vor uns zieht. Wir entdecken bald den Grund: auf einem alten Baum mit waagerechten Ästen schläft friedlich ein Leopard. Die Tiere wissen, dass ihnen keinerlei Gefahr von den Safari-Fahrzeugen droht und lassen die Annäherung bis auf wenige Meter zu. Weiter geht es … und wieder sind es Löwen, deren tote Beute, ein halber Kaffernbüffel, wir zuerst riechen. Zwei junge Männchen fressen sich satt …

Mittags fahren wir zurück zum Camp, checken aus und ziehen einige Kilometer um ein anderes Camp, in das Mara Base Camp. Auch hier warten große self-contained Zelte auf uns, die aber etwas bescheidener daherkommen als die Anlage am Vortrag. Gegen 16.00 Uhr starten wir schon wieder zur nächsten Safarifahrt ins Schutzgebiet und wieder sind es die Löwen, die unsere Aufmerksamkeit erregen. Jetzt aber sind es Weibchen mit ihren Jungen, alle wohl genährt, die wir aus wenige Metern beim Nachmittagsschlaf beobachten können. Was für ein toller Anblick!

Beim Anbruch der afrikanischen Nacht erreichen wir unser Camp. Das Abendessen wird serviert und am benachbarten Lagerfeuer musizieren junge Masai und führen ihre Hüpftänze auf. Die ungewöhnlich eindringliche, sehr eintönige Musik begleitet uns auch in die Zeltnacht. Nicht ohne Grund wacht vor jedem Zelt die ganze Nacht ein Masai-Krieger über den Schlaf der weißen Gäste aus Europa, denn Tüpfelhyänen sind ganz nah und schleichen hinter den Zelten lang … Es riecht nach Aas, wenn der Wind sich dreht …

22. September: Unterwegs am Mara-Fluss und im Niemandsland zum Nachbarland
Mit dem Hellwerden birden die ersten Unentwegten bereits im Camp-Gelände. Einige neue Vogelarten werden entdeckt. Dann ein zeitiges Frühstück, und um 7.15 Uhr heißt es Aufstieg auf das offene Safari-Fahrzeug und Start in den Morgen. Dieser ist erneut kühl, denn die Hochebene liegt auf ca. 1.600 mNN. Es braucht eine Jacke, der Fahrtwind ist eisig. Tüpfelhyänen (mit Sendehalsband) kreuzen unseren Weg und deuten auf ein ordentliches Management in diesem wichtigen Schutzgebiet hin. Heute beeilen wir uns und machen uns sofort auf den etwa 50 Kilometer langen Weg quer durch das Große Grasland zum Mara-Fluss, wo wir hoffentlich die Überquerung der Gnus noch erleben können, auch wenn es um uns herum nur so von Gnu-Herden wimmelt. Wieder Löwen, einzelnen Männchen, mehrmals, dann erneut zwei Weibchen mit neun Jungen! Man kann sehen, dass auch die großen Fleischfresser von den Huftierherden profitieren, denn alle Tiere stehen bestens im Futter, meist liegt noch die Beute der Nacht halb aufgefressen daneben. Die Geier warten schon.

Gegen Mittag treffen wir am Mara-Fluss ein. Auf der anderen Seite sehen wir eine Gnu-Herde, die sich zur Überquerung bereit macht. Aber dann, die Tiere drehen wieder ab. Nur eine kleine Gruppe gleitet das recht steile Ufer hinunter. Dann zögern die Alttiere, den sie wissen offenbar aus ihrer Erfahrung, was ihnen droht. Doch dann springen die ersten beherzt in das braune Wasser … Und schon beginnt das Schauspiel: riesige Nilkrokodile tauchen plötzlich aus den Fluten auf und versuchen, Beute zu machen. Aber in diesem Moment sind sie erfolglos. Die Gnus erreichen das Ufer. Andere Tiere drehen wieder ab und laufen zurück in die Steppe. Wir warten eine Weile, aber die Situation ist wie sie ist. Ganz offensichtlich fand die Massenüberquerung in diesem Jahr bereits einige Zeit vor unserer Ankunft statt. Das ist Natur! Man kann das Schauspiel, wann genau die riesigen Herden aus der Serengeti kommend den Fluss erreichen, einfach nicht voraussagen. Das Erlebnis der gossen Huftiere in diesem Schutzgebiet ist dennoch so eindrucksvoll und so nachhaltig, dass es, wer es einmal erlebt hat, unvergesslich bleibt! Nächstes Jahr versuchen wir, etwas früher zu kommen.

Am Nachmittag erreichen wir auf der Rückfahrt das Grenzgebiet zu Tansania. Im Hintergrund sehen wir die Berge der Serengeti, die vielleicht weniger als 60 Kilometer vor uns liegt. Am Grenzstein im „Niemandsland“ machen wir ein Erinnerungsfoto. Die heiße Sonne des Tages weicht bereits der Kühle des Hochlandes. Wir fahren zurück ins Camp, wieder vorbei an endlosen Gnu-, Zebra- und Kaffernbüffelherden. Es müssen wieder viele Tausende sein.

Im Dunkeln erreichen wir uns Camp. Wir hatten uns am Morgen über den anhaltenden Aasgeruch hinter einem unserer Zelte „beschwert“ und gebeten, die Ursache zu untersuchen. Freudig berichtet man uns, dass man eine tote Kuh gefunden und beräumt habe. Auch die Hyänen hätten sich damit erledigt …

23. September: Abschied von der Tier- und Vogelwelt Kenias
In der Vogelliste gestern Abend sind rund 80 Vogelarten eingetragen worden, die wir hier an diesen Tagen gesehen haben. Auf eine Aufzählung wird verzichtet, da in Kürze diesem Reisebericht noch die vollständige Vogelliste beigefügt werden soll. Nach dem Frühstück checken wir aus. Wir müssen wieder die ca. 70 Kilometer Staubpiste zurück bis an die Hauptstraße fahren, was Zeit benötigt. Unser Weg führt uns dann weiter durch das Kenianische Hochland vorbei an endlosen Teeplantagen und Farmland bis in die Stadt Kisumo. Unterwegs können wir noch einige neue Vogelarten wie Bergammer (Cinnamon-breasted Bunting), Weißstrichel-Schwatzhäherling (Arrow-marked Babbler) und Safranweber (Holob’s Golden Waever) entdecken.

Kurz bevor wie die Stadt am Viktoriasee erreichen, stoppen wir an ausgedehnten Reisfeldern. Hier können wir eine afrikanische Massenvogelart erleben, die zu bestimmten Zeiten und an bestimmten Stellen in der Steppe in Millionen-Schwärmen auftritt: Blutschnabelweber (Red-bellied Quelea). Heute sind es zwar nur einige Tausend, aber auch das ist beeindruckend genug. Auch die schönen rot-schwarzen Oryxweber (Southern Red Bishop) sind hier aktiv. Und wo so viele Kleinvögel sind, da jagt natürlich auch der Afrikanischer Baumfalke (African Hoby). Wir checken in ein schönes Stadthotel, genießen unser Abendessen und die letzte afrikanische Nacht.

24. September (Sonntag): Bootsfahrt auf dem Viktoriasee und Abreise
Unser letzter Tag in Kenia beginnt mit einer Bootsfahrt auf dem Viktoriasee, entlang des Ufers nahe der Stadt. Hier kann man (fast) alle Umweltprobleme Afrikas auf einmal erleben: Wasserverschmutzung, illegale Landnutzung, Uferrodung und Plastikmüll von der wachsenden Bevölkerung. Dass man in Kenia 2017 – von einem Tag auf den anderen – Plastiktüten bei Androhung drakonischer Strafen verboten hat, ist gerade für diesen Kontinent „lebenswichtig“ und eigentlich nur konsequent. Bleibt zu hoffen, dass auch die Umsetzung den notwendigen Nachdruck erhält!
Im Uferbereich entdecken wir noch einige typische Vogelarten der Papyrussümpfe Afrikas wie Sumpfschnäpper (Swamp Flyccatcher) und Papyrusrohrsänger (Greater Swamp Warbler, ein Zwergsperber (Little Sparrowhawk) jagt im Uferbereich auf Kleinvögel.

Kurz vor Mittag sind wir zurück im Hotel, duschen und schon geht es ab zum Regionalflughafen von Kisumo, wo am frühen Nachmittag die Maschinen der Air Kenia und der Fly54 nach Nairobi warten.
Die Gäste mit Air Kenia reisen pünktlich ab und übernachten nochmals in Nairobi, da ihr Flug nach Amsterdam erst am 25. September morgens startet. Der Reiseleiter hat jedoch Pech. Der Flug mit Fly54 am Nachmittag wurde ersatzlos gestrichen … wie das Billigairlines einfach so machen, wenn die Auslastung zu gering ist. Mit Mühe kann das allerletzte Wartelisten-Ticket bei Jumbojet, einer anderen afrikanischen Regionalairline, auf ihrem letzten Abendflug ergattert werden, so dass der spät abendliche Lufthansa-Weiterflug von Nairobi nach Frankfurt dann auch noch knapp erreicht werden konnte.

Fazit: Eine eindrucksvolle Rundreise vom Mount Kenia durch den Großen Afrikanischen Grabenbruch, zu den Steppensee Lake Baringo, zum Naturwunder der Balz von über 1 Million Zwergflamingos am Lake Bogoria und weiter in die Masai Mara zum nächsten Naturwunder Ostafrikas, der Migration Hundertaussender Gnus und anderer Huftiere. Mehr als 350 Vogelarten, darunter äußerst seltene und auch endemische wie Olivibis (Olive Ibis) konnten gut beobachtet werden. Unser Birdguide Jospeh hat erneut auch auf dieser Tour seine umfangreichen Kenntnisse der lokalen Avifauna bewiesen.

Hartmut Meyer

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Reisebericht Kolumbien: Zauberhafte Vogelwelt der westlichen Anden und Choco-Region

Reisebericht Kolumbien: Zauberhafte Vogelwelt der westlichen Anden und Choco-Region

Reisebericht über die Reise in die westlichen und zentralen Anden (16. bis 31.08.2017)

 Mittwoch, 16. August 2017 – Anreise nach Cali

Einer der Symbolvögel der Anden: Andenbartvogel. Foto (2016): M. Walther.

Orangebrustkotinga. Foto: Colombian Birdwatch.

Die Gäste der ersten Gruppe treffen sich am späten Vormittag im Flughafen Frankfurt/M. und reisen mittags mit Lufthansa Flug 484 nonstop nach Panama. Die Maschine trifft dort nach 11 Stunden und 40 Minuten Flugzeit mit leichter Verspätung gegen 17.00 Uhr Ortszeit (-7h) ein. Der kurze Anschlussflug mit Copa-Airlines nach Cali startet pünktlich um 19.00 Uhr (Ankunft 20.30 Uhr). Die Einreiseabfertigung erfolgt wie schon im Vorjahr sehr zügig und freundlich, und so können wir bereits nach 21.00 Uhr unseren Birdguide Jose, der uns zusammen unserem Fahrer abholt, begrüßen. Vom Vorort Palmira, wo sich der Flughafen von Cali befindet, geht es um diese Tageszeit zügig in ca. 30 min. Fahrzeit bis in die Innenstadt zum Hotel. Gegen 22.30 Uhr sinken die Gäste in die bequemen Betten des Hotels „Hampton by Hilton“. Unsere zweite Reisegruppe aus Düsseldorf über Madrid und Medellín mit IBERIA und Avianca erreicht die 2-Millionenstadt Cali erst mit zwei Stunden Verspätung gegen 2.00 Uhr morgens am 17.08.

Donnerstag, 17. August – Erster Höhepunkt mit Andean Cock-of-the-Rock

Portrait Andenfelsenhahn. Foto (2016): R. Mönke.

Die Nacht ist für alle kurz, denn heute wartet bereits ein voller Birdingtag. Das Frühstück nehmen wir – wegen der späten Ankunft der Gäste – auch ungewöhnlich spät erst um 7.00 Uhr ein. Gleich danach besteigen wir unsern bequemen Tour-Bus, einen VW-Kleinbus mit 14 Plätzen (für die gesamte Reise), und fahren von Cali, das auf ca. 1.000 m NN im Tal liegt und mit sommerlichen 28°C wartet, hinauf in die Anden bis auf ca. 1.800 m NN zum bekannten Punkt „El 18“ im San Antonio Cloud Forest. Gleich der erste Vogel, der uns nach dem Aussteigen aus dem Bus begegnet, ist ein echter Columbian-Endemit, Columbian Chachalaca (Kolumbienguan). Wir schließen hier die Bekanntschaft u.a. mit einigen der farbenprächtigen TangarenArten der Anden, die uns über die gesamte Reisezeit begleiten werden. Auch dem Red-headed Barbet (Andenbartvogel), sozusagen eine Symbolvogelart der kolumbianischen Anden, können wir erstmals entdecken. Das Mittagessen nehmen wir heute in einem typischen kolumbianischen Restaurant ein.

Andenfelsenhahn. Foto: Colombian Birdwatch.

Gleich heute am ersten Birdingtag wartet auch noch ein echter erster Höhepunkt! Wir wollen den Andean Cock-of-the-Rock (Andenfelsenhahn) am Balzplatz beobachten. Dazu fahren wir einige Kilometer weiter hinein in den Nebelwald, wo sich eine kleine Kolonie dieser farbenprächtigen Vögel das ganze Jahr über – auch jetzt, nach der Brutzeit – in ihrem Revier aufhält. Wir beziehen Stellung am Rande des Gruppenbalzplatzes, und ‚pünktlich‘ gegen 16.00 Uhr (je nach Jahreszeit immer zur gleichen Uhrzeit nachmittags!) sehen wir einen ersten „roten“ Schatten durchs Unterholz fliegen … Wenige Minuten später kommen weitere Vögel dazu. Wir können immer gleichzeitig je eine Balzgruppe mit bis zu vier Hähnen aus 6-10 Meter Entfernung beobachten. Die etwa Dohlen großen Vögel nehmen scheinbar keine Notiz von unserer Anwesenheit. Die ungewöhnlich schnarrenden Töne sind weithin hörbar. Die Vögel stehen sich mit gesenkten Köpfen gegenüber und lüften die Flügel beim Balzspiel. Nach einer knappen Stunde ist das Schauspiel, das offenbar dem Zusammenhalt der Gruppe dient und auch nach der Brutzeit tägliches Ritual der Art ist, vorbei. Die roten Hähne fliegen Richtung Fluss ab. Mit „vollen“ Speicherkarten in den Kameras und im Wissen, einem einzigartigen Naturerlebnis in der südamerikanischen Vogelwelt beigewohnt zu haben, fahren wir mehr als zufrieden zurück nach Cali (Abendessen im Restaurant/Übernachtung Hotel „Hampton by Hilton“).

Freitag, 18. August – Kolibri-Festival in der ‚Finca Alejandria‘

Nach dem Frühstück checken wir aus, verladen unser Reisegepäck in den Tourbus und starten unsere Rundreise durch die westlichen und zentralen Anden. Den Vormittag verbringen wir wieder im San Antonio Cloud Forest. In der bekannten ‚Finca Alejandria‘ auf 2.000 m NN wartet heute ein nächster Höhepunkt dieser Reise. In der Öko-Logde sind verschiedene Futterstellen für Kolibris und andere Bergvogelarten aufgebaut. Nicht nur Ornithologen aus aller Welt, auch interessierte Naturfreunde und Schulklassen aus der Umgebung werden hier mit der heimischen Vogelwelt der mittleren Anden bekannt gemacht. Für unser Reisegäste ein wunderbares Erlebnis, denn bis zu 15 verschiedene Kolibriarten können hier gleichzeitig hautnah und aus geringster Entfernung (vielfach unter einem Meter) an den Futterstellen beobachtet und ihre Artmerkmale, die man beim rasanten Flug meist nicht zu sehen bekommt, studiert werden. Attraktive Arten der Anden (ab 1.500 m NN) wie z.B. Withe necked Jacobin (Weißnackenkolibri), Crowned Woodnymph (Violettkronennymphe), Booted racket-Tail (Grünscheitel-Flaggensylphe), Long-tailed Sylphe (Himmelssylphe) oder auch der winzige Purple throated-Woodstar (Purpurkehl-Sternkolibri), der sich wie eine Hummel in der Luft bewegt, können ausgiebig studiert werden. An der Logde bzw. in deren Umgebung finden wir weitere endemische bzw.‚near endemic‘-Arten wie z.B. Flame-rumped Tanager (Feuerbürzel-Tangare) und Srub Tananger (Rotscheiteltangare). Eine weitere Überraschung sind zwei Trogon-Arten die wir sehen bzw. hören können: Crested Quetzal (Kammtrogon) lässt sich wunderbar im Spektiv betrachten, den Golden-headed Quetzal (Goldkopftrogon) hingegen hören wir heute nur in der Nähe rufen. Wir verbringen fast den ganzen Tag in und in der Umgebung der Logde, wo wir auch ein Mittagessen serviert bekommen. Bei angenehmen Temperaturen um 23°C erleben wir viele weitere typische Vertreter der Berge der Anden wie Antbirds (Ameisenvögel), Woodcreeper und Foliage-gleaner (Baumsteiger und Blattspäher), Warbler (Waldsänger), Wren’s (Zaunkönige), Flycatcher (Tyrannen) und Spinetails (Dickichtschlüpfer) und andere mehr. Am späten Nachmittag fahren wir über Cali in die historische Pilgerstadt nach Buga und beziehen hier unser Quartier im schönen im Kolonialstil gehaltenen Hotel „Guadalajara“ für eine Nacht (Abendessen/Übernachtung).

Sonnabend, 19. August – Endemiten an der Sonso-Lagune im Cauca-Valley

Beeindruckende Bartflechten in den Bäumen an der Sonso-Lagune. Foto: H. Meyer

In der Nacht geht ein mächtiges Tropengewitter nieder. Es regnet so stark, das im Hotel ein Wassereinbruch in die Flure, zum Teil bis in die Zimmer unserer Gäste, zu verzeichnen ist. Aber pünktlich zum Frühstück um 6.00 Uhr beruhigt sich das Wetter, und wir können am schönen Hotel-Pool unser Frühstück vom Buffet einnehmen. Ein Spektiv neben dem Frühstücksbuffet? Ein Muss, denn in den alten Bäumen am Hotel sind eine größere Gruppe Blue-headed- (Schwarzohrpapagei) und einige der großen Yellow-crowned Parrot (Gelbscheitenamazone), die wir nur hier sehen können, aktiv.

Heute Vormittag steht dann ein Feuchtgebiet im sonst recht trockenen Cauca-Valley im Reiseprogramm, die einzige ‚Abwechslung‘ zu den Vögeln der hohen Anden, die in den nächsten Reisetagen noch auf uns warten. Wir packen unsere Sachen zusammen und erreichen nach dem Frühstück nach kurzer Fahr das Feuchtgebiet. Durch die intensiven Regenfälle in der Nacht bzw. auch an den Tagen vorher stehen angrenzende Wiesen und die Lagune voll unter Wasser. Zahlreiche Wasservögel von Limpkin (Rallenkranich) bis Cinnamon Teal (Zimtente) sowie einige erste Zugvögel wie Least Sandpier (Wiesenstranläufer) und Graeter Yellowlegs (Großer Gelbschenkel) lassen sich neben Blackish Rail (Trauerralle) und Purple Gallinule (Zwersultanshuhn) beobachten. Die Lagune ist aber auch einziges Brutgebiet (und geschütztes Areal) in der Region für eine ungewöhnliche, bizarre Vogelart, Horned Sceemer (Hornwehrvogel). Diesen können wir heute aber leider nicht entdecken.

Prächtige Orchideen im Nationalpark. Foto: H. Meyer

Unsere Aufmerksamkeit erregt aber ein anderer Zugvogel aus Nordamerika, der bereits eingetroffen ist. Ein Common Nighthawk (Falkennachtschwalbe) verbringt den Tag auf einem Baum und vertraut voll auf seine Tarnung. Nicht weit davon verschläft ein Common Patoo (Urutau-Tagschäfer) in vier Meter Höhe in einem Baum den Tag. Die Begeisterung über die Sichtung dieses versteckt lebenden Nachtvogels ist groß. Eigentlich sind wir aber hier, um einige weitere echte Endemiten in der Vogelwelt

Endemisch: Goldringtangare. Foto: Colombian Birdwatch.

beobachten zu können, was auch dreifach gelingt. Apical Flycatcher (Kolumbienschopftyrann) und Greyish Piculet (Braunrücken-Zwergspecht) sind in den mit beeindruckend langen Bartflechten behängten Bäumen am Rande der Lagune aktiv. Außerdem beobachten wir den seltenen White-chested Swift (Brutflecksegler). Wir entdecken zudem ein Individuum vom Cocoa Woodcreeper (Kleiner Fahlkehl-Baumsteiger), der auf unserer Reiseroute nur hier im Gebiet vorkommt. Zu den neuen Kolibriarten, die wir hier an Blüten sehen können, zählt auch der winzige Ruby-topaz Hummingbird (Moskitokolibri) sowie der auf unserer  Tour nicht so häufig vorkommende Black-throated Mango (Schwarzbrust-Mangokolibri). Wir fahren zurück zum Mittagessen ins Hotel nach Buga. Danach checken wir aus und treten gegen 14.00 Uhr die Weiterreise in den Tatama Nationalpark in den westlichen Anden an. Die Straße führt von der Talsohle auf rund 1.000 mNN immer steiler hinauf in die Berge, und wir erreichen bei Einbruch der Dunkelheit die Ortschaft Pueblo Rico. Den restlichen Weg wieder hinunter in ein Anden-Tal bis zur Montezuma Logde (1.330 m NN) müssen wir in geländegängigen Landrovern zurücklegen. Unser Bus wäre für diese kaum befestigte Zufahrt am Hang zu groß. Rasch wird alles Gepäck umgeladen, und nach ca. einer Stunde holpriger Fahrt erreichen wir gegen 19.00 Uhr die Logde. Auch hier erwarten uns, wie überall im Land, freundliche, aufgeschlossene Menschen, die sich über Gäste aus Europa sehr freuen, wenngleich die Sprachschwierigkeiten (auch bei jungen Menschen, die kein Englisch sprechen!) unverkennbar sind. Wir checken in die einfachen Zimmer der Logde ein und genießen anschließend das frisch zubereitete Abendessen (Übernachtung Montezuma Lode).

Sonntag und Montag, 20./21. August – Vogelfestival im Tatama Nationalpark

Noch vor Tagesanbruch um 5.00 Uhr geht es mit den Landrovern über 1.300 Meter hinauf in den Nationalpark bis auf 2.670 mNN. Hier suchen wir als Erstes einige endemische Vogelarten, die nur in dieser Höhenstufe vorkommen. Wolken ziehen durch den Nebelwald, das Wetter ist trüb und Nieselregen kommt auf. Aber wir können den seltenen Chestnut-bellied Flowerpiercer (Maronenbauch-Hakenschnabel) und Munchique Wood-Wren (Negretzaunkönig) gut beobachten. Wir beobachten den endemischen Parker’s Antbird (Parkers Ameisenfänger) und können auch den meist sehr schwierig zu findenden Uniform Antshrike (Einfarbameisenwürger) sowie Rufos-rumped Antwren (Rostbürzel-Ameisenfänger) beobachten. Auch verschiedene „near endemic“-Arten, einige davon auch stark bedroht, gelingt es in den verschiedenen Höhenstufen zu entdecken. Dazu zählen zwei neue Kolibriarten wie Violett-tailed Sylphe (Langschwanzsylphe) und Velvet-purple Coronet (Hyazintkolibri) sowie Black Solitaire (Schwarzklarino). Entlang der ‚Montezuma Road‘ erleben wir hier in diesen zweieinhalb Tagen ein erstes echtes Vogelfestival in den Anden. Um die 100 Vogelarten stehen zum Schluss für das Gebiet in unserer Liste, viele davon zum ersten Mal auf dieser Reise gesehen wie auch den Titelvogel unseres Bestimmungsbuches von McMullen et al.: „Field Guide oft the Birds of Columbia“, Golden-ringend Tanager (Goldringtangare), einen weiteren kolumbianischen Endemiten. (2 Übernachtungen Montezuma Lodge).

Nach Hangrutsch verschütterter Weg im Tatama NP. Foto: H. Meyer

Neben der Fauna beeindruckt hier im Tatama Nationalpark auch die prächtige Fülle der Flora und Insektenwelt, die wir jeden Tag vor Augen haben. Zu den zahlreichen Blütenpflanzen und wundervollen Orchideen zählen auch seltene und bedrohte Arten wie z.B. die Schwarze Anthurie, die hier in guten Beständen vorkommt. Und wir erleben die Wetterextreme in den Anden, die zu den regenreichsten Gebieten der Erde zählen. Am zweiten Morgen werden wir um 4.30 Uhr von einem gewaltigen, einmaligen Donnerschlag geweckt (wir „stehen“ im Bett) und sofort danach regnet wie aus Eimern … ohne weiteres Gewitter. Wieder fahren wir um 5.00 Uhr morgens mit den Landrovern den Montezuma Trial hinauf in die Berge. Heute ist allerdings bei ca. 1.850 m NN Schluss. Durch den heftigen Regen ist der Hang abgerutscht und hat den Weg verschüttet. Erst im Laufe des Tages werden Soldaten der oben in den Bergen liegenden Militärstation den Weg wieder frei legen. Wir birden von hier an nach unten. Wie schon gestern servieren unsere Fahrer das Frühstück als Picknick im Wald: Alles ist dabei, vom Toastbrot bis zum gekochten Ei, Kaffee und Fruchtsäfte. Die Stimmung im wolkenverhangenen, aber völlig ruhigen und windstillen Bergwald, in dem der Anden Solitaire (Anden-Klarino) sein melancholisches Lied aus den Bergwäldern singt, ist unbeschreiblich, einzigartig.

Montezuma_Logde im Tatma-NP. Foto: H. Meyer

Jede Mahlzeit in der Logde, immer frisch für uns zubereitet, ist ein Erlebnis, denn zu den regionalen Zutaten (auch vegetarische Gerichte) gehören immer auch frische Fruchtsäfte aus reifen Früchten. Die Guave (oder Guayaba), die rund um die Logde wächst, ist reif. Die gelben, wohlriechenden Früchte liegen unter den Bäumen und ziehen nicht nur die Vögel an. In der Küche der Logde werden diese zu leckeren Säften verarbeitet, die ein Genuss sind (3. Nacht in der Montezuma Logde).

Dienstag, 22. August – Abschied aus dem Vogelparadies und Erlebnis Sturzbachente

Unsere Zeit in diesem Vogel- und Naturparadies in den westlichen Anden geht heute zu Ende. Wir frühstücken um 6.00 Uhr zum ersten Mal nicht im Wald, sondern in der Logde. Anschließend haben wir bis Mittag Zeit, um uns ein letztes Mal im Nationalpark nach Vögeln, die uns bisher noch in der Liste fehlen, umzuschauen. Täglich begegnet uns hier der große, blaue Highland Motmot (Hochlandmotmot), und einmal können wir einen Broad-billed Motmot (Blattschnabelmotmot) sehen. Wir entdecken auch einen sehr seltenen Vertreter der Faulvögel, Lacelated Monklet (Streifenfaulvogel) und mit dem Indigo Flowerpiercer (Indigohakenschnabel) einen weiteren Vertreter aus der „near endemic“-Artengruppe. Die wunderschön gefärbten Toucan Barbet (Tukanbartvogel) sind auch heute leider wieder nur aus dem Bergwald zu hören. Ganz kurz gelingt noch ein Blick auf einen Vertreter der scheuen Schatten-Kolibris, Towny-bellied Hermit (Orangebauch-Schattenkolibiri), die nicht an Fütterungen erscheinen und Helikonien-Blüten bevorzugen.

Sturzbachente, M+W. Foto: Colombian Birdwatch.

Nach dem letzten Mittagessen in der Logde laden wir unser Reisegepäck in die Landrover und treten unsere Rück- und Weiterreise an. In Puebla Rico wartet Hermes, unser zuverlässiger Busfahrer (und auch Ornithologe, wie wir auf der Reise erleben können), mit dem Tourbus auf uns. Ohne großen Zeitverlust geht es weiter in das nächste Gebiet, jetzt in die zentralen Anden. Über Cartago und Pereira erreichen wir nach ca. drei Stunden Fahrzeit (mit Kaffeestopp, wie immer) den Otun-River. Kurz bevor wir das Otun-Quimbaya-Reservat erreichen, stoppen wir, um nach einer weiteren Zielart dieser Reise, der Torrent Duck (Sturzbachente), Ausschau zu halten. An der dritten Brücke haben wir Glück! Ein Pärchen dieser ungewöhnlichen Entenart macht ihrem Namen Ehre und sucht im reißenden Gebirgsfluss nach Nahrung. Ab und an sitzen Männchen und/oder Weibchen Wasseramsel-artig auf den großen Steinen im Fluss. Kann man sich als Birder einen besseren Tagesabschluss wünschen? Im letzten Tageslicht erreichen wir die „La Suiza Logde Cabin“ auf 1.860m NN im Schutzgebiet, checken in die geräumigen Zimmer ein und genießen unser Abendessen. Mit dem Ausfüllen der Tagesbeobachtungen in die Vogelliste schließen wir diesen erlebnisreichen Tag ab. (Übernachtung La Suiza Lgade Cabin).

Mittwoch, 23. August – Endemische und seltene Vögel im Quimbaya-Schutzgebiet

Rotbrustkotinga. Foto: Colombian Birdwatch.

Noch im Dunkeln um 5.00 Uhr starten zu unserer ersten Beobachtungstour, das Frühstück als Picknick im Bus, denn wir wollen hier einige seltene Vertreter der Ameisenvögel und Tapaculos beobachten. Dafür muss man mit dem Hellwerden vor Ort sein. Und auch heute ist das Glück zuerst auf unserer Seite. Nach einigen Versuchen gelingt es, die sehr seltene und gefährdete (VU) „near-endemic-Art“ Hooded Antpitta (Rotkopf-Ameisenpitta) aus geringer Entfernung zu sehen (und zu fotografieren). Ein Highlight! Wie schwer es ist, Vertreter dieser Ameisenpittas vor die Ferngläser zu bekommen, werden wir auch im Laufe dieses Tages noch erleben. Moustached Antpitta (Grauscheitel-Ameisenpitta), ebenfalls „near endemic und VU, lässt sich gut aus nächster Nähe hören, aber eben nicht entdecken. Ähnliches erleben wir mit der endemischen Tapacula-Art Stiles’s Tapaculo (Stilestapaculo). Diese kaum Zaunkönig-großen Vögel  leben so extrem am Boden und sind durch ihre dunklen Farben so gut getarnt (wie „Mäuse mit Federn“), sodass sie selbst aus drei Metern Entfernung ‚unsichtbar‘ bleiben. Dafür entdecken wir hier im Schutzgebiet weitere interessante, attraktive oder endemische Vogelarten wie z.B. den endemischen Cauca Guan (Caucaguan), von dem man noch vor 25 Jahren annahm, dass er ausgestorben sei. Erst Anfang der 90er-Jahre wurde die Art hier wieder entdeckt. Eine weitere endemische Tangare, Multicolord Tanager (Schwarznackentangare), konnten wir ebenso gut beobachten wie die große Red-ruffed Fruitcrow (Rotkehlkotinga), die hier ihr bestes Vorkommensgebiet überhaupt hat und täglich beobachtet werden kann (aber nirgendwo anders auf unserer Tour). Hier im Schutzgebiet lässt sich auch der Nationalbaum Kolumbiens, die Quindio-Wachspalme, die bis zu 70 Meter hoch werden kann, anschauen. Allerdings finden wir hier im Sekundärwald nur junge Bäume, die Riesen dieser Art sind leider fast unzugänglich im Schutzgebiet nicht zu sehen. Übernachtung: La Suiza Logde Cabin.

Donnerstag, 24. August – Weiterreise ins Kaffeedreieck Kolumbiens

Die Montezuma Logde im Tatama-NP. Foto: H. Meyer

Die Nachtruhe wird am frühen Morgen durch die anhaltenden Rufe der Colombian Screech-owl (Kolumbienkreuscheule), einem hiesigen Vertreter der Zwergohreulen, aufgehellt. Beim Frühstück in der Logde ertönen die lauten Reviergesänge der Roten Brüllaffen, für die das Schutzgebiet ebenfalls Lebensraum bietet. Leider können wir dieses Mal keinen Vertreter dieser seltenen Primatenart entdecken. Vor unserer Abreise heute Morgen wollen wir versuchen, die endemische und vom Aussterben bedrohte Chestnut Wood-Quail (Kastanienwachtel), die im Regenwald lebt, zu beobachten. Zwar können wir den Vogel hören, da er auf Tape antwortet, leider aber nicht sehen. Wir nehmen stattdessen den attraktiv gefärbten Collared Trogon (Jungferntrogon) ins Fernglas bzw. Spektiv, weil ihn unser cleverer Fahrer im Blätterdach gefunden hatte. Ein Winzling aus der Familie der Ameisenvögel, Plain Antvirio (Olivgrauer Würgerling) lässt sich sehen wie auch eine weitere seltene Tangare, die blau-schwarz-gelb gezeichnete Blue-necked Tanager (Azurkopftangare), die uns den Abschied aus diesem Anden-Schutzgebiet, der uns bis auf kurze Schauer trocken gesonnen war (obwohl hier bis zu 240 Regentage im Jahr verzeichnet werden) verschönen. Wir checken aus und nehmen noch das Mittagessen in der Logde ein. Dann startet unsere Weiterreise nach Manziles.

Wir erreichen die rund 500.000-Einwohner zählende Stadt (ca. 2.100 mNN) am frühen Nachmittag, nach einem kurzen Stopp an einem kleinen Stausee im Vorort Chinchina. Die Stadt Manizales im „Kaffedreieck Kolumbiens“, Ausgangspunkt zu verschiedenen Schutzgebieten in den zentralen Anden, weist eine Besonderheit auf, die man nicht überall findet. Die Altstadt liegt oben auf den Hügeln! Man erreicht diese aus dem Tal mit einer Gondelbahn, die dem öffentlichen Verkehr dient. Die Straßen sind so eng und steil, dass große Busse kaum fahren können. Also nimmt man aus den Vororten die Gondelbahn ins Zentrum. Wir tun das auch, denn ein ganz kurzer Stadtrundgang durch die sehenswerte Altstadt voller lebensfroher Menschen steht auf dem Programm. Nach einem Stopp in einem netten Kaffee besichtigen wir kurz den Vorplatz der größten Kathedrale der Stadt, der von einer bemerkenswerten überlebensgroßen Plastik, einem Wesen, halb Mensch, halb Andenkondor, geprägt wird. Diese Plastik symbolisiert den Freiheitskämpfer Simon Boliviar, der erfolgreich gegen die spanischen Konquistadoren gekämpft hat. Anschließend beziehen wir unser schönes Hotel am Rande der Altstadt für die nächsten zwei Nächte. Übernachtung/Abendessen im Varuna-Hotel.

Freitag, 25. August 2017 – Ameisenpittas im Rio-Blanco-Reservat

Ameisenpittas im Schutzgebiet. Foto: H. Meyer

Rostkappen-Ameisenpitta. Foto: H. Meyer

Wir verlassen bereits um 5.45 Uhr unser Stadthotel und fahren hinauf auf ca. 2.650 mNN zur Rio-Blanco-Logde ins gleichnamige Schutzgebiet. Eigentlich wollten wir direkt in der Logde Quartier beziehen, die aber wegen Baumaßnahmen nicht zur Übernachtung zur Verfügung steht. Das ist aber kein Nachteil, wie sich herausstellt, denn wir verbringen den gesamten Tag über 15 Stunden lang hier, und nehmen alle Mahlzeiten in der Logde ein. Hier im Gebiet erwartet uns eine Besonderheit, denn hier hat die Nationalparkverwaltung auch zum Zwecke von Verhaltensstudien an den Arten Futterstellen für Ameisenpittas, von denen 6-7 Arten vorkommen und meist im Bestand bedroht sind, eingerichtet. Die verschiedenen Arten sind es gewohnt, zu einer bestimmten Zeit am Vormittag einige Regenwürmer jeweils an einem festen Platz angeboten zu bekommen. Die Vögel warten schon darauf und lassen sich meist nicht lange bitten (pfeifen). Wir können das heute miterleben und aus nächster Nähe vier Arten dieser äußerst schwer zu beobachtenden Bodenvögel sehen. Die bedrohte und „near endemic“-Art Biocolored Antpitta (Zweifarben-Ameisenpitta) ist am scheusten und hat uns mit 40 min. auch am längsten warten lassen. Die Brown-banded Pitta (Brustband-Ameisenpitta) wartet hingegen schon auf ihre Regenwürmer, ebenfalls Chestnut-crowned Antpitta (Rostkappen-Ameisenpitta). An einer dritten Futterstelle lässt auch die Slate-crowned Antpitta (Graukappen-Ameisenpitta) nicht lange auf sich warten. Ein Erlebnis der besonderen Art, das die Speicherkarten die Kameras mit Bildern und Videos füllt. Wir beobachten den ganzen Tag, nur von den Mahlzeiten unterbrochen, im Schutzgebiet. Seltene bzw. nur lokal vorkommende Tangaren wie Plushcap (Plüschkopftangare), Buff-breasted Moutain-Tanager (Silberbrauen-Bergtangare) und Lacrimose Mountain-Tanager (Tränenbergtangare) zeigen uns hier ihre Farbenpracht. Am Nachmittag suchen wir etwas weiter im Tal an einer Wasseranlage nach White-capped Dipper (Weißkappen-Wasseramsel), die sich schön beobachten lässt. Und wieder haben wir Glück: An wilden Avocados, seiner Lieblingsspeise, können wir heute einen Golden-crested Quetzal

(Goldkopftrogon), den wir anfangs der Reise nur hören konnten, ausgiebig im Spektiv betrachten. Und nochmals ein Versuch, einen der schwierigen Tapaculos vor die Ferngläser zu bekommen: Der für diese Vogelfamilie ungewöhnlich große Ocellated Tapaculo (Perlmanteltapaculo) ruft zwar intensiv, aber bleibt wieder unsichtbar …

Andenpanorama. Foto: H. Meyer

In der Dämmerung am Abend versuchen wir, einige der vier hier vorkommenden Nachtschwalbenarten zu sehen. Die wunderbar unterseits rotbraun gefärbte Rufous-bellied Nighthawk (Andennachtschwalbe) reagiert auf ihre Rufe und umfliegt uns sofort. Auch die  Greater Band-wingend Nightjar (Große Spiegelnachtschwalbe) zeigt sich umgehend und landet direkt vor uns auf dem Weg. Nach dem Abendessen in der Logde schauen wir uns noch Stygian Owl (Styxeule), einen hiesigen Vertreter der Waldohreulen, und die White-throated Screech-owl (Weißkehl-Kreischeule) an. Bei super-Wetter, windstill, ohne Regen und um die 20°C tagsüber, erlebten wir einen wundervollen intensiven Birdingtag über 15 Stunden! Erst kurz vor 21.00 Uhr erreichen wir unser Hotel in Manizales und sinken müde in die Betten. Übernachtung Varuna-Hotel.

Sonnabend, 26. August 2017 – Die Paramo wartet auf uns …

Am zeitigen Morgen checken wir aus und fahren erneut hoch in die Berge in das Rio-Blanco-Schutzgebiet. Mindestens einen halben Tag bis zum Mittag wollen wir noch weitere Vogelarten suchen, die wir gestern nicht gesehen haben. Am Ende stehen um die 60 neue Vogelarten in unserer Artenliste. Immerhin gilt dieses Schutzgebiet als „eines der drei besten Vogelbeobachtungsgebiete der Welt“, was offenbar die Kollegen aus Nordamerika (die vielleicht nicht immer über die richtige Weit- und Weltsicht verfügen) festgelegt zu haben scheinen. Aber alle Gäste sind sich einig: Das Rio-Blanco-Reservat gehört unzweifelhaft zu den Höhepunkten dieser vogelkundlichen Reise!

Die berühmten Schopfbäume in der Paramo über 4.000mNN. Foto: H. Meyer

Nach dem Mittag führt unser Rund-Trip durch die Vogelwelt dieser Region über Manizales hinauf in die ganz hohen Berge, in den nächsten beiden Tagen bis zum tropischen Grasland der Paramo bis auf 4.150 m NN und dort bis zum Los Nevados-Nationalpark. Zuerst verabschieden wir uns aber von drei Gästen, die die extreme Höhe aus gesundheitlichen Gründen nicht aufsuchen dürfen. Diese bleiben mit einem Sonderprogramm die nächsten beiden Tage zurück in Manizales und besuchen andere Schutzgebiete. Die restliche Gruppe beginnt ihr Nachmittagsbeobachtungsprogramm an einem kleinen Kratersee (‚Laguna Negra‘) auf 3.880 mNN. Hier leben die seltenen Andean Teal (Nordandenente) und Ruddy Duck (Andenruderente), die heute bei guter Sicht zu beobachten sind. Auf der Weiterfahrt zum Hotel „Thermales de la Ruiz“ stoppen wir noch mehrfach am Weg und suchen einige Vertreter der Vogelwelt in dieser Höhenlage. Wir erreichen das Hotel mit seinen heißen Schwefelquellen am frühen Nachmittag und checken ein. Anschließend treffen wir uns sofort im Hotelgarten (auf 3.500 mNN), der Futterstellen für die speziellen Kolibriarten dieser Höhenlage bereithält. Wir können hier neue attraktive, zudem seltene Arten entdecken wie Golden-breasted Puffleg (Goldbrust-Höschenkolibri), Shining Sunbeam (Rostroter Andenkolibri) und Buff-wingend Starfrontlett (Fahlfügel-Andenkolibri) aber auch Tyrian und Viridian Metaltail (Weißspitzen- und Smaragdkehl-Glanzschwänzchen). Abendessen und Übernachtung im Hotel „Thermales de la Ruiz“.

Sonntag, 27. August 2017 – Unterwegs im Los Nevadas-Nationalpark

Nur in Höhenlagen von 3.800 bis 4.800 mNN vorkommend: der endemische Violettkehl-Helmkolibri. Foto: Colombian Birdwatch.

Nachdem einige Gäste leichte Kopfschmerzen, die die Umstellung auf diese Höhe eben mit sich bringt, in der Nacht überwinden konnten, stand ein Pre-Birding vor dem Frühstück auf dem Programm. Nun mussten auch die dicke Daunenjacke, Mütze, Schal und Handschuhe aus dem Koffer geholt werden, denn morgens zeigte das Thermometer hier kaum mehr als 6°C. In der Zeit vom Hellwerden bis zum Frühstück um 7.30 Uhr im Hotel ließen sich an der Zufahrt im Busch- und Weideland schon einige interessante Arten entdecken. Darunter eine endemische Papageienart, die nur hier in diesem Nationalpark an der Grenze zur Paramo lebt: der seltene und gefährdete (VU) Rufous-fronted Paraket (Rotstirnsittich). Einen Trupp dieser Vögel konnten wir bei der Nahrungssuche beobachten. Nach dem Frühstück wartete ein weiterer Höhepunkt auf die Gäste, nämlich die speziellen Vögel der Höhnstufe ab 4.000m NN. Dazu zählt der attraktive Buffy Helmetcrest (Violettkehl-Helmkolibri) als emdemischer Kolibri der Paramo bis 4.800mNN. Ein Vogel saß nur fünf Meter von uns entfernt auf einem Schopfbaum und wärmte sich im ersten Tageslicht offenbar auf.

Einige Gäste nutzten die Gelegenheit der heißen Quellen im Hotel und erwärmen sich heute in den 40° heißen Schwefel-Thermalquellen im Hotel vom kühlen Tag in der Paramo. Übernachtung Hotel „Thermales de la Ruiz“.

Montag, 28. August – Dem Schwertschnabelkolibri auf der Spur

Nach einer weiteren kalten Nacht steht erneut ein Pre-Birding vor dem Frühstück auf dem Programm. Von 6.00 bis 7.30 Uhr versuchen wir, weitere Vogelarten der Berge zu entdecken. Zu unserer Überraschung gelingt hier oben die Beobachtung einer nur sehr lokal vorkommenden Papageienart Golden-plumed Parakeet (Pinselsittich). Nach dem Frühstück haben wir nochmals Gelegenheit, an den Futterstellen im Hotel nach einer ganz speziellen Kolibriart Ausschau zu halten, die wir gestern noch nicht beobachten konnten. Der Sword-billed Hummingbird (Schwertschnabelkolibri) ist heute Morgen aktiv. Während alle anderen Kolibriarten auf den Futterglocken landen, gelingt das diesem Vogel nicht. Durch seinen riesigen Schnabel kann die Art nur im Schwirrflug in der Luft stehend in die Zuckerwasserbehälter eindringen. Ein Anblick, der verwundert und der die enorme physische Leistung dieser Vögel dokumentiert.

Am Nachmittag fahren wir zurück nach Manizales. Auf der alten Straße ins Tal gelingen noch interessante Beobachtungen. Wir können noch den schicken Black-collared Jay (Schwarzkehlhäher) und auch einen neuen Vertreter aus der „near endimic“-Gruppe, Agile Tit-Tyrant (Brauentachurityrann), beobachten. Gegen Mittag treffen wir uns in einem Restaurant in Manizales mit der kleinen Gruppe von Gästen, die dort mit Sonderprogramm zurückgeblieben waren. Bei einem gemeinsamen Essen werden die Erlebnisse ausgetauscht, geschossene Bilder angeschaut. Schnell wird klar, dass auch deren Besuch in einem anderen kleinen Schutzgebiet hoch effektiv war. Mehr als 35 neue Vogelarten kommen in die Gesamtartenliste der Reise dazu. Die Rückfahrt nach Cali, wird genutzt, um im Bus ein Schläfchen zu machen. Mit Einbruch der Dunkelheit erreichen wir Cali und nachdem sich unser tapferer und sicherer Fahrer Hermes durch die Rushhour der abendlichen Stadt gekämpft hat, checken wir für die letzten beiden Nächte ins Stadthotel ein. Nach dem Abendessen im schönen Restaurant verschwinden alle rasch in ihren Betten. Übernachtung Hotel „Hampton by Hilton“.

Dienstag, 29. August – Toucan Barbet an der Old Buaventura-Road zum Abschluss

Farbenpracht pu: Tukanbartvogel. Foto/Kopie Prospekt Colombia Birdwatch.

Auch unser letzter Reisetag ist als intensiver Birdingtag geplant. Ohne Frühstück geht es bereits um 5.30 Uhr hinauf in die Berge zum San Antonio Claud Forest, dort aber heute talabwärts entlang der alten Buenaventura Road, die früher die einzige Verbindung aus den südwestlichen Anden zum Pazifik darstellte. Wir erreichen hier auch den tiefsten Punkt dieser Reise überhaupt, nämlich bei 900 m NN. Wir nehmen uns Frühstück in einem kleinen Restaurant ein, wo eine Überraschung wartet. Konnten wir die farbenfrohen Toucan Barbet (Toukanbartvögel) bisher nur hören, lassen sich heute hier 5-6 Individuen aus naher Entfernung gut beobachten. Ein Highlight zum Abschluss der Reise! Drei neue Kolibriarten, White-whiskered Hermit (Smaragdschattenkolibiri), Green Thortail (Grüne Fadelelfe) und Long-billed Startrhoat (Rosenkehlkolibiri), die wir hier neu beobachten könnten, ergänzen unsere Gesamt-Kolibriliste, die damit auf 47 gesehene Arten angewachsen ist! Zum Mittagessen sind wir heute in der Finca „La Araucana“, der kolumbianischen Partnerfirma von Bartmeise-Reisen, eingeladen. Auch hier im Garten ließ es sich vorzüglich birden. Der Crimson-rumped Toucanet (Blutbürzelarassari) kommt neu auf unsere Liste. Am Ende des Tages, nach einem abschließenden Besuch in einem privaten Arboretum, können wir nochmals ca. 12 Arten neu eintragen. Wir fahren zufrieden zurück ins Hotel am Cali-River. Unser Abschlussabendessen nehmen wir in einer beliebten Pizzeria ein. Übernachtung Hotel „Hampton by Hilton“.

Mittwoch, 30. August – Stadtrundgang in Cali und Abreise

Unser bequemer Tourbus für die Reise (auch für 2018) …

… bietet Platz für 12 Teilnehmer. Fotos: H. Meyer

Nach dem letzten Frühstück im Hotel unternehmen wir noch einen kurzen Rundgang durch das Stadtzentrum von Cali. Vivienne von unserer Partnerfirma erläutert uns kurz die Historie der Stadt. Mit ihr zusammen besuchen wir einige markante Punkte in der Altstadt und zuletzt die San Antonio Hills, die einen guten Blick auf die zweitgrößte Stadt in Kolumbien bieten. Auch bei diesem Stadtrundgang können wir nochmals drei neue Arten in unsere Liste eintragen: Chestnut-fronted Macaw (Rotbugara), Aplomado und Peregrine Falcon (Aplodmado- und Wanderfalke). Danach geht es zurück zum Hotel. Gegen Mittag fahren wir zum Flughafen nach Palmira und verabschieden uns vom vogelreichen Kolumbien, das uns zwei Wochen lang ein äußerst gastfreundliches, sicheres und erstaunlich gut aufgestelltes Gastgeberland war!

Am Flughafen verabschiedet sich die Reiseteilnehmer untereinander. Während einige Gäste mit Copa Airlines nach Panama und von dort mit der Lufthansa direkt nach Frankfurt/M. fliegen, reisen andere Gäste über Bogota mit Lufthansa nach Frankfurt. Eine dritte Gruppe fliegt mit Avianca nach Medellin und von dort weiter mit Iberia über Madrid nach Düsseldorf. Nach rund 14 Stunden Gesamtflugzeit und sieben Stunden Zeitdifferenz treffen alle Gäste am Nachmittag des 31. August wieder in Deutschland ein.

Angenehme Hotels (Varuna Hotel in Manizales) wechsel sich auf dieser Reise ab mit einfachen, aber inmitten der Nationalparke gelegenen Logdes. Foto: H. Meyer

Reise-Fazit: Eine hoch effektive und produktive Birdingtgour (mit ‚kurzen Wegen‘ bei nur rund 1200 Fahrkilometern insgesamt) durch alle Landschaftstypen und Klimaregionen der Choco-Region (Bioregion) der westlichen und zentralen Anden, vom lokalen Partner vorbildlich organisiert und planmäßig abgelaufen, die rund 415 Vogelarten (380 in der Hauptgruppe + 35 von der Sondergruppe ‚Manizales‘) ergab. Von den möglichen 35 Endemiten in der Region wurden immerhin 23 beobachtet, „near endemic“-Arten konnten ca. 40 beobachtet werden.

Kolumbien in der bereisten Region präsentierte sich einmal mehr als sicheres, erstaunlich sauberes, freundliches und gut organisiertes Reiseland. Nette, offene Menschen, die sich über Gäste aus Europa freuten! Ein kleiner Wermutstropfen mag sein, dass man ohne Grundkenntnisse der spanischen Sprache Verständigungsschwierigkeiten haben kann. Das Land, das Jahrzehnte „verschlossen“ war, öffnet sich erst jetzt und die englische Sprache beginnt nun insbesondere für den Tourismus wichtiger zu werden, wird aber an vielen Stellen noch nicht gesprochen oder verstanden.

Hier Meinungen zur Reise von unseren Gästen:

Mona und Wolfgang H. schreiben: “Wir waren von der sehr guten Konzeption der Reise mit vergleichsweise kurzen Wegstrecken sehr angetan. Die Reise war von Anfang bis Ende sehr gekonnt und professionell organisiert und verbindet unterschiedliche Habitate und Landschaften zwischen 900 m und 4.150 mNN … Der kolumbianische Bird – Guide Jose Luna war überaus kenntnisreich und sehr sympathisch. Mit dem Busfahrer Hermes haben wir uns jederzeit sehr sicher und wohl gefühlt. Insgesamt eine sehr schöne Reise mit teilweise überragenden Vogelbeobachtungen. So haben wir alle unsere Zielarten Swordbilled – Hummingbird, Andean Cock – of – the – rock, Toucan – Barbet und Bearded Helmetcrest sehr gut beobachten können. Von der reichhaltigen Auswahl an weiteren Kolibris und Tangaren gar nicht zu reden. Man hat richtig Lust auf eine Anschlusstour in andere Regionen dieses sehr schönen Landes bekommen.”

“Diese Reise hat alle meine Erwartungen nicht nur erfüllt, sondern übertroffen. Ich bin beeindruckt von der Artenfülle von Flora und Fauna, der Freundlichkeit der Bevölkerung und der Sachkenntnis der Guides.” schreibt Dr. Karl-Heinz Christmann (Krefeld).

Helmut Klein (Nettetal) schreibt auch im Namen von Heinz und Helga Schrörs (Tönisvorst): “Das Reiseprogramm versprach viel, und wir meinen, diese Versprechen wurde alle gehalten. Mit anderen Worten, wir sind sehr zufrieden mit dem Ablauf und der Durchführung dieser Reise … Alle Unterkünfte waren sauber, die Zimmer funktionsgerecht, die Betten in bester Qualität und die Bäder in sehr gutem Zustand … Ganz herzlicher Dank gilt unserem Birdguide Jose und auch unserem Fahrer Hermes, deren Umsichtigkeit wesentlich zum Erfolg beigetragen haben. Der freundliche, nette und immer hilfsbereite Umgang mit den Gruppenmitgliedern hat uns gut getan … Auch Dir sagen wir Dank für die großen Anstrengungen vor und während der Reise. Es gehört viel Mut und Erfahrung dazu, solche Reise mit Erfolg zu krönen, es ist Dir vollends gelungen”. 

Hartmut Meyer

 

 

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Reisebericht Uganda: Endemische Vögel im Albertine Riftvalley im “Schwarzen Herzen Afrikas”

Reisebericht Uganda: Endemische Vögel im Albertine Riftvalley im “Schwarzen Herzen Afrikas”

Reisebericht über die Reise nach Uganda vom 29.06. bis 15.07.2918

Freitag, 29. Juni 2018: Anreise nach Entebbe
Nach nächtlicher Anreise zu den Abflughäfen Nürnberg, Bremen, Wien und Zürich starten am zeitigen Morgen alle Reisegäste aus Deutschland, Österreich und der Schweiz mit KLM und/oder mit Austrian Airlines/Swiss nach Amsterdam und Brüssel, um von dort aus die Reise nach Entebbe anzutreten. Nach Zwischenstopp in Kigali, der Hauptstadt Ruandas, erreicht KLM die ugandische Hauptstadt Kampala/Entebbe pünktlich gegen 22.20 Uhr Ortszeit (1h+ Differenz zur MESZ). Brüssel Airline aus Brüssel kommt etwas verspätet, aber dennoch fast zeitgleich mit KLM an. Trotz online-Visa dauert die Einreise seine Zeit. Geduld ist gefragt, nicht nur hier. Empfang und Abholung durch unsere ugandischen Partner funktioniert wie erwartet reibungslos. Kurz nach Mitternacht checken wir wenige Kilometer weiter im Hotel am Ufer des Victoriasees (1.150m NN) ein, und sinken nach einem langen Reisetag müde in die Betten.

… knusprige Heuschrecken zum Bier – ein Genuss! Foto: H. Meyer

Sonnabend, 30. Juni: Erste Vögel, Begrüßungstrunk und knusprige Heuschrecken …
Nach dem Frühstücksbuffet steht für heute der bekannte Botanische Garten von Entebbe im Reiseprogramm. Immer wieder die allerbeste Gelegenheit zu einer ersten Begegnung mit den Vögeln Ugandas. Der Garten grenzt an das Ufer des Victoriasees – dem zweitgrößten Binnensee der Erde – und bietet einer Reihe seltener Vogelarten geeigneten Lebensraum. So ist hier der imposante Riesenturako (Great Blue Turaco) ein verbreiteter und gar nicht scheuer Brutvogel, der sich wie erhofft in Früchte tragenden Bäumen aus nächster Nähe beobachten lässt. Auch der hübsche Rossturako (Ross‘s Turco) zeigt sich uns. Wir können uns an den beeindruckenden Grauwangen-Hornvögeln (Grey-cheeked Hornbill) erfreuen, die bereits in Balzstimmung sind. Ebenfalls regelmäßig lässt sich hier der Graupapagei (Grey Parrot) beobachten, der anderswo im Land extrem selten geworden ist. Im Ufergebüsch entdecken wir zudem den Königsweber (Orange Weaver), der überhaupt nur am Ost- und Westufer des Sees vorkommt. Nach dem Mittagessen lassen wir den Tag an einer anderen Stelle des Gartens mit der Beobachtung u.a. von Schweifglanzstaren (Rüppell’s Starling; endemisch für Nordost-Afrika) und bei einem Begrüßungstrunk in einer Strandbar ausklingen. Dazu werden uns knusprig gegrillte Heuschrecken angeboten, ein Genuss, wie wir nach der Überwindung von Vorurteilen feststellen können. Der gelungene Auftakt-Tag klingt mit insgesamt über 80 gesehenen Vogelarten aus. Ein letzter Blick auf eine Familie am Seeufer jagende Afrikanische Fleckenhalsotter (Spot-nacked Oter), und dann genießen wir im Hotel von den Balkonen aus einen zauberhaften Sonnenuntergang am See. Das Abendbüffet und die anschließende erste Vogelliste beenden diesen Tag.

… eine unserer schönen Logdes auf der Reise. Foto: H. Meyer

Sonntag, 1. Juli: Auf dem Weg zum Lake Mburo – Papyrussümpfe und „Wald der Hornvögel“
Vor 8.00 Uhr morgens verlassen wir unser Hotel und treten die erste Etappe über ca. 300 Kilometer in der Westen Ugandas mit Ziel Lake Mburo Nationalpark an. Wir stoppen zuerst an einem Papyrussumpf, um einen ganz besonderen Bewohner dieses Lebensraumes zu suchen, den leuchtend rot-orange-schwarz gefärbten Papyruswürger (Papyrus Gonolek; endemisch in Ostafrika). Zuerst hören wir die beeindrucke Stimme des Vogels, dann lässt sich ein Paar aus nächster Nähe beobachten und fotografieren. Zwei weitere Vogelarten, die nur im Lebensraum Papyrussumpf zu finden sind, gelingt es beim Brutgeschäft in der Kolonie zu beobachten: Weynsweber (Weyns’s Weaver; endemisch für Ost- und Zentralafrika) und Riedweber (Northern Brown-throated Weaver, endemisch Ostafrika). Unseren Mittagsstopp legen wir im „Mpanga Forest Reserve“, einem kleinen, aber artenreichen Waldschutzgebiet, ein. Hier erhoffen wir uns den Narinatrogon (Narina Trogon) und die seltene Kongotaube (Afep Pigeon). Mit dem farbenprächtigen Trogon haben wir Glück, mit der Kongotaube dieses Jahr hier nicht. So ist Natur! Eine Freude in diesem wunderbaren alten Wald sind die großen Grauwangen-Hornvögel (Grey-cheeked Hornbill), die wir zwar schon aus dem Botanischen Garten kennen, die hier aber in einer enormen Dichte zu finden und voll in der Balz sind. Die urigen Stimmen klingen überall aus den Baumriesen. Wir entdecken zwei weitere Vertreter aus dieser Gruppe: Elster- (Congo Pied-) und Kronentoko (Crowned Hornbill). Unsere Kaffeepause findet – wie immer auf dieser Rundreise – direkt am Äquator, im Flamingo-Restaurant, statt. Erst nach Einbruch der Dunkelheit erreichen wir am Rande vom Lake Mburo Nationalpark unsere schöne Logde, die auf einem Felsen erhoben über der Savanne thront. Das Abendessen wartet, die hübschen Bungalows (Bandas) sind für die müden und eingestaubten Reisenden bereit.

… und immer gutes Essen auf der Reise. Foto: H. Meyer

Montag, 2. Juli: „Stimme Afrikas“ und seltene Vögel am Lake Mburo
Mit grunzenden Lauten wecken uns die Anubispaviane (Olive Baboon), die in der Morgendämmerung ihren Schlafplatz auf einem hohen Baum an der Logde verlassen. Auch wenn es hier auf über 1.100 m Höhe morgens mit kaum +16°C noch sehr kühl ist, steht uns ein heißer Tag in der Savanne mit über +30°C bevor. Beim Frühstück im Haupthaus genießen wir den fantastischen Rundblick in die vor uns liegende Ebene und beobachten die Hirten beim Austrieb der Ankole-Rinder, einer bemerkenswerten Langhorn-Rinderrasse, die nur in dieser Gegend Ugandas zu finden ist. Die über einen Meter langen gelben Hörner der rotbrauen Tiere leuchten in der Morgensonne und bilden einen beeindruckenden Kontrast im Sonnenaufgang. Dann starten wir rasch zum Lake Mburo, wo Moses, unser lokaler Guide, schon unruhig auf uns wartet. Wir sind zu spät, weil wir unterwegs eine der Zielarten, den seltenen Taborazistensänger (Long-tailed oder Tabora Cisticola), entdeckt und beobachtet haben. Am See angekommen hoffen wird darauf, vom Boot aus am Ufer einige weitere besondere Vogelarten finden zu können. Geschickt steuert Moses das kleine Boot durch die überall im Wasser schwimmenden Nilpferde. Holub’s- (Holub’s Golden-) und Cabanisweber (Lesser Masked Weaver) entdecken wir am Brutplatz im Ufergebüsch. Dem scheuen Eminie (Grey-capped Warbler; endemisch in Ostafrika) können wir beim Gesang zuschauen, und dann sehen wir eine weitere Zielart dieses Tages, die aufgrund ihrer Lebensweise seltene Binsenralle (African Finfoot). Ein Männchen im BK und dann auch noch ein weiblicher Vogel schwimmen am Ufer. Großes Glück haben wir in diesem Jahr mit dem nur lokal verbreiteten Weißrückenreiher (White-backed Night-Heron). Ein Brutpaar hat im Ufergebüsch einen halben Meter über der Wasserkante drei schon größere Junge im Nest. Beide Altvögel können am Nest beobachtet und fotografiert werden. Die wirklich markante „Stimme Afrikas“, der Schreiseeadler (African Fish-eagle), begleitet uns am See.

Das kann nicht jede Kuh! Nur Ankole-Rinder können sich mit dem Horn den A …. kratzen. Foto: H. Meyer

Den restlichen Tag vor und nach der Mittagspause verbringen wir auf Vogel-Safari im Nationalpark. Aus den aufgestellten Dächern (pop-up) unserer Toyotas heraus lassen sich mindestens 50 neue Vogelarten, darunter Raritäten wie Nubierspecht (Nubian Woodpecker, endemisch in Nordost-Afrika), Graubeutelmeise (Mouse-colored Penduline-tit) und der prächtig gefärbte, große Haubenbartvogel (Crested Barbet), entdecken. In einem trockenen Baum hat der große Blaß- oder Milchuhu (Verreaux’s Eagle-owl) ein altes Greifvogelnest als Brutplatz ausgewählt. Nochmals beobachten wir die beeindruckenden Ankole-Rinder beim Eintrieb. Da ist eine dabei, die sich sogar mit dem über einen Meter langen Horn den Hintern kratzen kann … Unglaublich! Den Sonnenuntergang in der Savanne genießen wir nochmals auf unserer Felsenlogde. Das Abendbuffet wartet, und die Rufe der Schwarzschulter-Nachtschwalbe (Black-shouldered Nightjar) begleiten uns in die Savannen-Nacht.

Dienstag, 3. Juli: Auf dem Weg zu den geheimnisvollen Virunga-Vulkanen
Zum Tagesanbruch liegt Nebel über der kühlen Savanne. Wir starten vor dem Frühstück zu einer Morgenrunde, die uns zum Schluss noch zwei erhoffte Zielarten dieses Gebietes vor die Ferngläser bringt: Weißkopf- (White-headed-) und Rotgesicht-Bartvogel (Red-faced Barbet; endemisch in Nordost-Afrika). Dann haben wir es eilig, checken aus und verlassen die Savanne in Richtung der Grenze zum Kongo und zu Ruanda. Rund 300 Kilometer liegen vor uns. Unterwegs, an einem Tankstopp, erleben wir eine schöne Überraschung: 60-70 Südafrikanische Kronenkraniche (Grey Crowned-crane) stehen in einer kleinen Feuchtwiese und balzen. Im Bergwald auf der Passhöhe vor Kisoro, unserem Zielort zu Füßen der gewaltigen Vulkankette, stoppen wir auf ca. 2.300 m NN und machen Bekanntschaft mit zwei ersten Endemiten des Albertine Riftvalleys: Königsnektarvogel (Regal Sunbird) und Kivufeinsänger (Black-faced Apalis) lassen sich hier neben weiteren interessanten Gebirgsvogelarten wie Preussnektarvogel (Northern Double-colared Sunbird), Mönchsbuschdrossling (African Hill-babbler) und Bambusrohrsänger (Mountain Yellow Warbler) beobachten. Dann fahren wir hinunter und haben sie plötzlich fast wolkenfrei vor uns: die berühmten und noch immer geheimnisvollen, bis über 5.100 Meter hohen Virunga-Vulkane im Dreiländereck Uganda-Kongo-Ruanda. Was für ein Anblick! Mit Einbruch der Dunkelheit erreichen wir Kisoro, unser Ausgangspunkt für unser Virunga-Abenteuer. Unser Hotel erwartet uns mit dem Abendbuffet.

Bartmeise-Reisegruppe 2018 in den Virunga-Vulkanen. Foto: H. Meyer

Mittwoch, 4. Juli: Endemiten im „Mgahinga Gorilla National Park“ zu Fuß des Sabinyo-Vulkans
In diesem Jahr haben wir hier großes Glück mit dem Wetter. Statt Nieselregen und Wolken verhangenen, kühlen Bergen erwartet uns trockenes und freundliches Wetter. Zwar ist es wie immer sehr kühl auf knapp 2.000 Meter Höhe in Kisoro, dafür leuchten die Vulkankegel wolkenfrei in der afrikanischen Morgensonne. Nach dem Frühstück beeilen wir uns, den äußerst schlechten Weg hinauf zum Nationalpark so schnell wie möglich hinter uns zu bringen, doch das ausgespülte Vulkangestein lässt oft nur Schrittgeschwindigkeit zu. Wir benötigen für die wenigen Kilometer mehr als 45 Minuten. Mit der Einweisung (‚Briefing‘) durch die Ranger werden uns unsere bewaffneten Begleiter, die uns vor Büffeln und Elefanten schützen sollen, zugeteilt, und wir starten unsere Tageswanderung hinauf in Richtung eines Taleinschnittes (Gotsch) am Sabinyo-Vulkan (3.645m NN). Unser kenntnisreicher Birdguide Emmy entdeckt – unglaublich für uns – ziemlich schnell den für uns wohl wichtigsten Vogel des Gebietes und des Tages, eine unserer Zielarten schlechthin: den Kammschnabelturako (Ruwenzori Turaco). Dieser scheue Endemit des Albertine Riftvalleys hat offensichtlich bereits einen Tagesrastplatz im Inneren eines dichten Baumes bezogen. Wir erfreuen uns an dieser attraktiven Vogelart, die wir im weiteren Verlauf des Tages erstaunlicherweise noch mehrmals bei der Nahrungssuche beobachten können. Auch die zweit-wichtigste Zielart des Tages, den endemischen Stuhlmann-Nektarvogel (Ruwenzori Double-collared Sunbird), beobachten wir an Blüten der Gebirgsflora. Unter den über 300 für den Nationalpark insgesamt beschriebenen Vogelarten interessieren wir uns insbesondere für die weiteren Endemiten des Albertine Riftvalleys wie z.B. Braunwangen-Laubsänger (Red-faced Woodland-warbler), Orangedrossel (Kivu Ground-Thrush) und Schwarzbrustmeise (Stripe-breasted Tit), die wir ziemlich gut sehen können. Aus der Familie der Würger können wir zwei echte Raritäten finden: Rabenwürger (Mountain Sooty Boubou) und sogar den scheuen, äußerst attraktiven Rotstirnwürger (Doherty’s Bush-shrike; endemisch in Ost-Afrika), den man meist nur hört, bekommen wir vor die Optik. Was für ein toller Tag! Müde aber glücklich kehren wir am späten Nachmittag von max. 2.600 m NN zurück ins Hotel nach Kisoro. Nach der Vogelliste sinken alle müde in die Betten …

Donnerstag, 5. Juli: Vögel im Lebensraum Papyrussumpf und auf dem Weg in den Bwindi-NP
Nach dem Frühstück verlassen wir Kisoro und treten unsere Fahrt wieder hinauf in die Berge an. Erster Stopp ist ein Papyrussumpf am Bunyonyi-See, den wir vorgestern aus Zeitgründen einfach nicht mehr anfahren konnten. Es dauert bald eineinhalb Stunden, bis wir den vom letzten Monsun offenbar stark in Mitleidenschaft gezogenen Uferweg bis um Zielpunkt geschafft haben. Hier erwarten uns aber wieder zwei echte Raritäten in der Vogelwelt, die aufgrund von Lebensraumschwund akut vom Aussterben bedroht sind: Gelbbauch-Rohrsänger (Papyrus Yellow Warbler) und Bindenbuschsänger (White-winged Swamp-Warbler; endemisch für Ost-Zentral-Afrika). Beide Arten können wir am Rande des Papyrussumpfes gut und aus der Nähe beobachten. Auch den Möchskuckuck (Blue-headed Coucal), einen weiteren Papyrus-Spezialisten, können wir entdecken. Am Seeufer hören und sehen wir zudem auch den Papyruszistensänger (Carruther’s Cisticola; endemisch für Ostafrika) und den Mackinnonwürger (Mackinnon’s Shrike), zwei weitere seltene Vogelarten des Albertine Riftvalleys.

Geschenke von den Reisegästen für die Dorfschule. Foto: H. Meyer

Entlang der engen Uferstraße hat eines unserer Fahrzeuge eine etwas ‚engere Begegnung‘ mit einem Safarifahrzeug einer Ruandischen Gesellschaft. An beiden Fahrzeugen bleiben davon Spuren zurück. Jede Seite sucht die Schuldfrage bei der anderen. Um eine Eskalation der Situation zu vermeiden bleibt nur die Möglichkeit, die Angelegenheit, für die hier keine Polizei zuständig ist, „afrikanisch“ mit einer Dollarnote zu bereinigen … Nach der Weiterfahrt durch den sogenannten Gemüsegarten Ugandas erreichen wir am späten Nachmittag das Tor zum berühmten „Bwindi Impenetrable National Park“. Für dieses 765 km² großen UNESCO-Weltnaturerbe-Urwald, der alle Waldformen vom Regenwald bis zur afro-alpinen Stufe abdeckt, werden allein über 400 Vogelarten beschrieben. Am Gate angekommen registriert man uns. Zwar ist die Durchfahrt öffentlich, aber alle Fahrzeuge werden aus Sicherheitsgründen erfasst. In dieser Zeit am Tor können wir weitere interessante Vogelarten wie den mächtigen Geierraben (White-naped Raven) und den Bergspint (Cinnamon-chested Bee-eater; endemisch in den Bergen Ostafrikas) finden.

Noch bei Tageslicht erreichen wir unsere Logde im Nationalpark, in der wir insgesamt vier Nächte bleiben werden. Diese wunderbare Self-contained-Anlage wird von unserem Birdguide Emmy und seiner Familie geführt. Hier haben wir uns auch schon in den Vorjahren richtig wohl gefühlt. Emmy’s Ehefrau erwartet unsere Gäste mit heißen Tüchern, damit sich die müden Reisenden den roten afrikanischen Staub („African Puder“) aus den Gesichtern wischen können. Nach einem Willkommenstrunk werden die Zelte bezogen. Das Abendessen, frisch zubereitet und wie in einem Sterne-Restaurant a la card serviert, wartet auf uns. Die Kamine im offenen Haupthaus verbreiten wohlige Wärme, und nach einem Gläschen Rotwein begleiten uns die Rufe des Afrikanischen Waldkauz (African Wood-owl) in die erste Zeltnacht …

Freitag, 6. Juli: Unterwegs bei den Endemiten im Bwindi-Ruhija-Nationalpark
Nachts ist es hier auf 2.300 Meter Höhe bitter kalt, morgens um 6.00 Uhr nur +9°C. Das Team der Anlage sorgt sich vorbildlich auch um das nächtliche Wohlbefinden der Gäste, denn diese finden abends immer eine heiße Wärmflasche in den Betten vor. Wir beobachten heute ganztags, nur unterbrochen durch die Mittagspause, an der Peripherie des Parks. Morgens zuerst zu Fuß um die Logde, am Nachmittag per Auto etwas weiter entfernt. Mindestens fünf weitere Endemiten des Albertine Riftvalley finden wir auf unseren Touren: Edelfrankolin (Handsome Francolin), Ruwenzorifeinsänger (Ruwenzori oder Collared Apalis), Ruwenzorischnäpper (Ruwenzi Batis), Purpurbauch- und Ruwenzorinektarvogel (Purple-breasted- & Blue-headed Sunbird) und den seltenen Meisenweber (Strange Weaver). Mit dem Braunscheitelwürger (Lühder’s Bush-shrike) bekommen wir noch eine echte Seltenheit, die allgemein schwer zu beobachten ist, vor die Linsen. Auch den Gelbstreifenbülbül (Yellow-streaked Greenbull; endemisch in Südost-Afrika), der hier im Bwindi Nationalpark sein nördlichstes Vorkommen hat, können wir ebenso entdecken wie Schwarzschnabelturkao (Black-billed Turaco) und Jacksonastrild (Dusky Crimsonwing; edemisch im AR). Ein wunderbarer Tag geht zu Ende. In der Logde wird das Abendessen serviert. Derweil lodern die Feuer in den Öfen, um das heiße Wasser für die abendliche Körperpflege zu bereiten. Diese Logde, die absolut autark über Generator und Solarstrom versorgt ist, deren hervorragende Küche auf Holzkohle-Öfen funktioniert, zeigt Machbarkeit und zugleich Grenzen Umwelt bewussten Verhaltens auch in Afrika auf, auch wenn deswegen manches etwas länger dauert als gewohnt. Aber wir haben Zeit … wir sind in Afrika!

Berggorilla im Bwindi-NP. Foto: Chr. Martin

Sonnabend, 7. Juli: Das besondere Erlebnis – zu Besuch bei den seltenen Berggorillas
Für einen Teil unserer Gäste steht heute ein echter Höhepunkt im Programm, den man vermutlich nur einmal im Leben geboten bekommt: ein Besuch bei den Berggorillas als Teilnahme am sogenannten Gorilla-Trekking, welches hier im Weltnaturerbe-Gebiet bei vier habituierten Gorilla-Familien angeboten wird. Dieses Ereignis – Monate im Voraus gebucht (Bartmeise-Reisen vermittelt diesen Besuch im Rahmen dieser Reise optional) – bietet dann für eine Stunde hautnahe Einblicke in das Leben dieser seltenen und bedrohten Menschenaffen; und das aus nächster Distanz, ohne Netz, Glasscheiben und sonstige Barrieren, aber unter Aufsicht geschulter Rancher.

Nach dem morgendlichen Pflicht-Briefing der Teilnehmer durch die Rancher der Uganda Wildlife Authority (UGW) werden die Gruppen, immer 8-9 Teilnehmer, zusammengestellt. Dank unserer mittlerweile guten Beziehungen zur UGA erreichen wir, dass unsere Gäste eine räumlich sehr nahe Gorilla-Familie ohne langen Anmarsch besuchen können. Nach kurzer Wanderung entlang des Hauptweges geht es ins Gelände … und nach wenigen Minuten sind Gorillas um uns herum. Unglaublich, teilweise nur zwei Meter entfernt, sitzen die bis zu 1,80 m großen Primaten in der teilweise dichten Vegetation! Die Nähe zu den Tieren ist einfach atemberaubend. Die Riesen des Urwaldes nehmen von ihren Haar-losen Verwandten vermeintlich keine Notiz, gehen ihren Bedürfnissen nach Nahrungsaufnahme, sozialem Zusammenhalt und die Jungen ihrem Spieltrieb nach. Die Rancher achten immer drauf, dass ein Mindestabstand zu den Tieren gewahrt bleibt, man zurückweicht, wenn die Tiere zu nahekommen. Eine Stunde Besuch vergeht wie im Fluge. Dann rufen die Rancher zum Rückmarsch. Gegen 10.30 Uhr sind alle Gäste schon wieder zurück auf dem Hauptweg versammelt.

Allen wird die Teilnahmebestätigung überreicht, eine A-4-Urkunde von der UGA, die lebenslang an dieses einmalige Naturschauspiel erinnern soll. Vom Chef der Rancher erhalten alle Teilnehmer am Gorilla-Trekking mit dem Dank für den Besuch noch einen wichtigen Hinweis: „Wenn ihr jetzt wieder nach Europa reist erzählt dort bitte allen Bekannten, Freunden und Interessenten von eurem Erlebnis hier. Die Berggorillas gibt es heute nur noch, weil Naturfreunde wie ihr aus aller Welt zu uns in dieses Schutzgebiet kommen, um diese Primaten in ihrer natürlichen Umgebung zu erleben. Das ist die wichtigste Unterstützung für uns im Bemühen, diese Tiere für unsere Nachwelt zu erhalten!“

Später am Abend zeigt man sich gegenseitig seine Fotos und Videos. „Schau mal, der Silberrücken hier ist nur zwei Meter Entfernung an mir vorbei gegangen …“ meint Carola. „Und mich hat er geschupst, weil er vorbei wollte …“ berichtet Werner. „Die Nähe zu den Tieren war einfach atemberaubend“ ergänzt Judith. Noch tagelang werden die Eindrücke und Erlebnisse diskutiert und ausgetauscht …

… warten auf African Green Broadbill. Foto: H. Meyer

Sonntag, 8. Juli: „I have seen the African Green Broadbill”
Heute ist ein weiterer Höhepunkt geplant, eine Tageswanderung (ca. 2×5 km) bis ins Brutgebiet einer anderen endemischen Vogelart des Albertine Riftvalley, dem Blaukehl-Breitrachen (African Green oder Grauer’s Braodbill)! Die Strecke auf schmalem Pfad hinunter ins Tal bis zum Bwindi-Sumpf und wieder zurück ist schon etwas anspruchsvoll und setzt eine mittlere Fitness voraus. Nach dem Frühstück in der Logde und mit Tagesverpflegung im Rucksack werden rasch die Formalitäten im Nationalpark erledigt, die bewaffneten Begleiter, die uns wieder gegen wilde Tiere schützen sollen, zugeteilt. Die Träger (Porter) übernehmen die Rucksäcke der Gäste, und dann starten wir. Das Wetter ist super, die Temperaturen morgens noch angenehm kühl. Auf der Wanderung ins Tal entdecken wir verschiedene neue Vogelarten, erneut auch wieder einige Spezialisten des Albertine Riftvalleys, die zu unseren Zielarten gehören: Ruwenzorifeinsänger (Ruwenzori Collared Apalis; endemisch im AR), Bergpirol (Mountain Oriol; endemisch Ostafrika), Kurzschnabel-Honiganzeiger (Dwarf Honeyguide; endemisch AR), Gelbaugen-Drongoschnäpper (Yellow-eyed Black-flycatcher; endemisch AR) und auch den hübschen Bergtogron (Bar-tailed Trogon). Unten im Tal auf ca. 2.100m NN, in dick bemoosten Bäumen, wartet die Überraschung. Die uns begleitenden lokalen Birdguides haben vor einiger Zeit ein Nest vom Blaukehl-Breitrachen (African Green oder Grauer’s Broadbill) gefunden! Wie ein dickes Beutelmeisenest, kaum vom dichten Moosbehang zu unterscheiden, hängt es an einem Ast. Zwei Jungvögel darin sind Garant dafür, dass wir die fütternden Altvögel rasch und sehr gut beobachten können. Jeder kann im Spektiv die schöne, kaum Kleiber große, seltene Vogelart betrachten, auch Digiskopie-Bilder anfertigen. Nach dem Mittagslunch im Wald sind nur noch wenige Meter bis an den Bwindi-Sumpf zu gehen. Die Temperaturen sind deutlich über +20°C angestiegen, die hohe Luftfeuchte macht uns klar, dass wir in einem Bergregenwald unterwegs sind. Im Gras im Sumpf wartet eine weitere seltene Art, die es nur hier gibt: Kivubuschsänger (Grauer’s Swamp-Warbler).

Der Rückweg bergauf ist deutlich anstrengender als der morgendliche Abstieg. Neben weiteren interessanten Vogelbeobachtungen können wir auch verschiedene Primaten und Säuger, sogar den endemischen Ruwenzori-Schwarzstirnducker, über dessen Biologie so gut wie nichts bekannt ist, gut beobachten. Kurz vor Einbruch der Dämmerung erreichen wir wieder den Hauptweg. Unsere ugandischen Begleiter sind auch pfiffige Geschäftsleute. Nach der gelungenen Beobachtung von African Green Broadbill halten sie T-Shirts mit der Aufschrift „I have seen the African Green Broadbill“ bereit, die gern gekauft werden. In unserer kleinen Logde wartet erneut fast ein ‚Sterne-Restaurant‘-Abendessen. In den Kaminen lodern die Feuer. Mit Freude werden die heute gesehen Vogelarten in die Vogelliste eintragen. Die Wärmflaschen in den Betten vertreiben später die Kühle der ugandischen Bergnacht …

Purpurspint. Foto: R. Kalz

Montag, 9. Juli: Geschenke für Schulkinder – Weiterreise zum Kibale-Nationalpark
Nach vier Nächten in Emmy’s schönen Camp wartet heute unser letztes Frühstück am Kamin. Bevor wir auschecken und den langen Reisetag antreten rufen wir das gesamte Team, die Service- und Küchen-Crew nebst Chef und Chefin, Emmy Gongo mit Ehefrau, zu einem Gruppenbild zusammen (Startfoto). Als kleines Dankeschön für die angenehme Zeit senden wir dieses später nach Uganda. Unsere Fahrer haben sich in den vergangenen Tagen bemüht, den Zentimeter dicken roten Staub von unserer Toyotas abzuwaschen, und so treten wir mit sauberen Fahrzeugen unsere Weiterreise an. Vom Hochplateau auf 2.300 m NN geht es nun weiter Richtung Norden. In der nördlichsten Ecke des Nationalparks, schon auf 1.590m NN, stoppen wir jedoch nochmals für zwei Stunden an einem Ihihitso-Fluss, um noch einige neue Vogelarten beobachten zu können. Wir sehen Cassin- und Stuhlmannschnäpper (Cassin‘s- & Dusky-blue Flycatcher) und den attraktiven Purpurspint (Black Beeater), um wieder nur wichtige Zielarten des Albertine Riftvalleys aufzuzählen.

Nach dem Mittagslunch in der Natur halten wir mitten zwischen grünen Teeplantagen an einer kleinen, sehr einfachen Dorfschule. Die „Klassenzimmer“: einfache Bretterverschläge. Die „Schulbänke“: Sitzstangen mit einem Brettchen für das Schreibheft, falls vorhanden. An der Bretterwand hängt eine knapp einen Quadratmeter große Schiefertafel mit dem Einmaleins für die Kleinsten. Diese geradezu primitive Einfachheit ist bedrückend für unser Empfinden. Unsere Gäste haben Geschenke für die Kinder dieser Schule, in der auch Waisen betreut werden, mitgebracht. Nach einem Spontanbesuch schon im Vorjahr sind wir auch in diesem Jahr unangemeldet hier. Mit großer Freude nimmt die Direktorin die Geschenke für die Kinder, insbesondere Schulsachen wie Malbücher, Hefte, Stifte und Kinderkleidung, aber auch einige Spielsachen entgegen. Die Kinder bedanken sich mit Gesang und Tanz. Nicht nur der Direktorin stehen Freudentränen in den Augen, auch einige Gäste sind zu Tränen gerührt …

Nach sieben weiteren Fahrstunden auf staubiger Piste, fast 50 Kilometer durch den berühmten „Queen Elisabeth Nationalpark“, den wir aber laut Programm „links liegenlassen“ müssen, erreichen wir erst nach Einbruch der Dunkelheit kurz vor 21.00 Uhr unser nächstes Quartier am Rande des Kibale-Nationalparks. Das freundliche Personal macht uns den check-in in die schönen Bungalows (Bandas) angenehm einfach … und auf die nach knapp 400 km langer Fahrt hungrigen Gäste wartet das Abendbuffet. Und auf unsere Fahrer und Begleiter wartet ein platter Reifen am Auto …

Roter (Unganda) Stummelaffe. Foto: R. Kalz

Dienstag, 10. Juli: Neue Vogelarten und seltene Primaten im Kibale-Nationalpark
Nach dem langen Reisetag gestern gönnen wir uns heute ein Stündchen länger Schlaf als sonst und frühstücken erst gegen 7.00 Uhr. Danach schauen wir uns im schönen Garten der Logde, gestaltet im britischen Kolonialstil, nach neuen Vogelarten um. Die Logde liegt am Rande des berühmten Kibale-Nationalparks, umgeben von Teeplantagen und einer beeindruckenden Vulkankrater-Landschaft mit kleinen Seen. Diese Vielfalt bietet auch ganz neue Vogelarten. Wir entdecken ein Brutpaar vom hübschen Lappenschnäpper (Brown-throated Wattle-eye), die Junge füttern. Weißstirnweber (Thick-billed Weaver) sind unterwegs, und ein Sperberbussard (Lizard Buzzard) jagt auf dem Kurzrasen nach Insekten. Nach 10.00 Uhr unternehmen wir eine erste Birdingtour entlang der Straße im Nationalpark, um einige Zielarten dieses Gebietes zu suchen: Samtdrongo (Velvet-mantled Drongo), Kongotaube (Afep Pigeon), Samtglanz- und Spitzschwanzstar (Purple-headed- & Narrow-tailed Starling) sowie Gelbkehl- und Schuppenbartvogel (Yellow-throated- & Speckled Tinkerbird) können wir beobachten. Der 560 km² große Nationalpark ist vor allem für seinen Primaten-Reichtum weltbekannt. 13 Arten kommen hier vor und damit mehr als in jedem anderen Nationalpark auf der ganzen Welt! Wir können jeden Tag vier bis fünf Arten sehen, darunter auch die stark bedrohten, endemischen Uganda-Stummelaffen, von denen es vermutlich nur noch ca. 2000 Individuen in Freiheit gibt. Anubispaviane betätigen sich als Wegelagerer an der durch das Waldgebiet führenden Hauptstraße.

Nach der Mittagspause fahren wir in ein kleines Sumpfgebiet, dem „Bigodi Wetland Sanctuary“, das von der Kommune Bigodi verwaltet und betreut wird. Ein junger Birdguide, sehr kenntnisreich, begleitetet uns und erklärt die Vogel- und Tierwelt. Neben zwei neuen Nektarvogel-Arten, Grünkehl-Glanzköpfchen und Braunrücken-Nektarvogel (Green-throated- & Blue-throated Brown Sunbird) und dem Graukehlnicator (Western Nicator) können wir zwei neue seltene Primatenarten, Östliche Vollbartmeerkatze und Grauwangenmangabe, beobachten. Für die Fußball-Interessierten wartet nach dem Abendessen ein Halbfinalspiel der Fußball-WM 2018 …

Grünbrustpitta. Belegaufnahme: Chr. Martin

Mittwoch, 11. Juli: Gesucht und gefunden: Grünbrustpitta leuchtet neonfarben im Unterholz
Eine echte Herausforderung wartet heute auf uns. Wir wollen den Versuch unternehmen, die Zielart des Nationalparks, die im AR endemische Grünbrustpitta (Green-breasted Pitta) zu beobachten. Dazu musste bereits am Vortag alles mit den Nationalparkverwaltung abgestimmt, die Rancher und Begleiter bestellt werden, denn die Exkursion startet noch in völliger Dunkelheit, um überhaupt eine Chance auf die versteckt am Boden lebende Art zu bekommen. Um 05.15 Uhr wartet ein kleines Frühstück, dann auf in den Urwald! Unser Escort steht am Waldrand bereit, ebenso ein Rancher und Guide vom Park, und in deren Begleitung wandern wir im Schein der Stirnlampen geräuschlos in den Wald. Es dauert nicht lange, dann macht uns Emmy auf ungewöhnliche Laute vom Waldboden vor uns aufmerksam. Die Pitta erzeugt solche mit ihren Flügeln. Auch die verhaltenen Rufe der Art sind in der Morgendämmerung zu vernehmen. Langsam rücken wir Schritt für Schritt vor. Nach ca. 1 ½ Suche finden wir den Vogel 15 Meter vor uns am Waldboden. Neonfarben leuchten die blauen Flügeldecken im noch diffusen Licht. Die Pitta präsentiert ihre grün-rote Brust. Was für ein farbenprächtiger Vogel! Einigen Gästen gelingen sogar wenigstens brauchbare Belegfotos. Ein Glücksgefühl macht sich breit. Das zeitige Aufstehen war nicht umsonst! Bedauerlich war nur, dass eine Teilnehmerin in der Dunkelheit den Anschluss zur Gruppe verloren hatte und deswegen die Pitta nicht sehen konnte. Dieser Umstand wurde leider zu spät bemerkt, woran auch der afrikanische Begleiter nichts mehr ändern konnten. Auf dem Rückweg zu den Fahrzeugen hören wir mehrfach die Rufe von Schimpansen, für die der Kibale-Nationalpark einen der wichtigsten Lebensräume in Uganda darstellt.

Gegen 10.00 Uhr kommen wir wieder in unsere Logde zurück, das große Frühstück wartet. Das Personal interessiert sich dafür, ob wir die Pitta gesehen haben. Man ist überrascht und gratuliert uns zu diesem Erfolg, denn die schwer zu beobachtende Art bleibt wohl den allermeisten Birdern eher verborgen. Nach dem Mittagessen verabschieden wir uns auch von dieser tollen Herberge und treten unsere letzte Reiseetappe in die Stadt Fort Portale, dem Tor zum Simliki-Nationalpark im Kongobecken an. Am Nachmittag erreichen wir das Hotel in der Stadt. Unserer Fahrer müssen mit einem Auto in die Werkstatt, um einen Reifen reparieren zu lassen …

Donnerstag, 12. Juli 2018: Am Ende der „Mondberge“ im Kongobecken unterwegs

Purpurmasken-Bartvogel. Foto: R. Kalz

Heute ist unser „Flachland-Tag“. Waren wir bisher immer weit über 1.000 bis zu 2.600m NN in den Bergregionen des Albertine Riftvalleys (AR) unterwegs, steht nun zum Abschluss der Reise ein Kontrastprogramm im Plan. Hier am Ende der sagenumwobenen „Mountains of the Moon“ (Berge des Mondes) des bis 5.100 Meter hohen, Schnee bedeckten Ruwenzori-Gebirges, in der eine der geheimnisvollen Quellen des Nils liegt, endet das Albertine Riftvalley und fällt ziemlich steil ab ins Kongobecken, wo sich im Grenzgebiet zur DR Kongo auf unter 700m NN der bekannte Tieflandregenwald im “Simliki Nationalpark” und das “Toro-Simliki-Wildlife-Reserve” befinden. Hier beginnt zugleich eine neue Faunenregion, die des Kongobeckens. Neue, eher Tieflands-Vogelarten warten hier auf uns. Wir frühstücken heute schon wieder um 5.00 Uhr und treten um 5.45 Uhr unsere Fahrt ins Beobachtungsgebiet an. Nach den Erfahrungen in den Vorjahren haben wir für heute zwei Beobachter-Gruppen eingeteilt. Eine für den Regenwald und eine für die Savanne.

Alles ist bestens organisiert. Für die Kongo-Regenwald-Gruppe steht ein kenntnisreicher Birdguide bereit. Mit dessen Hilfe gelingt die Tagestour, und einige der speziellen Vogelarten, die in Uganda nur hier erwartet werden können, werden entdeckt, darunter Schrei-, Weißkopf-, Weißhauben- & Schwarzhelm-Hornvogel (Western Piping-, White-thighed-, Eastern Long-tailed- & Black-casqued Hornbill). Dazu auch Gelbkehl-Nicator (Yellow-throated Nicator), Swainson- & Xavierbülbül (Red-tailed- & Xavier’s Greenbul). Sogar der im Kongobecken endemische Graukopf-Nektarvogel (Grey-headed Sunbird) kommt zur Beobachtung. Zum Abschluss noch ein Besuch an den heißen Vulkan-Quellen. Schnell werden wie üblich noch einige Hühnereier gekocht …

Sudan-Hornrabe. Foto: R. Kalz

Die Savannen-Gruppe ist den ganzen Tag im 542 km² großen „Toro Simliki Wildlife Reserve“ unterwegs. Hier in der Savanne auf ca. 600-700m NN finden sich bereits nördliche Arten, die der Sudan-Faunenregion zugeordnet werden. Der 1926 gegründete, früher bedeutende Nationalpark hat in den Zeiten des Bürgerkrieges in den 1980er- und 1990er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts massiv unter Wilderei gelitten. Heute zurückgestuft auf ein Reservat, finden sich im Gebiet nur wenige Großsäuger, dafür aber eine hohe Dichte der endemischen Uganda-Kob. Diese schöne Antilope hat hier eines ihres wichtigsten Vorkommen und begleitet uns den ganzen Tag über. Über neue Vogelarten wie Gelbschnabelfrankolin (Heuglin’s Francolin), Rotkehlspint (Red-throated Bee-eater) und Purpurmasken-Bartvogel (Black-billed Barbet), endemisch in Nordost-Afrika und d i e Spezialität hier, dürfen wir uns freuen. Ein Familienverband geselliger und ruffreudiger Spitzschwanz-Elstern (Piapiac) nimmt ein Bad in einer Wasserlache, und ein Trupp von mindestens 13 mächtigen Sudan-Hornraben (Northern Ground-Hornbill) fesselt lange unsere Aufmerksamkeit. Bei unserer Mittagsrast am Fluss beobachten wir einen mächtigen Elefantenbullen und eine Gelbflügel-Fledermaus (Yellow-winged Bat), tatsächlich richtig gelb leuchtend, ist am helllichten Tag unterwegs. Große Bestände der beeindruckenden Borassuspalmen (Fächerpalme), die wir hier erstmals sehen (und die von Elefanten verbreitet werden), weisen auf dieses völlig andere, trockene Klima zu Füssen des Ruwenzori-Gebirges und dem Albertsee hin. Zum Abendessen treffen sich alle wieder im Hotel. Die Vogelliste macht heute nochmals richtigen Spaß. Von den Balkonen der Zimmer aus in netten Hotel am Rande der Großstadt Fort Portale lässt sich die Froschweihe (African Marsh-harrier) bei der abendlichen Nahrungssuche beobachten …

Freitag, 13. Juli: Von Fort Portal zurück nach Entebbe – neue Arten in Nord-Kibale

Dreifarbenweber. Foto: R. Kalz

Der heutige Tag ist unsere Rückreisetag nach Entebbe. Für die Strecke über rund 350 Kilometer haben wir den gesamten Tag eingeplant. Da unsere Fahrt zuerst durch den Nordteil des Kibale-Nationalparks führt versuchen wir hier, noch einige neue Arten zu finden. Allerdings wird dieser Beobachtungsstopp zu einem regelrechten Bad im afrikanischen Staub, da die Straße aufgrund von Bauarbeiten in diesem Teil unbefestigt ist. Unsere Ausdauer wird aber belohnt, denn wir können auch den recht ungewöhnlichen Dreifarbenweber (Yellow-manteld Weaver) beobachten. Weitere seltene Arten der Region wie Sumpfsegler (Sabine’s Spintail), Maskenfeinsänger (Masked Apalis) und Bocagewürger (Bocage‘ Bush-shrike), den wir bei der Kopula zuschauen, können wir zum Schluss in unsere Vogelliste eintragen.

In einem Restaurant wartet das Mittagessen. Dabei entdecken wir auch noch zwei neue Arten, die für uns eigentlich „gewöhnlich“ sind, in Uganda eher nicht: Turmfalke (Common Kestrel) und Haussperling (House Sparrow) sehen wir heute überhaupt zum ersten Mal auf unserer 1.800 Kilometer langen Rundreise. Mit vielen Eindrücken aus dem Leben der Menschen, die wir in Dörfern und ihren Straßenmärkten bei der Vorbeifahrt oder bei kurzen Stopps bekommen, erreichen wir am frühen Abend unseren Ausgangspunkt der Reise, unser Hotel am Ufer des Victoriasees in Entebbe.

Brutkolonie Graukofpmöwen. Foto: R. Kalz

Sonnabend, 14. Juli: Beim „Ur“-Vogel im Papyrussumpf – nächtliche Rückreise
Unser letzter Tag startet am Victoriasee, dessen heftige Brandung für einen Binnensee bemerkenswert ist, wieder mit einem großartigen Sonnenaufgang über der riesigen Bucht von Entebbe. 6.30 Uhr frühstücken wir ein letztes Mal, checken aus und treten 7.15 Uhr die Fahrt auf die andere Seite der Bucht in die riesige Mabamba-Sumpflandschaft (Wetland) an. Hier im ca. 16.500 ha großen Schutzgebiet, einem Papyrussumpf, wartet der absolut letzte Höhepunkt unserer Reise, der urzeitlich anmutende Schuhschnabel (Shoebill), den wir hier beobachten wollen. Die unbefestigte Staubpiste befindet sich in diesem Jahr in einem noch schlechteren Zustand, und so benötigen wir 1 ½ Stunden bis zum kleinen Hafen. Unser Freund Joseph, Site-Guide im Schutzgebiet, und sein Team erwarten uns bereits, und so können wir nach Erledigung der Formalitäten zügig starten. Mit drei kleinen Booten befahren wir den schmalen Hauptkanal und biegen in eine breite Bucht ein. Es dauert heuer nur wenige Minuten, dann sehen wir schon den gesuchten „Ur“-Vogel. Der Schuhschnabel fliegt noch ein kleines Stück neben unseren Booten, um dann im kurzen Gras vor dem Papyrusdickicht zu landen. Aus nur 10 Meter Entfernung lässt sich die ungewöhnliche Art bestens beobachten und fotografieren. Alle Gäste sind natürlich begeistert. Der Schuhschnabel, der nur ca. alle fünf Jahre überhaupt zur Brut schreitet, ist auch deswegen so bedroht, weil seine geringe Fortpflanzungsbereitschaft dann oft auch noch durch illegale Fischerei in den Schutzgebieten gestört wird. Von Joseph erfahren wir aber, dass im Schutzgebiet, in dem 9 oder 10 Individuen leben, derzeit ein Paar einen Jungvogel groß zieht, was äußerst erfreulich ist. Nach 20 Minuten Beobachtung und mit vollen Speicherkarten fahren wir weiter in einen anderen Teil des Sumpfes, vorbei an einer rund 300 Brutpaare zählenden Kolonie der Graukopfmöwe (Grey-haeded Gull), der afrikanischen Vertreterin unserer heimischen Lachmöwe. Es klingt auch so. Mit geschlossenen Augen fühlt man sich an die Lachmöwen der Limbacher Teiche erinnert … Die Zeit in dieser grandiosen Wasserlandschaft vergeht wie im Fluge.

Bartmeise-Gruppe 2018 in den Mabamba-Sümpfen. Foto: H. Meyer

Gegen 13.00 Uhr erwartet uns in einer neu eröffneten Logde auf einem Hügel angrenzend über dem Sumpf unser Mittagessen. Auch hier im Wald beweist unser Birguide Emmy nochmals seine perfekten Kenntnisse über die ugandische Vogelwelt. Es gelingt ihm sozusagen mit dem Mund, die heimliche Perlenralle (White-spottend Flufftail) anzulocken, so dass einige Gäste diese am Waldboden sogar gut sehen können. Wir genießen hier vom Hügel aus einen fantastischen Ausblick auf das Schutzgebiet und auf die gegenüber der Bucht liegende Hauptstadt Kampala mit seinem Vorort Entebbe und dem internationalen Flughafen. Gegen 17.00 Uhr treffen wir wieder im Hotel ein. Alle Gäste haben die Möglichkeit, in zwei Zimmern zu duschen und ihre Reisebereitschaft herzustellen. Dann wartet das Abschluss-Abendessen, und mit den letzten Einträgen in die Vogelliste schließen wir diese mit 394 Vogelarten ab (neue Rekord für diese Reise!).

Gegen 20.30 Uhr treten wir die kurze Fahrt zum Flughafen Entebbe an. Und pünktlich noch vor Mitternacht starten KLM und Brüssel-Airline nach Amsterdam und Brüssel. Nach pünktlicher Ankunft am nächsten Morgen (15. Juli) können alle Gäste wie geplant ihre Ausgangs-Flughäfen in Bremen, Nürnberg, Wien und Zürich erreichen, und der endgültigen Heimreise steht nichts im Wege.

Zusammenfassung: Unsere Reise bietet einen umfassenden Einblick in die außergewöhnliche Vogelwelt des Albertine Riftvalleys im Westen und Südwesten Ugandas. Es werden bedeutende Schutzgebiete wie der Lake Mburo-, der Maahinga Gorilla-, der Bwindi-Ruhija- und der auch für seinen Primatenreichtum bekannte Kibale-Nationalpark besucht. Alle Regionen liegen in Höhenlagen zwischen 1.100 und bis 2.600 m NN (Ausnahme Abschluss der Reise). Das Klima in den Bergen ist durchweg kühl (Minimum nachts bei +6-9°C, tags um 20-25 °C; nur an wenigen Tagen in Savannenregionen ist es wärmer). Zum Abschluss der Reise steht ein Besuch in einer neuen Faunenregion im Programm, im gewaltigen Kongobecken, welches im Simliki-Nationalpark (um 700 m NN) zu Füßen der Ruwenzori-Berge beginnt. Zielarten der Reise sind die eindrucksvollen Vogelarten der afrikanischen Bergwelten, darunter vor allem die endemischen Arten des Albertine Riftvalleys, einem Seitenarm des Großen Afrikanischen Grabenbruchs im Westen Ugandas entlang der Grenze zu Ruanda und der DR Kongo. Zwischen 380 und 400 Vogelarten können auf dieser Reise erwartet werden.

Gorilla mit Swarovski-Spektiv. Foto: H. Meyer

Optional bieten wir zudem die Möglichkeit, im Bwindi-Nationalpark am Gorilla-Trekking, einem großartigen Naturerlebnis, teilzunehmen. Bartmeise-Reisen vermittelt die Genehmigungen dazu, die Monate voraus gebucht werden müssen. Diese Rundreise über insgesamt 2.000 Kilometer durch das „Schwarze Herz Afrikas“, abseits von Touristenpfaden, zeigt das Leben der Menschen in Uganda absolut authentisch und bietet bei einem spontanen Besuch in einer Dorfschule (mit Übergabe von mitgebrachten Geschenken) intime Einblicke, die ihresgleichen suchen!

Hartmut Meyer

Titelfoto: Bartmeise-Reisegruppe im Bwindi-Nationalpark. Rechts außen Bartmeise-Reiseleiter und Birdguide Emmy Gongo. Foto: H. Meyer

Stimmen unserer Gäste zu dieser Reise:
„Einfach fantastisch, großartig, mit Erlebnissen, die ich mein Leben lang nie vergessen werde.“ (Carola Seifert, Chemnitz). „Für mich war diese Reise ein herausragendes Erlebnis. Quartiere und Verpflegung waren in Ordnung bis hervorragend, unser Guide sowieso einsame Spitze. Die umsichtige Reisevorbereitung und Leitung gehören positiv erwähnt.“ (Ulrich Lindinger, A-Grünburg).

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Reisebericht Armenien: Unterwegs im Kleinen Kaukasus auf der Suche nach dem Kaspikönigshuhn

Reisebericht Armenien: Unterwegs im Kleinen Kaukasus auf der Suche nach dem Kaspikönigshuhn

Reisebericht über die Reise nach Armenien vom 6. bis 18. Mai 2018

Sonntag, 6. Mai 2018: Anreise nach Jerewan
Per Nachtflug mit Austrian Airlines geht es abends von Berlin und Hamburg über Wien in die armenische Hauptstadt nach Jerewan. Ankunft dort um 4.30 Uhr am frühen Morgen. Transfer zum Hotel Stadthotel.

Weißschwanzkiebitz. Foto: Bernd Möckel.

Montag, 7. Mai 2018: An den Aramash-Fischteichen
Nach sehr kurzer Nacht, einem ersten Frühstück und der Begrüßung aller Gäste starten wir mit unserem armenischen Guide Artem an die für ihre reiche Vogelwelt berühmten Armash-Fischteiche. Dort halten wir uns den Rest des Tages auf. Highlight für viele sind die Weißschwanzkiebitze, welche wir in aller Ruhe aus geringer Distanz betrachten können. Eine Vielzahl verschiedener Reiher -und Entenarten können gesehen werden, darunter auch Seltenheiten wie Weißkopf-Ruderente, Moor- und sogar Marmelente. Wir haben zudem noch Glück und können noch etwas vom ausklingenden Heimzug der Limikolen erleben. So sehen wir neben fast ausgefärbten Sichelstrandläufern, Dunklen Wasserläufern und Zwergstrandläufern auch etwa 20 Odinshühnchen. In den trockenen Randbereichen der Fischteiche lassen sich Stummellerchen entdecken. Ein weiteres Highlight für viele sind die schönen Blauwangenspinte, die im Gebiet unterwegs sind. Nach diesen tollen Beobachtungen – und pünktlich vor dem einsetzenden Regen – schließen wir den ersten Beobachtungstag ab, und es geht zurück in unser Hotel nach Jerewan.

Dienstag, 8. Mai: Programmänderung – In Buchenwäldern auf dem Weg nach Dilijan
Im Zusammenhang mit den Parlamentswahlen in Armenien und damit zu erwartenden Kundgebungen und Feierlichkeiten im Stadtgebiet bestand die Gefahr, dass wir aufgrund von Straßensperrungen die Stadt mit dem Auto nicht mehr verlassen könnten. Diese Umstände haben es nötig gemacht, den gesamten Ablauf der Reise zu ändern. Unsere für diesen Tag geplante Exkursion in die Halbwüsten von Vedi musste daher an das Ende der Tour verschoben werden.

Bartmeise-Gruppe in Armenien, links: Andre Müller, Reiseleiter. Foto: Dr. Torsten Langgemach.

Nach dem Frühstück können wir die Stadt verlassen und fahren direkt in den Norden nach Dilijan. Hinter einer Gebirgskette ändert sich schlagartig die Vegetation: wir finden uns in dichten Buchenwäldern wieder. Dort gelingen wunderbare Beobachtungen von Halbring -und Zwergschnäppern. Der Gesang des Wacholderlaubsängers ist häufig zu hören. Zudem lässt sich ein Gartenrotschwanz des Unterart samamisicus recht schön beobachten. Am Nachmittag besichtigen wir noch die Klosteranlage Haghartsin. Abendessen und Übernachtung im Hotel in Dilijan.

Mittwoch, 9. Mai: Kaukasusbirkhuhn und Armenienmöwen
Nach kurzer Nacht werden wir um 5.00 Uhr von vier Geländefahrzeugen abgeholt, um in höhere Gebirgslagen zu gelangen. Nach langem beschwerlichen Weg, welcher unseren Fahrern Können abverlangt, stoppen wir vor großen Schneefeldern. Zum Glück sind wir schon hoch genug, um nach kurzer Wanderung das ersehnte Kauskasusbirkhuhn gut sehen zu können. Nach weiteren Beobachtungen von Karmingimpel, Bergzilpzalp und Bergpieper geht es zurück zum Hotel. Nach kurzer Erholung Abfahrt Richtung Sewansee. Dort angekommen, haben wir ausgiebig Zeit zum Beobachten. Armeniermöwen in großer Zahl, fast alle möglichen Reiher- und viele Enten- sowie drei Seeschwalbenarten lassen sich beobachten. Kurz vor der Rückfahrt können wir noch einen gemischten Trupp Rot- und Schwarzflügelbrachschwalben entdecken. Anschließend Fahrt zurück zum Hotel in Dilijan.

Rosenstare. Foto: Bernd Möckel.

Donnerstag, 10. Mai (Himmelfahrt): Steinbraunelle am Selim-Pass
Zeitig verlassen wir unser Hotel und fahren in die Gegend um Lichk unweit des Sewansees. In diesem Offenland mit zwei Fischteichen gelingen uns schöne Beobachtungen von Rosenstaren und Schwarzstirnwürgern. Weiter geht die Fahrt zum Selim-Pass. Kurz vor dem Pass machen wir einen Stopp und können Steinrötel und Steinbraunelle entdecken. Anschließend besuchen wir kurz die bekannteste Karawanserei Armeniens. Kurz vor Ankunft in unserer Unterkunft stoppen wir nochmals im Offenland. Dort finden wir Felsenkleiber am Nest, Kappenammer, Chuckarhuhn und Rotstirngirlitz. Als besonderes Highlight des Vogelzuges können wir mehrere Hundert Wespenbussarde bei ihrem Flug in die Brutgebiete beobachten. Danach kurze Fahrt zum Hotel in Yeghegnadzor.

Weißkehlsänger. Foto: Bernd Möckel.

Freitag, 11. Mai: Bei Weißkehlsänger und Rotstirngirlitz
Unsere geplante Exkursion zum Kaspikönigshuhn muss aufgrund des Regens in der Nacht leider ausfallen. Dafür können wir etwas länger schlafen. Nach unserer Abreise auf dem Weg stoppen wir an verschiedenen Stellen. Erneut lässt sich ein großer Trupp ziehender Wespenbussarde entdecken. Nach diesem schönen Vormittag geht es weiter zu einem sicheren Platz für den Weißkehlsänger. Und, wie von unserem Guide – fast – versprochen, gelingen hier auch wunderbare Beobachtungen von dieser nicht häufigen Art. Unser Mittagessen nehmen wir heute in einem Restaurant in einer Höhle ein. Danach besichtigen wir die Klosteranlage in Noravank. Dort lassen sich Steinadler, Rotstirngirlitz und der ersehnte Bartgeier beobachten. Anschließend Fahrt ins Hotel nach Goris. Auf dem Weg dorthin besuchen wir kurz eine Rötelfalken-Kolonie. Übernachtung im Hotel in Goris.

Sonnabend, 12. Mai: Auf dem Weg an den Grenzfluss zum Iran
Unser Weg führt uns weiter Richtung Süden. Zwischendurch haben wir kurze Stopps an interessanten Orten. Von einer schönen Stelle nahe Goris lassen sich Gänsegeier in den Felsen beobachten. Zusätzlich können wir noch einen Steinkauz und Wanderfalken entdecken. Kurz vor Ankunft in unserem Hotel in Meghri machen wir einen ersten Stopp am Araks River. Unsere Anwesenheit und das Beobachten am Grenzfluss zum Iran bleibt von den Grenzsoldaten nicht unbemerkt. So müssen wir eine kurze, aber harmlose Kontrolle über uns ergehen lassen. Ankunft am Abend in Mehgri an der iranischen Grenze. Wir haben damit den südlichsten Punkt unserer Reise erreicht. Unsere Gastgeberin serviert uns ein besonders üppiges und leckeres Abendessen.

Alpenkrähen. Foto: Bernd Möckel.

Sonntag, 13. Mai: Beim Halsbandfrankolin am Araks-Fluss
Vor dem Frühstück fahren wir, begleitet von armenischen Rangern, zum Araks-Fluss. Dieser bildet die Grenze zum Iran und beherbergt das einzige Vorkommen des Halsbandfrankolin in Armenien. Bestens lässt sich ein Vogel auf einem kleinen Hügel jenseits des Flusses beim Rufen beobachten. Die Obstplantagen entlang des Flusses sind voll mit Karmingimpeln und Rosenstaren. Hier bekommen wird die ersten Kirschen zum Kosten angeboten. Gegen 8.00 Uhr geht es zurück zur Unterkunft, wo wir unser Frühstück einnehmen. Anschließend fahren wir in eine Schlucht, wo wir Dornspötter, Felsenkleiber, Nachtigallengrasmücke und Kurzfangsperber sehen können. Eine Wanderung in einer anderen Schlucht wird leider durch einen Regenschauer unterbrochen und zwingt uns zur Pause in einem Café. Nach dem Regen erneut kurze Wanderung am Araks-Fluß. Dort können wir noch Blauracken und Alpenkrähen betrachten. Erneut fliegt ein Bartgeier über uns hinweg. Anschließend Rückfahrt nach Mehgri.

Montag, 14. Mai: Reisetag nach Norden mit Zwergohreulen
Unser Weg führt uns nun wieder zurück nach Norden. Wir fahren über den Vorotan-Pass und machen später einen kurzen Stopp in der Agrarlandschaft. Dort gelingt eine überraschend schöne Beobachtung einer Sumpfohreule. Später Ankunft in Yeghegnadzor. In diesem kleinen Feriendorf in schöner Lage lassen sich Zwergohreulen frei auf Leitungen sitzend beobachten.

Also, der Bär war mindestens sooo groß … Lunch-Diskussionen. Foto: Dr. Torsten Langgemach.

Dienstag, 15. Mai: Highlight Kaspikönigshuhn und ein Bär …
Heute Morgen macht uns das Wetter keinen Strich durch die Rechnung, und so wir können mit vier Jeeps die Fahrt ins Habitat des Kaspikönigshuhn wagen. Dort angekommen passiert lange Zeit erst einmal gar nichts. Irgendwann werden aus großer Ferne zwei Hühner am gegenüberliegenden Felsmassiv entdeckt. Die Beobachtung eines Bären zwischenzeitlich ist für alle eine große Freude! Kurz vor dem Rückweg haben wir dann doch noch Glück: Ein Kaspikönigshuhn beginnt zu rufen und lässt sich aus einer guten Entfernung beobachten. Zudem lässt überraschenderweise ein Ziegenmelker kurz seinen Gesang hören. Danach fahren wir zufrieden zurück zur Unterkunft. Nach einer kurzen Erholungspause geht es weiter Richtung Norden in die Aragatberge. Auf dem Weg halten wir nochmals am Kloster Khor Virab. Der vorgelagerte Fiedhof mit seinen vielen kleinen Zäunen scheint dem Optimalhabitat des Heckensängers zu entsprechen, welcher hier in sehr großer Dichte vorkommt. Anschließend Weiterfahrt zum Hotel am Aragat.

Mittwoch, 16. Mai: In den Bergen bei Steinbraunelle, Steinrötel und Weißkehlsänger
Nach einem entspannten Morgen, den jeder für sich in der attraktiven Umgebung des Hotels nutzen kann, fahren wir nicht weit bergauf. An einer markanten Stelle stoppen wir für eine Weile. Gut beobachten lassen sich dort unter anderem Steinbraunelle, Blaumerle, Ortolan, Steinrötel und Weißkehlsänger. Weiter geht der Weg bis zu einer Bergstation unterhalb des Gipfels auf ca. 3100m NN. Dort, und auf dem Weg dorthin, sehen wir Ohrenlerchen, Alpenbraunellen, Berghänflinge und Blaukehlchen. Mit vielen tollen Eindrücken dieser Gebirgslandschaften geht die Fahrt zurück ins hektische Jerewan. Am Abend besichtigen wir noch die Teppichmanufaktur Megerian Carpet. Danach essen im Restaurant zu Abend.

Heckensänger. Foto: Bernd Möckel.

Donnerstag, 17. Mai: Dornspötter und Felsensteinschmätzer in den Halbwüsten bei Vedi
Unseren letzten Beobachtungstag, der eigentlich der zweite gewesen wäre, verbringen wir in den Halbwüsten bei Vedi. Neben zahlreichen Isabellsteinschmätzern, welche uns mit ihrem äußerst variablen Gesang beeindrucken, können Felsensteinschmätzer und Dornspötter beobachtet werden. An Steilwänden befinden sich großen Kolonien von Steinsperlingen. Schmutz- und Gänsegeier gleiten über uns hinweg. Vom Steinortolan, welchen wir dort finden wollten, ist leider nichts zu sehen. Gegen Nachmittag fahren wir zurück ins Hotel nach Jerewan.

Nach dem letzten Abendessen und dem Abschlussabend endet diese Reise mit Eindrücken und Beobachtungen, die den meisten in hoffentlich schöner Erinnerung bleiben werden.

Freitag, 18. Mai: Heimreise mit Hindernissen …
Zeitig in der Nacht verlassen wir unser Hotel, denn bereits um 4.30 Uhr soll unser Rückflug von Jerewan zuerst nach Wien, von dort weiter zu diverseren innerdeutschen Flughäfen starten. Leider allerdings schon mit Verspätung, sodass in Wien die Anschlüsse nicht mehr funktionieren. Den ganzen Tag legt eine technische Störung (wie wir später erfahren des unterirdischen Tanksystems für die Flugzeuge) den Flughafen Schwechat lahm, in dessen Folge es zu stundenlangen Verspätungen und vielen Flugausfällen kommt. Müde, teilweise nach langen Wartezeiten, erreichen die letzten Gäste erst am späten Nachmittag ihre Ausgangsflughäfen in Deutschland.

Schwarzflügelbrachschwalbe. Foto: Bernd Möckel.

Zusammenfassung: Mit über 220 gesehenen Vogelarten ist unsere diesjährige Reisegruppe nach 11 Tagen aus dem Kleinen Kaukasus zurückgekehrt. Die 14 Teilnehmer konnten während der Reise die verschiedenen Landschaften Armeniens von Nord nach Süd intensiv kennenlernen. Dabei wurde eine Vielzahl der Charakterarten aus verschiedenen Habitaten gesehen. Unsere Reise startete in einem der bedeutendsten Feuchtgebiete Armeniens, den Armash-Fischteichen, wo eine Vielzahl Wasservögel inclusive Marmelente und Weißkopf-Ruderente beobachtet werden konnten. Weiter ging es über den Norden Armeniens mit Arten wie Wacholderlaubsänger, Zwerg- und Halbringschnäpper in den üppigen Bergmischwäldern, über den Sevansee mit den Armeniermöwen bis in den trockenen Süden an die iranische Grenze. Bei ausgiebigen Beobachtungstouren gelang es, Arten wie Weißkehlsänger, Heckensänger, Kurzfangsperber, Rotstirngirlitz und Tamariskengrasmücke zu entdecken.

Unterwegs in den Bergen. Foto: Dr. Torsten Langgemach.

Highlight der Reise waren unter anderen zwei sehr zeitige Exkursionen ins Hochgebirge, die die Beobachtung von Kauskasus-Birkhuhn und Kaspi-Königshuhn erbrachten. Gegen Ende der Reise rundeten die Aragat-Berge mit Arten wie Ohrenlerche, Berghämpfling und Alpenbraunelle das Artenspektrum ab. Den meisten Reisegästen werden sicherlich die großen Trupps von mehreren Hundert ziehenden Wespenbusssarden sowie die regelrecht häufig gesehenen Bartgeier in guter Erinnerung bleiben. Das reichhaltige traditionelle Essen, die Gastfreundschaft der Armenier, die Besichtigung Jahrhunderte alter Kirchen und eine ungewöhnliche Vielfalt an Orchideen in höheren Lagen bestimmen den positiven Gesamteindruck vom Land Armenien.

Andre Müller, Bartmeise-Reiseleiter, und unser armenischer Birdguide Artem. Foto: Dr. Torsten Langgemach.

Wir danken erneut unseren armenischen Partnern für die zuverlässige Ausführung auch dieser Reise. Herrn Bernd Möckel gilt unser Dank für die wunderbaren Aufnahmen von Vogelarten dieser Reise, die zur Bebilderung dieses Reiseberichtes verwendet werden dürfen. Dr. Torsten Langgemach stellte freundlicherweise Gruppenaufnahmen zur Verfügung.

Andre Müller (Reiseleiter)

Startfoto: Bartmeise-Reisegruppe Armenien 2018 im Kleinen Kaukasus. Foto: Andre Müller

 

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Seltene Vögel, Ameisenbär und Mähnenwolf in der endlosen Steppe von Minas Gerais

Seltene Vögel, Ameisenbär und Mähnenwolf in der endlosen Steppe von Minas Gerais

Reisebericht Brasilien/Cerrado, 4. bis 17. Oktober 2017

Endemit – Kobaltämmerling: Foto: A. Eisen Rupp.

Mittwoch/Donnerstag, 4./5. Oktober 2017: Reise nach Minas Gerais
Am Nachmittag trifft sich die Bartmeise-Entdecker-Gruppe auf dem Flughafen Berlin-Tegel, um mit Air France über Paris in den brasilianischen Bundestaat Minas Gerais zu reisen. Kurz vor Mitternacht starten ab Paris Charles de Gaulle die Fernflüge nach Rio de Janeiro bzw. nach Sao Paulo. Beide AF-Maschinen mit unseren Gästen landen pünktlich am Morgen des 5. Oktober nach knapp 11 Stunden  in den brasilianischen Metropolen. Die Gäste über Rio de Janeiro treffen am Vormittag unseren Birdguide Adrian Eisen Rupp. Gemeinsam mit ihm geht es in einem kurzen Flug mit der GOL weiter zum Zielort Belo Horizonte. In den für die Fußball-WM 2014 neu gebauten Flughafen übernehmen wir unsere beiden Mietwagen und starten zügig unsere Fahrt zum ‚Serra da Cipo‘-Nationalpark, der ersten Station dieser Reise. Die Strecke bis in den Ort Santana de Riacho ist nur rund 75 km lang, und so können wir unterwegs noch ein gutes Mittagesse mit typischen und landesweit bekannten und beliebten Speisen aus dem Bundesstaat Minas Gerais genießen. Gegen 15.00 Uhr erreichen wir unsere schöne Logde und checken in die Zimmer ein. Wir nutzen die restlichen beiden Stunden Tageslicht und schauen uns im Ort nach ersten Vogelarten um. In fruchtenden Bäumen können wir allein schon vier Papageienarten entdecken. Gruppen der kleinen Blue-winged Parrots (Blauflügel-Sperlingspapagei) und die für die Steppe typischen Yellow-chevroned Parakett (Gelbflügelsittich) lärmen in den Bäumen. White-eyed Parakett (Pavuasittich) und die großen Scaly-headed Parrot (Maximilianpapagei) gesellen sich dazu. Ein Vertreter aus der Familie der Sperlingskäuze, Ferruginous Pygmy-owl (Brasilzwergkauz) hat am Straßenrand in einem Baum eine Höhle bezogen und lässt sich aus wenigen Metern Distanz gut beobachten. Wir unternehmen noch eine kurze Erkundungsfahrt in das Hochland (ca. 1.300 mNN) mit Blick auf die scheinbar endlosen Steinsteppen. Hier suchen wir nach dem Höhepunkt des Nachmittags, dem endemischen (oder fast – unklar?) Blue Finch (Kobaltämmerling), einem der seltensten Vögel der Cerrado. Wir haben Glück! Die Art finden wir unweit der Straße im schütteren Gebüsch, wo sie sich ausgiebig betrachten (und fotografieren) lässt. Wir genießen hier einen tollen Sonnenuntergang, bevor wir zum Abendessen eilen und danach übermüdet nach mehr als 24 Stunden Reise- und Aktivitätszeit in die Betten sinken.

Freitag, 6. Oktober: Unterwegs im ‚Serra da Cipo‘-Nationalpark und in der Hochland-Steinsteppe
Nach dem Frühstück um 6.00 Uhr beginnen wir mit einer Exkursion in den ‚Cerra da Cipo‘-Nationalpark, der direkt am Ortsrand beginnt. Der Nationalpark mit seinen rund 33.000 ha ist für brasilianische Verhältnisse zwar klein, beherbergt aber eine Fülle von typischen Vogelarten der brasilianischen Steppe. Hier im Tal nahe dem Cipo-Fluss kommt man sich eher „afrikanisch“ als „südamerikanisch“ vor, da die Steppe locker bewaldet ist und mit ihren Dornbüschen an Ostafrika erinnert. Morgens liegen die Temperaturen hier bei angenehmen 15-17°C, in der Mittagszeit steigen diese auf 28-30°C an. Wir wandern ca. drei Kilometer in die Baumsteppe hinein und entdecken rund 70 Vogelarten, darunter typische Arten dieser trockenen Lebensräume wie die zahlreich vertretenen Flycatcher (Tyrannen). Wir finden Plain-crested Elaenia (Braunscheitel-Olivtyrann; near endemic), Highland- und Yellow-bellied Elaenia (Olivkopfelaenia, Gelbbauch-Olivtyrann), White-rumped Monjita (Weißbinden-Nonnentyrann), Streamer-tailed Tyrant (Kehlband-Schleppentyrann) und auch einen Zwerg aus dieser Gruppe, Mouse-colored Tyrannulet (Graubraun-Kleintyrann). Wir freuen uns, zwei weitere Endemiten beobachten zu können: Cinnamon Tananger (Gimpeltangare) und Grey-eyed Greenlet (Grauaugenvireo). Typisch für die Trockensteppe sind auch Arten wie Firewood-gatherer (Weikehl-) und Rufous fronted Thornbird (Rotstirn-Bündelnister), deren typische ‚Reisighaufen‘-Nester in den Bäumen nicht zu übersehen sind.

nicht selten, aber nur in speziellen Lebensräumen zu finden, die attraktive Helmpipra. Foto: A. Eisen Rupp.

Zum ‚Vogel des Vormittags‘ wählen wir aber einstimmig den wunderbar schwarz-roten gefärbten, mit einer über den Schnabel nach vorn stehenden Federhaube geschmückten Helmeted Manakin (Helmpipra). Die Art ist zwar recht verbreitet, aber dennoch nur in bestimmten Lebensräumen zu finden. Der Vogel zeigt sich überhaupt nicht scheu, und so kommen auch alle Fotofragen auf ihre Kosten. Nach der Mittagspause verbringen wir die restlichen Stunden Tageslicht im Hochland, in der Steinsteppe (bis 1.600 mNN) außerhalb des Nationalparks. Hier in der fast baumlosen Landschaft suchen wir nach typischen Vertretern dieser speziellen Vogelwelt. Wir finden nahe der Statue „Juquinha da Serra“ weitere Bewohner des Graslandes z.B. Helmayr’s Pipit (Hellmayrpieper), Striped-tailed Yellow-finch (Zitronengelbammer) und Wegde-tailed Grass-finch (Keilschwanzammer). Wahrscheinlich beobachten wir einen Bicolored Hawk (Zweifarbsperber) bei der Vogeljagd im Gebüsch. Und im Sonnenuntergang, der hier auf der Südhalbkugel in dieser Jahreszeit schon vor 18.00 Uhr beginnt, schauen wir den großen White-Collard Swifts (Halsbandsegler) bei der Insektenjagd zu. Die aus der Ferne erklingenden Rufe der Red-legged Serima (Rotfußserima) beenden unseren Beobachtungstag.

Faszinierende Landschaft in der ‘Cerra da Cipo’. Foto: H. Meyer

Sonnabend, 7. Oktober: Unterwegs zu den meist gesuchten Endemiten der Steppe
Heute erwartet und ein ganz besonders spannender Tag in wieder einer anderen, sehr markanten Region der ‚Cerra da Cipo‘, in der vier der seltensten brasilianischen Vögel (Endemiten der Cerra) leben. Wir fahren nach dem Frühstück rund 40 km bis in ein verschlafenes Örtchen in den Bergen „Alto di Palaciao“ gelegen. Hier im Hinterland der ‚Mata Atlantica‘ beobachten wir am Rande eines weiteren Tales staunend ein tolles Wetterphänomen: gewaltige Regenwolken vom Atlantik stauen sich an Tepui-artigen Bergen auf und stürzen fast senkrecht nach unten. Ein atemberaubender Anblick.
So wie Ornithologen aus aller Welt wollen wir die seltensten brasilianischen Vogelarten sehen, die nur hier im Bundesstaat Minas Gerais zu finden sind: Cipo Canastero und Cipo Cincloides. Zuerst müssen wir aber einige Kilometer auf abenteuerlicher Straße und eine für PKWs nicht unkritische Wasserfurt bestehen, um den Ausgangspunkt für unseren ca. 6 Kilometer langen Fußmarsch (hin/zurück) zu erreichen. Die Sonne scheint erbarmungslos, doch ein kalter, stürmischer Nordwest-Wind pfeift durch das Tal. Er nimmt alle Stimmen mit sich, und wir befürchten schon, die Zielarten des Tages nicht finden zu können. Wir wandern bergan in die beeindruckende Steinsteppe. Nur das Heulen des Windes begleitet uns, die Tierwelt schein sich zu verstecken. In dieser südamerikanischen Wildwest-Kulisse, in der man gedanklich hinter jedem Felsen klassische Gauchos zu Pferde erwartet, kommen uns – was für eine Enttäuschung – Mountain-Biker auf modernen Drahteseln entgegen … Doch dann findet ein Reisegast ein Hufeisen und wirft es hinter sich, da es altem Brauch gemäß Glück bringen soll. Und tatsächlich, das Blatt wendet sich bald. Wir erreichen im oberen Talbereich die Schattenseite des Windes, und plötzlich ist wieder Vogelleben zu verzeichnen. Es dauert auch nicht lange und unser kenntnisreicher Birdguide Adrian hört von weiter oben aus den Felsen die Gesänge der gesuchten Endemiten Cipo Canastero (Minas Gerais-Canastero) und auch gleich Cipo Cincloides (Cipouferwipper). Und wir entdecken hier auch noch die brasilianischen Endemiten Grey-backed Tachuri (Graunacken-Grastyrann) und Pale-throated Pampa-finch (Langschwanzammer). Was für ein toller Moment: vier der seltensten brasilianischen Vögel am gleichen Ort beobachten (und fotografieren) zu können! Wir genießen das ungewöhnliche ornithologische Erlebnis und lassen uns vom Aasgeruch einer toten Kuh, die hier auf ihre „Verwerter“, die Geier wartet, auch nicht stören.

Endemit der Steppe, der Grünmaskenkolibri. Foto: A. Eisen Rupp.

Voller Glücksgefühle treten wir den Rückweg an und haben trotz Temperaturen von um die 30°C nochmals Glück. An kleinen, unscheinbaren Blüten entdecken wir einen endemischen, dazu sehr seltenen Kolibri, den es auch nur im Hochland der brasilianischen Serra gibt: Hyacinth Visorbearer (Grünmaskenkolibri). Weiter unten im Tal finden wir noch zwei andere seltene und bedrohte (‚near endemic‘) Tangarenarten ebenfalls aus dem Serra-Biom: Withe-rumped Tanager (Weißbürzeltangare) und Black-throated Saltator (Schwarzhalssaltator). Dieser Tag war für alle ein Volltreffer! Jetzt ist aber ein später Mittagslunch fällig. Wir fahren in den kleinen Ort, der mit seinen unbefestigten Straßen und schiefen Häusern eine Vorstellung von Brasilien vor 100 Jahren liefert, und genießen in einer urigen Dorfkneipe mit Kassenhäuschen und Uralt-Interieur Hühnchen und Chips, typisch brasilianisches Local-food. Dann schauen wir uns noch am nahen See um, entdecken die eine oder andere Wasservogelart, die auf unserer Reise in die trockene Steppe eine Ausnahme darstellt. Rückfahrt und Übernachtung im Hotel.

Sonntag, 8. Oktober: Weiterreise in den ‘Serra da Canastra’-Nationalpark
Zum Frühstück um 6.00 Uhr in der Pousada kommt ein Reisegast aus dem Fenster seines Zimmers im Erdgeschoss geklettert, weil sich das Türschloss nicht mehr öffnen lässt … was aber die Freude auf das gute Frühstück nun überhaupt nicht trübt. Dann packen wir unsere Sachen in die Autos und starten unseren langen Reisetag über 460 km. Bevor wir jedoch auf die Autobahn Richtung Belo Horizonte abbiegen, halten wir in einem kleinen bewaldeten Tal an. Hier suchen wir nach einem weiteren Endemiten, dem Silvery-cheeked Antshrike (Silberwangen-Ameisenwürger). Das hübsche Vögelchen hat förmlich auf uns gewartet, sitzt im offenen Gebüsch und singt. Curl-rested Jays (Krauskopf-Blauraben) fliegen durch die Bäume, und eine neue Kolibriart, Sapphire-spangled Emerald (Saphiramazilie), lässt sich auch entdecken. Ein wirklich schöner Abschied vom ‚Cerra do Cipo‘-Nationalpark, seiner beeindrucken Landschaft und eindrucksvollen, seltenen Vogelwelt!
Auf der Fahrt nach Nordwesten sehen wir immer wieder Serimas in der Landschaft, und aus den Bäumen am Straßenrand leuchten oft die farbenprächtigen Toco Toucane (Riesentukan), auch ein typischer Vogel der Trockensteppe. Unsere Fahrt auf der Autobahn bzw. auf Autobahn ähnlichen Straßen verläuft zügig, und so erreichen wir (Mittagsrast eingeschlossen) bereits am frühen Nachmittag die Region um den ‚Serra da Canasta‘-Nationalpark im Gebiet Sao Roque de Minas. Um aber dorthin zu gelangen, müssen wir noch 45 km Staubpiste, die von Mensch und Material alles abverlangt, bestehen. Gegen 16.00 Uhr treffen wir eingestaubt von der roten Erde und durchgeschüttelt von der Piste im Hotel ein. Zum Glück wartet hier ein schöner Pool, der die Strapazen der Fahrt vergessen lässt.

Selten und bedroht: Hahnenschwanztyrann. Foto: A. Eisen Rupp.

Montag, 9. Oktober: Ameisenbär und Mähnenwolf im ‚Serra da Canastra‘-Nationalpark
Der Wecker klingelt um 4:30 Uhr, das Frühstück wartet um 5.00 Uhr, und unser offener Landrover, der uns heute im 133.000 ha großen Park zur Verfügung steht, ist für 5:30 Uhr bestellt. Es ist wieder kühl am Morgen, nur um die 15°C, und der Fahrtwind im offenen Fahrzeug lässt jetzt alles noch kälter erscheinen, auch wenn mittags bis 32°C erwartet werden. Ein voller Beobachtungstag über 13 Stunden steht heute im Programm. Auch in diesem Steppengebiet warten mind. sechs Endemiten auf unsere Entdeckung. Dazu kommen weitere seltene und stark bedrohte Vogelarten, da Landschafts- und Klimawandel leider auch vor den südamerikanischen Steppen nicht Halt machen.

Noch vor Erreichen des Parkeingangs sehen wir eine endemische Papageienart, Golden-capped Parakeet (Goldkopfsittich), der uns auch im Nationalpark begleiten wird. Außerdem entdecken wir den ursprünglich nach dem berühmten Leipziger Ornithologen und Brasilien-Forscher des 19. Jahrhundert, Prof. Dr. Helmut Sick, benannten Segler Sick’s Swift (der neu als Grauschwanzsegler benannt wurde). Wir fahren langsam einem Hauptweg im Kammbereich der Steppe (um 1.350 mNN) entlang und erfreuen uns immer wieder am hier recht häufigen Cock-tailed Tyrant (Hahnenschwanztyrann). Die Männchen dieser ansonsten seltenen und bedrohten Steppenvogelart sind jetzt im brasilianischen Frühling im Brutkleid, und die Schmuckfedern des Schwanzes lassen diese beim Fliegen wie das Höhenruder eines Flugzeuges erscheinen. Auch der ebenfalls seltene Sharp-tailed Tyrant (Spitzschwanz-Grastyrann) lässt sich beobachten und fotografieren. Im Laufe des Tages können wir in der kargen Landschaft viele weitere interessante Vogelarten, Zielarten der Reise für dieses Gebiet, finden. Es gelingt sogar, den endemischen Brasilia Tabaculo (Brasielentapaculo) zu sehen und zu fotografieren. Weitere Endemiten der Cerrado wie White-banded Tanager (Flügelbindentangare), Black-masked Finch (Schwarzkopftangare) und den nur hier vorkommenden Chapada Flycatcher (Chapadatyrann) bekommen wir vor die Ferngläser (und Fotolinsen). Wir beobachten auch den seltenen Segde Wren (Graszaunkönig) und Campo Minor (Camposerdhacker), ‚near endemic‘ mit unklarer Verbreitung, ein absolutes Highlight der Vogelwelt des Gebietes.

Königsgeier. Foto: A. Eisen Rupp.

Zur Mittagsrast erreichen wir den ersten großen Wasserfall am bekannten San Francisco-Fluss, der hier im Gebiet seine Quelle hat. Der Wasserfall stürzt über 180 Meter über Felskaskaden hinunter in ein tiefes Tal. An einem Felsvorsprung beobachten wir kreisende Geier und entdecken den beeindruckenden King Vulture (Königsgeier), den wir im Aufwind sowohl von unten als auch in der Draufsicht sehen können. Am späten Nachmittag lassen sich dann endlich auch die berühmten Symbol-Tiere der südamerikanischen Steppe finden. Zuerst sehen wir weiter im Grasland von uns einen Ameisenbär, dann finden wir immer mehr, vielleicht 10 bis 12 verschiedene Individuen. Einige sind ganz nah am Weg aktiv und lassen sich gut fotografieren. Die Dämmerung zieht bereits auf, als wir auf der Rückfahrt wieder an der Quelle des San Francisco-Flusses stoppen. Und da ist er endlich! Ein Mähnenwolf tritt aus der Deckung und trottet langsam weiter. Der südamerikanische Wolf lässt sich eine Weile betrachten, ehe er in der Steppe unsichtbar wird. Ein tolles Naturerlebnis! Hoch zufrieden mit der Beobachtungsausbeute des Tages – wir haben alles gesehen, was hier möglich war und erwartet werden konnte – treten wir die Rückfahrt an. Mehr als 100 Kilometer (2x ca. 50km) waren wir heute in diesem riesigen Steppengebiet unterwegs. Eine Stunde nach Einbruch der Dunkelheit erreichen wir unser Hotel. Die Dusche färbt sich rot vom Staub der Steppe, auch die ehemals weißen Handtücher bleiben nicht verschont. Nach dem Abendessen im Restaurant singen uns die Zikaden in den Schlaf …

Mehr vom Mähnenwolf in der Fortsetzung … 

Mähnenwolf. Repro aus Video.

 

Hartmut Meyer

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Vogelwelt, Landschaft und Menschen der afro-alpinen Bergwelt Äthiopiens

Vogelwelt, Landschaft und Menschen der afro-alpinen Bergwelt Äthiopiens

Unterwegs in den Bale-Mountains. Foto: K. Gedeon.

Unter Leitung von Äthiopien-Experte Dr. Kai Gedeon reiste im Januar 2018 erneut eine Bartmeise-Reisegruppe durch die berühmten Bale-Mountains Äthiopiens, dem weltweit größten afro-alpinen Schutzgebiet. Auch ein Besuch auf dem Tulu Dimtu, mit 4377 mNN der zweithöchste Berg in Äthiopien, stand im Programm. Zu den weiteren Höhepunkten dieser Reise zählten u.a. das Sanetti Plateau mit Harenna Forest, Liben Plain, der Awash Nationalpark mit den Awash-Wasserfällen und dem Awash See, der Abijata-Shala- und der Borana Nationalpark. Unterwegs konnten die wichtigen endemischen Vogelarten Äthiopiens wie z.B. Blauflügelgans, Strichelstirnkiebitz, Erzrabe, Mönchspirol, Singtimalie usw. beobachtet werden. In den Savannengebieten mit seiner einzigartigen Vogelwelt wurden Schwarzstirnfrankolin, Stresemannhäher, Weißschwanzschwalbe und Libenlerche gesucht.

Dank der auch umfangreichen völkerkundlichen Kenntnisse von Reiseleiter Dr. Kai Gedeon konnten die Reisegäste auch einen intensiven und nachdrücklichen Einblick in die unbekannte Kultur Äthiopiens und seiner Bevölkerung erhalten.

Unsere nächste Reise nach Äthiopien findet 2019 statt (Reiseankündigung in Kürze).

Hartmut Meyer

Titelfoto: Bartmeise-Reisegruppe an den Awash-Wasserfällen. Foto: K. Gedeon

Stimmen unserer Reisegäste zu dieser Reise: 

„Aus meiner Sicht ist besonders hervorzuheben, dass die Reise nicht nur gut organisiert sondern auch authentisch war, das heißt keine Luxuslodges in Alleinlage sondern mitten drin in den Orten, im afrikanischen Alltag. Kai Gedeon hat uns mit seiner langjährigen Landeskenntnis nicht nur die außergewöhnliche Vogelwelt nahegebracht sondern auch einen ersten Einblick in die Kultur und Lebenswirklichkeit … Als Fazit war es aber eine außergewöhnliche Reise fernab des Tourismus. Dank nochmals an Kai  Gedeon… Claudia Leitz“

„Die Tour ist in wenigen Worten zusammenzufassen: Sie war einfach toll. Es lag zum einem an unserem Reiseleiter Kai Gedeon, der nicht nur durch kompetentes Fachwissen sondern auch durch seine ausgesprochene Fürsorge zum Gelingen der Tour wesentlich beigetragen hat. Mir … hat es besonders gefallen, dass Kai immer die Nähe der Bevölkerung gesucht hat und uns so Land und Leute nähergebracht hat. Es war eine Tour, die ich nicht missen möchte und am liebsten sofort wiederholen würde … Dr. Bernd-Rüdiger Mund“

Wir hatten eine sehr schöne Äthiopienreise, leider zu kurz. Wir haben eindrucksvolle Landschaften und viele interessante Vogel- und andere Tierbeobachtungen erlebt. Dank Dr. Kai Gedeon konnten wir uns gut in der Bevölkerung bewegen und hatten engen Kontakt zu den freundlichen Menschen des Landes, sei es beim Besuch von Dörfern, Märkten oder beim alltäglichen Kaffeetrinken. Kai ist ein hervorragender Reiseleiter, der uns viel über die Natur und das Land erzählen konnte. Auch die Organisation der Tour war sehr gut. Die Fahrer waren zuverlässig und hilfsbereit. Ein Fahrzeug war leider mangelhaft … Dr. Max Schulz“

„Um es vorweg zu nehmen: Ich bin restlos begeistert! Meine Erwartungen wurden in jeder Hinsicht erfüllt bzw. übertroffen. Kai Gedeon hat uns dank seiner exzellenten Kenntnisse das Land von sehr vielen Seiten nahe gebracht …   Auch war die Mischung aus Vogelbeobachtung, Naturerleben und dem Kennenlernen von Land und Leuten für mich absolut gelungen … Ich bedanke mich ganz herzlich für diese ungewöhnliche und großartige Reise! Insbesondere natürlich bei Dr. Kai Kai, ohne den diese Reise nicht hätte annähernd so eindrucksvoll sein können … Claudia Ruhnke“

„Auf dieser Reise war es der spezielle Hintergrund von Dr. Kai Gedeon, von dem wir sehr profitiert haben und der die Reise zusätzlich reich gemacht hat. Wir haben viel über das Land erfahren, und durch seine persönlichen Beziehungen zu den Borana Einblicke gewinnen können, die ohne ihn nicht möglich gewesen wären … Jedenfalls: wir fanden die Mischung aus Vogelkunde und Landeskunde sehr gut. Auch jetzt … sind die Erinnerungen an die Reise immer noch sehr lebendig … Dr. Gisela und Dr. Stefan Reichmuth“

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Reisebericht Bulgarien: Arktische Rothalsgänse im Winter am Schwarzen Meer

Reisebericht Bulgarien: Arktische Rothalsgänse im Winter am Schwarzen Meer

Reisebericht über die Kurzreise: 29. Januar bis 4. Februar 2018

zu Gast in der Branta-Logde. Foto: Pavel Simeonov.

Montag, 29. Januar: Zu den Rothalsgänsen ans Schwarze Meer
Am Morgen startet eine Bartmeise-Gruppe aus Leipzig und Hamburg kommend mit Austrian Airlines über Wien nach Varna ans bulgarische Schwarze Meer. Obwohl die Umsteigezeit in Wien nur 30 Minuten beträgt, macht der schicke Flughafen Schwechat seiner Werbung, das Umsteigen in 25 Minuten zu garantieren, alle Ehre, und so treffen wir wohlbehalten (mit Reisegepäck) kurz vor 13.00 Uhr in Varna am Schwarzen Meer ein. Hier herrscht winterliche Ruhe vor dem Sommerurlauber-Ansturm, und so geht die gesamte Abfertigung zügig vonstatten. Unser Guide und Gastgeber Pavel Simoenov, Inhaber der „Branta-Logde“, engagierter Vogelschützer und Pionier des Natur- sowie Ökotourismus in Bulgarien, wartet im leeren Flughafen und ‚brieft‘ uns auch gleich auf die schwierige Situation in diesem Winter. Dieser ist sogar hier im Osten so ungewöhnlich mild, so dass nur wenige Rothalsgänse in den Überwinterungsgebieten am See eingetroffen sind. Das konnte man auch bereits aus dem Wetterverlauf von zu Hause aus verfolgen und so waren Erwartungen auch entsprechend gedämpft. Wir beschließen, das Beste aus einer Situation, die niemand ändern kann, zu machen. Aber Pavel hat bei der Fahrt zum Flughafen einen Rothalsgans-Trupp in der Feldflur entdeckt, den wir sofort aufsuchen, denn das könnte im Moment unsere einzige Chance sein! Die Gänse sind noch da und wir können uns diesen bis auf ca. 400 Metern nähern. Es sind etwa 400 Rothalsgänse und dazu rund 2.000 Blässgänse, die wir gut beobachten können. Es ist faszinierend, dieser kleinen, agilen arktischen Gänseart bei der Nahrungssuche zuschauen zu können. Die meisten Reiseteilnehmer kannten die Art bisher nur in Einzelindividuen überfliegend in gemischten Weißwangengans-Trupps. Pavel macht uns nochmals klar, dass das vermutlich hier in Bulgarien in den nächsten Tagen die einzige Chance auf die Art gewesen sein könnte. Und das sollte auch so sein, wie wir feststellen werden.
Auf der ca. 100 Kilometer langen Fahrt vom Flughafen zur Logde nahe der rumänischen Grenze staunen wir über die hier zahlreichen Grauammern, sehen Rohrammern am Straßenrand und entdecken neben diversen Greifvögeln auch Raubwürger. In der Logde angekommen erwarten uns komfortable Zimmer (alle mit eigenem Bad) und das Abendessen.

Bartmeise-Gruppe am Schwarzen Meer. Links: Pavel Simeonov. Foto: H. Meyer

Dienstag, 30. Januar: Adlerbussard, Korn- und Rohrweihen am Durankulak-See
In der Nacht hören wir vom Bett aus Schakale im Duett, und am Morgen schwärmen Zenttausende Stare vom Schlafplatz im Schilf kommend um die Branta-Logde. Nach dem Frühstück beobachten wir heute in der Umgebung des Durankulak-Sees und am Schwarzen Meer. In kurzen Abständen können wir in der Feldflur, die hier geprägt ist von ausgedehnten Wintergetreide-, Raps- und Grünland-Schlägen, aber immer wieder unterbrochen wird von Äckern, Brachen, Steppen und Windschutzstreifen, Korn- und Rohrweihen ungewöhnlich häufig beobachten. In der Feldflur sind es meist Kornweihen, die hier zahlreich überwintern, und an den Seen die Rohrweihe. 20-30 Vögel gleichzeitig in der Luft, dazu Kornweihen und Mäusebussarde, sind nicht ungewöhnlich. Besonders interessant und auffallend sind jedoch Adlerbussarde. Wir entdecken heute bis zu drei verschiedene Individuen. Auch der Raufußbussard kann beobachtet werden, ist aber in diesem milden Winter nur in geringer Individuenzahl vertreten. Am Schwarzen Meer sehen wir die ersten Krähenscharben, die offenbar bereits ihr Brutgeschäft an den Felsklippen begonnen haben und sich daher im Brutkleid präsentieren. Ein leider verölter Prachttaucher wartet am Strand auf sein Ende. Bei Sveti Nikola in einer steppenartigen Landschaft entdecken wir einen Trupp von um die 60 Kalanderlerchen, deren Winterverhalten eng zusammen in Gruppen ganz anders ist als zur Brutzeit, in der die Art nur paarweise lebt, Auch zwei Schwarzkehlchen zeigen sich hier. Am abendlichen Shabla-See erregen Hunderte Bleßrallen unsere Aufmerksamkeit. Ein Bild, das es auf heimischen Gewässern fast nicht mehr gibt. Seidensänger singen ihr hastiges Lied und ein Mariskensänger ist akustisch zu vernehmen, singt aber noch nicht. Verschiedene Wasservogelarten, darunter Kolben- und die im Winter hier seltenen Moorente finden wir im Abendlicht. Zwergscharben sind häufig zu sehen und mit einem Blick auf ein gewaltiges Seeadlernest beenden wir diesen Tag zwischen Shabla- und Durankulaksee, … leider und wie vorausgesagt ohne weitere Rothalsgans-Beobachtungen. Nach dem Abendessen geben unsere Gastgeber Pavel und Tatjana Simeonov einen kleinen Einblick in ihr auch musikalisches Talent und unterhalten uns mit hausgemachter Musik am Flügel und mit Gesang.

Mittwoch, 31. Januar: Rote Felsen am Kap Kaliakra
Noch vor dem Hellwerden fahren wir heute Morgen an den direkt gegenüber der Logde gelegenen Durankulak-See, auf dem in der Nacht Gänse geschlafen haben. Es ist bitterkalt, aber ruhig. Glutrot geht die Sonne auf und wir können einen kleinen Trupp Rothalsgänse, vielleicht die 400 Individuen vom Montag, am südlichen Seeufer erkennen. Ein Rancher von BirdLife Bulgarien überwacht etwas weiter den morgendlichen Gänseausflug. Aber leider, der Abflug der Gänse wird rasch gestört von Jägern, die den heutigen letzten erlaubten Jagdtag zur Spaß-Jagd auf Wildgänse nutzen. Eine Blässgans sitzt offenbar angeschossen auf dem Feld und kann nicht mehr fliehen. Sie wird aus wenigen Meter Entfernung eiskalt abgeknallt. Was empfinden solche Menschen? Wir empfinden Verachtung. Zwar ist die Wasserfläche des Sees Schutzgebiet (vergleichbar wie auch bei uns in Deutschland), aber eben nur die Wasserfläche und daher dürfen Freizeit-Jäger auf die abfliegenden Gänse schießen, wie auf Tontauben. Völlig egal, ob dabei Blässgänse oder hier die geschützten Rothalsgänse getroffen werden. Zu diesem EU-Absurdum der Vernichtung global bedrohter Arten, währenddessen die biologische Vielfalt in den EU-Ländern dramatisch zurückgeht, zum Schluss noch einige Anmerkungen.

Wir fahren zum Frühstück in die Logde. Anschließend besuchen wir den Shable-See sowie das berühmte Kap Kaliakra. Kurz vor dem Kap in einem geschützten Steppen-Biotop können wir Haubenlerchen beobachten. Zur Brutzeit finden sich hier bis zu 120 Brutpaare Kurzzehenlerchen, die aber im Januar noch fehlen. Das winterliche Kap mit seinen bis zu 70 Meter hohen Klippen, die heute golden und rot in der Sonne leuchten, haben wir und die Vögel ganz allein für uns. Krähenscharben, die ihr Brutgeschäft in den Felsenhöhlen begonnen haben, können wir beim Fischen zuschauen. Von den im Sommerhalbjahr bis zu 5.000 hier jagenden Sturmtauchern ist heute allerding keiner zu sehen. Gleich hinter dem Kap beginnt ein enges Kerbtal, in dem der Uhu brütet. Wir müssen auch gar nicht so lange warten, dann erscheint die große Eule und sitzt auf der oberen Felswand in der Abendsonne, bevor der Vogel in die angrenzende Steppe zum Jagen fliegt. Fast wie die original roten Helgoländer Klippen tauchen die vom Kap Kaliakra von der Abendsonne angestrahlten Felsen in einem phantastisches Rot. Ein toller Anblick zum Abschluss des Tages.

Donnerstag, 1. Februar: Rothalsgänse und Fischmöwen im südlichen Donaudelta in Rumänien
Die Nacht war erneut frostig und die Temperaturen liegen morgens daher auch kaum über 0°C. Die Sonne schiebt den winterlichen Morgendunst jedoch rasch beiseite und erwärmt das Land, allerdings tragen die flachen Seen heute eine Eisschicht. Wir haben uns für eine Tagesexkursion zur angrenzenden südlichen Schwarzmeerküste nach Rumänien entschieden. Da die Grenze nach Rumänien nur ca. sechs Kilometer von der Branta-Logde entfernt ist, stehen wir wenige Minuten nach unserem Start an der Grenzkontrolle, die ohne Probleme schnell erledigt ist. Im Grenzort entdecken wir wieder den Blutspecht, der hier in den Dörfern recht häufig zu finden ist.

Die Südküste Rumäniens hat eine deutlich dichtere Infrastruktur als der Norden des bulgarischen Schwarzen Meeres und so fahren wir rasch an den Hafenanlangen von Mangalia vorbei. Dann erreichen wir die Eforie (bekanntes Seebad) am Rande der Großstadt Konstanza, wo wir einen Stopp am größten künstlichen (Trinkwasser-) See Rumäniens, dem Techirghol-See einlegen. Sofort fallen die Konzentrationen von Schwarzhalstauchern auf. Um die 400 Vögel sind dicht gedrängt zu beobachten. Wir können nur einen Teil des riesigen Sees einsehen, aber auf diesem halten sich bestimmt um die 1.000 Individuen auf. Dieses Gewässer ist auch bekannt dafür, dass im Winterhalbjahr gelegentlich bis zu 20.000 Zwergsäger rasten. Heute ist aber kein einziger zu entdecken. Wir umfahren Konstanza und erreichen rasch das südliche Ende des Donaudeltas im Biosphärenreservat bei Vadu (Grindul Chituc). Auch wenn hier winterliche Stille herrscht kann man sich vorstellen, welches reichhaltige Vogelleben zur Brutzeit anzutreffen ist. Heute entdecken wir jedenfalls einige weitere Arten für unsere Liste wie Großer Brachvogel, Löffelente, Graureiher und auch die ersten Kiebitze. In Richtung Sinoe sehen wir einen riesigen Trupp Gänse fliegen. Genau das haben wir gesucht! Wir beeilen uns und kommen rasch in diese in der an das Delta angrenzenden Feldflur heran. Die Gänse sitzen nicht weit von der Ortschaft Säcele im Wintergetreide für uns günstig mit Licht im Rücken windgeschützt vor einer Anhöhe im Gelände. Wir fahren vorsichtshalber nur bis auf ca. 800 Meter heran und sind gebannt vom Schauspiel: mind. 7.000 Rothalsgänse und vielleicht um die 12.000 Blässgänse fressen ungestört. Dabei ist ein etwa gleichgroßer Gänse Trupp vor unserer Ankunft offenbar zum Trinken ins angrenzenden Delta abgeflogen. Wir genießen dieses Schauspiel ungefähr 1 ½ h lang und erfreuen uns an den attraktiven Gänsen von der Taymirhalbinsel. Wie bei uns zu Hause sitzen Schwäne im angrenzenden Raps. Allerdings keine Höcker- sondern ausschließlich Singschwäne. Bestimmt 800 Vögel können wir vom Standpunkt aus erkennen. Später noch viele mehr.

ad. Fischmöwe. Foto: Pavel Simeonov

Freitag und Sonnabend, 2. und 3. Februar: Beobachtungen zwischen Meer und Seen
An beiden Tagen sind wir in der Umgebung von Durankulak bis nach Kavarna unterwegs. Wir beobachten in und um die Brackwasser- und Feuchtgebiete, in der Feldlur und in den teilweise sehr ursprünglichen Ortschaften. Verschiedene neue Vogelarten, von Kiebitz, über Rebhuhn bis Waldohreule (am Schlafplatz), von Seeadler (brütend) bis Sakerfalke und von Blutspecht bis Rohrammer werden gesehen. In der Feldflur finden wir einen Adlerbussard mit interessanten Beute, wie auch immer: einer Sumpfohreule! Wir schließen unsere Vogelliste mit 103 Arten ab, darunter auch einige, die aufgrund des milden Winters unerwartet gesehen werden konnten.

Fazit: Diese Kurzreise galt insbesondere den arktischen Rothalsgänsen in ihrem wichtigsten Winterquartier am Schwarzen Meer. Trotz ungünstiger klimatischer Verhältnisse durch den auch hier bisher außergewöhnlich milden Winter gelang es, mind. 7.000 Rothalsgänse zu sehen. Auch die Bedrohung dieser global gefährdeten Art im durch Freizeitjäger mussten wir zur Kenntnis nehmen. Weitere Zielarten der Reise waren Fischmöwe und Adlerbussard, die ebenfalls sehr ausführlich beobachtet werden konnten. Die Region um Durankulak mit seinen Brackwasser- und Feuchtgebieten, bekannten Seen und Steppen in der Feldflur bzw. im Küstenhinterland bietet zusammen mit dem unmittelbar auf rumänischer Seite angrenzenden südlichen Donaudelta ausgezeichnete Beobachtungbedingungen, die ggf. nur durch die Jagdausübung (je bis 31.01.) gestört werden. Die Rahmenbedingungen in der Branta-Logde von Bidguide Pavel und Tatjana Simeonov als Quartier und Ausgangspunkt für alle Exkursionen können als ausgezeichnet eingeschätzt werden.

Rothalsgänse: Foto: Pavel Simeonov

Gänsejagd
Die Bejagung von Wildgänsen, indirekt auch der streng geschützten Arten, insbesondere hier am Schwarzen Meer die global gefährdete Rothalsgans betreffend, zeigt einmal mehr die Absurdität und Wirkungslosigkeit der EU als Staatenverbund auf, deren verantwortliche Umwelt-Politiker offenbar planlos agieren und auch über keinerlei Konzept verfügen, den dramatischen Verlust an Biodiversität in Europa zu stoppen. Man ist nicht schon einmal nicht in der Lage, internationale Konventionen und Abkommen wie z.B. solche zum Schutz wandernder Tierarten oder auch RAMSAR durch-, geschweige die eigene EU-Vogelschutzrichtlinie umzusetzen, noch die Mitgliedsländer auf die Einhaltung der Gesetze zum Schutz bedrohter Arten zu verpflichten! Dies gilt bei Weitem ja nicht nur für Bulgarien und Rumänien! Auch in Deutschland, das von einem noch dramatischeren Biodiversitätsverlust gerade auch in der Agrarlandschaft betroffen ist, darf die Spaß-Jagd auf Vögel ungebremst weitergehen. Es ist traurig erleben zu müssen, wie offenbar von ausuferndem Lobbyismus gesteuerte „Volksvertreter“ das Vertrauens der Menschen in die Europäische Union zerstören, und sich daher auch in den Kernländern der EU gefährlicher Nationalismus ausbreitet.

Hartmut Meyer

Startfoto: Rothalsgänse in Durankulak. Foto: Pavel Simeonov

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Reisebericht Nepal: Asiatische Dschungelabenteuer zu Füßen der höchsten Berge der Welt

Reisebericht Nepal: Asiatische Dschungelabenteuer zu Füßen der höchsten Berge der Welt

Reisebericht: Vogelkundliche Reise nach Nepal vom 2. bis 17. März 2017

Im Frühjahr zu unserer Reisezeit sind die nepalesischen Bergwälder in ein tief-rotes Blütenmeer der Baumrhododendren, der Nationalblume des Landes, getaucht. Foto: H. Meyer

2./3. März – 1./2. Tag – Auf dem Weg zu den höchsten Bergen der Welt: Anreise mit Flug der Emirates im A380 abends ab München über Dubai (Ankunft am 3. März gegen 6:45 Uhr) und weiter mit ‚FlyDubai‘ mittags nach Kathmandu. Unsere Bartmeise-Reisegruppe trifft ziemlich pünktlich gegen 18.00 Uhr Ortszeit in der 3,3 Millionen-Stadt Kathmandu im Himalaya-Land Nepal ein. Som Gharti Chetrri, unser nepalesischer Freund und Bird-Guide, holt uns am Flughafen ab, und wir quälen uns durch den dichten Verkehr in die Stadt zu unserem Hotel. Für die nur 7 km vom Flughafen bis zum Hotel benötigen wir über eine Stunde Fahrzeit. Im Hotel wartet schon ein original nepalesisches Abendessen auf die hungrigen und müden Reisegäste, die danach ganz schnell in ihre Betten verschwinden.

4. März – 3. Tag – Bekanntschaft mit nepalesischen Vögel im Kathmandu-Tal: Wir nutzen unseren ersten Beobachtungstag und schließen Bekanntschaft mit der nepalesischen Bergvogelwelt am unter Birdern bekannten ‚Pulchowski Hill‘. Nach rund einer Stunde Fahrzeit erreichen wir am Stadtrand von Kathmandu bei ca. 1.600m NN unseren ersten Ausgangspunkt in den Bergen im Kathmandu-Tal. Mit kaum 10°C ist es sehr kühl im nepalesischen Frühling, aber die Temperaturen steigen dann rasch bis auf 20°C an. Gleich zu Beginn unserer Tour können wir ein Paar vom seltenen Kali-Fasan (Kalij Pheasant) beobachten, dessen hiesige Unterart endemisch für Nepal ist. Von den Berghängen erklingt der markante Gesang der Goldkehl-Bartvögel (Golden-throated Barbet). Wir treffen hier auf viele neue Vogelarten wie auch auf Verwandte unserer europäischen Vogelwelt, z.B. die Bergkohlmeise (Green-backed Tit). Aus den Bergwäldern leuchten überall die blühenden Baumrhododendren (die Nationalblume Nepals) und tauchen den grün-gelben Laubwald in ein zauberhaftes Rot ein. Wir können auf 2.700m NN die ersten Schneegeier (Himalayan Griffon) ziehen sehen und freuen uns ganz besonders über einen intensiv und direkt über unseren Köpfen balzenden Berghaubenadler (Mountain Hawk Eagle). Bis zum späten Nachmittag entdecken wir immer wieder Neues und können heute schon 67 Vogelarten in die Vogelliste eintragen. Unser Abendessen nehmen wir in einem netten Restaurant in der geschäftigen Altstadt von Kathmandu ein.

Kathmandu: laut und bunt. Foto: H. Meyer

5. März – 4. Tag – Aus dem Kathmandu-Tal zum Chitwan Nationalpark: Nach einem zeitigen Frühstück checken wir aus uns starten unsere Rundreise mit Ziel Chitwan Nationalpark. Der dichte und für uns chaotisch anmutende Verkehr in der Millionenstadt-Kathmandu erfordert starke Nerven. Noch überall sind die Folgen des starken Erdbebens vom 25. April 2015 sichtbar. Unser Guide Som schildert uns im Bus, wie er die gewaltige Naturkatastrophe an diesem Tag zusammen mit zwei australischen Vogelkundlern beim Birden am Pulchowki Hill erlebt hat: „Beim ersten Erdstoß bewegte sich die Erde 30-40 cm nach oben und wieder zurück, wir hielten uns gegenseitig an den Händen fest, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Im Tal sah ich eine riesige rotbraune Staubwolke über Kathmandu, und ich war mir einer Katastrophe bewusst … Nach dem zweiten Erdstoß rollten Felsblöcke den Hang hinunter auf uns zu. Die umhängende Kamera eines der australischen Ornithologen wurde jetzt vom einen vorbei rollenden Felsblock weggeschleudert. Jeder von uns lief jetzt nur noch um sein Leben …“

Heute wird überall in Katmandu gebaut, sodass ein zügiges Vorankommen auch an diesem Morgen aus der Stadt kaum möglich ist. Erst nach 1 ½ Stunden erreichten wir endlich den Stadtrand. Auf der Fahrt aus der Stadt und in ein weites Tal hinein begleiten uns immer wieder ziehende Steppenadler (Steppe Eagle). Wir stoppen an einem kleinen Flüsschen im Tal, um einige spezielle Vogelarten zu sehen. Wir entdecken ein Brutpaar der größten Bienenfresser-Art, vom Blaubartspint (Blue-bearded Bee-eater) am Brutplatz. Unsere Fahrt führt hinauf auf einen Pass bis auf 2.500m NN und auf der anderen Seite durch einen uralten Eichenwald wieder hinunter zu einem Gebirgsfluss, an dem im Winterhalbjahr immer wieder rastende Ibisschnäbel (Ibisbill) beobachtet werden. Aber heute haben wir kein Glück. Für dieses Jahr kommen wir zu spät, auch wenn die seltene Art noch vor wenigen Tagen hier gesehen wurde. Wir fahren weiter nach Chitwan, wo wir erst gegen 20.30 Uhr nach 13,5 h Reisezeit und ziemlich müde im Hotel eintreffen. Und dabei betrug die Fahrstrecke nur rund 200 km insgesamt! Müde fallen wir nach dem Abendessen ins Bett.

Mehrmals ganz knapp verpasst … Bengaltiger im Chtiwan NP. Foto: S.G.Chettri.

6. März – 5. Tag – Bunte Vogelwelt in den Kapokbäumen: Der heutige Tag im Chitwan Nationalpark, in den Vorbergen des südlichen Himalaya gelegen, ist wieder ein Höhepunkt bei dieser Reise. Im tropischen Tieflands-Dschungel dieses Parks, der ganz zurecht als einer der schönsten und am besten ausgestatteten Nationalparke Asiens gilt und in dem wir heute von 7 bis 18 Uhr durchgehend mit zwei offenen Safari-Geländewagen unterwegs sind, werden auf 932 km² mehr als 630 Vogelarten nachgewiesen. Davon werden wir am Abend 120 Arten in unsere Listen eintragen können.

Morgendliche Überfahrt in den Nationalpark. Vorn stehend im Einbaum Som Gharti Chhetri, unser Guide. Foto: H. Meyer

Der Morgen begann kühl und neblig. Am Fluss, vor der kurzen Bootsüberfahrt in Einbäumen in den Nationalpark, beobachten wir eine Elefantenkuh beim morgendlichen Bad. Wir besteigen die offenen Landrover und beginnen unser tropisches Dschungelabenteuer bei noch kühlen 13°C. Gespannt auf die Vogelwelt fallen uns sofort die herrlich blühenden Kapok-Bäume (Baumwoll-Bäume) auf, die voller Vogeleben sind. Von Krähen über Baumelstern, Spechten, Sittiche, Mainas bis hin zu den Nekatarvögeln sowie auch von den im Park lebenden Primaten (Makaken und Languren) wird der süße Nektar dieser großen roten Blüten zum ‚Auftanken‘ der Energiereserven genutzt. Und so konnten am Vormittag immer wieder neue Arten allein in dieser einen Baumart entdeckt werden. Auch der Kleine Adjutant oder Marabu (Lesser Adjutant), eine von fünf global bedrohten Arten, die in Nepal leben, konnten wir hier in einer der seltenen Brutkolonien beobachten.

Den Mittagslunch nehmen wir mit Blick auf einen der Flüsse im Park ein, beobachten badende Panzernashörnern und warten mit Spannung auf den König des Dschungels, den Bengaltiger, die hier regelmäßig, ja täglich gesehen werden. Offenbar leider gestört durch ein heute stattfindendes kontrolliertes Abbrennen alten Elfenfantengrases als Artenschutzmaßnahme ließ sich aber keiner an dieser als sicher geltenden Stelle am Fluss sehen. Später mussten wir zur Kenntnis nehmen, dass andere Parkbesucher ein solches Prachtexemplar sozusagen hinter unserem Rücken vom Weg aus beobachtet hatten … Nach Angaben der Rancher leben im Nationalpark neben den ca. 120 Tigern auch Leoparden, Lippenbären, Axis- und Sambahirsche, seltene Gaur-Wildrinder und über 600 Panzernashörner. Letzte sind der Hauptgrund dafür, dass man als Besucher die Fahrzeuge nicht verlassen darf. Warum, konnten wir bei einer fünf Meter vom Wegrand grasenden Nashorn-Kuh mit Kalb erleben. Nachdem diese sich einige Zeit von uns fotografieren ließ, ging sie in Drohstellung über was unseren Fahrer veranlasste, mit durchgedrückten Gaspedal Abschied zu nehmen … Gegen 18.30 Uhr sind wir zurück im Hotel. Nach einem heißen Tag bei Mittagstemperaturen um die 28-30°C wartet dort ein asiatisches Abendbuffet und kühles Bier auf die eingestaubten, hungrigen Reisegäste.

Im Safari-Wagen im Chitwan-NP unterwegs. Foto: H. Meyer

7. März – 6. Tag – Mit Panzernashörnern, Elefanten und Lippenbären unterwegs: Wir werden geweckt vom Gesang des Wechsel-Kuckucks (Common Hawk-cuckoo), dessen markantes Lied noch vor Tagesanbruch aus den Bäumen im Hotel-Gelände erklingt. Auch der Kupferschmid-Bartvogel (Coppersmith-Barbet) ist vor unserer Logde zu hören und zu sehen. Zeitig brechen wir wieder auf, unser zweiter Tag im Nationalpark steht an. Heute fahren wir mit den Landrover eine andere Route und bemühen uns um Vogelarten, die wir gestern noch nicht gesehen haben wie z.B. die Rotkopftimalie (Roufus-capped Babbler), Samtstirnkleiber (Velvet-fronted Nuthatch), Goldstirn-Blattvogel (Golden-fronted Leafbird) und Indienspecht (Indian Pygmy Woodpecker. Nochmals rund 20 neue Arten stehen abends in der Liste. Unseren Mittags-Lunch (gekochter Reis, Gemüse, Hühnchen, Ei, Apfel, Kekse und Kaffee) nehmen wir wieder am Fluss ein. Ein mächtiger wilder Elefantenbulle am anderen Flussufer erregt unsere Aufmerksamkeit. Unsere Führer achten genau auf seinen weiteren Weg, denn es wäre gefährlich, diesem Tier jetzt in der Brunftzeit zu begegnen. Auch heute verpassen wir einen Bengaltiger nur um wenige Minuten … Aber so ist das mit wilden Tieren. Eine andere Touristin aus Indien hatte mehr Glück und führt uns ihr Video vom König des Dschungels vor … Auf der Rückfahrt beobachten wir Axis- und Sambahirsche, Schweine und sehen einen Lippenbär ganz aus der Nähe. Wir zählen heute ungefähr 28 Panzernashörner, die wir seit dem Morgen gesehen haben. Auch die urige Gaur, riesige Wildrinder, können wir wieder beobachten.

Panzernashorn-Kuh friedlich grasend (vom Elefantenrücken aus fotografiert). Foto: H. Meyer

8. März – 7. Tag – Ausritt auf Elefanten und am Mittelpunkt Nepals: Heute Morgen steht ein letztes kurzes Dschungelabenteuer im Chitwan Nationalpark an, bevor wir mittags unsere Weiterreise antreten. Wir haben einen Ausritt auf Elefanten geplant, um Panzernashörner hautnah erleben zu können. Gegen 7.00 Uhr stehen für uns vier Elefanten bereit, und wir starten, immer zu dritt im Sattel, in den Dschungel. Und tatsächlich, auf einer Lichtung steht ein Rhinozeros, dem wir uns unbeschadet auf drei Meter nähern können. Das Tier nimmt keine Notiz von den für sie ungefährlichen Dickhäutern und grast friedlich weiter. Ein unvergessliches Erlebnis! Auch im Zeitalter von zum Teil ausufernden Tierschutzgedanken und Protesten gegen jede Art von Tierhaltung bleibt festzustellen, dass domestizierte Arbeitselefanten in diesem Teil der Welt seit Jahrtausenden zum menschlichen Leben gehören. Sie bieten ganzen Familie Aus- und Einkommen, auch und gerade in diesem nicht besonders reichem Land.

Ein spätes Frühstück wartet nach unserem Elefanten-Abenteuer auf uns, dann checken wir aus und verlassen diesen zauberhaften Nationalpark mit vielen tollen Erinnerungen. Wir fahren weiter ins nepalesische Flachland mit Ziel Lumbini. Auf den wieder nur rund 180 km langen Weg dorthin kommen wir am Mittelpunkt des Landes (Center Point Nipa) vorbei, stoppen für einige Fotos und schauen wir uns einen der bemerkenswerten Sal-Wälder (Hartholz) an. Dabei entdecken wir ebenfalls wieder einige neue Vogelarten wie Himalajabülbül (Himalaya Bulbul) und Grauschwalbenstar (Ashy Woodswallow). Gegen 17.00 Uhr erreichen wir den nur 170m über NN gelegenen Ort Lumbini und beziehen unser Hotel in der Stadt.

Die größten Kraniche der Welt: 1 Paar Saruskraniche am Jagdispur-Stausee. Foto: M. Winter.

9. März – 8. Tag – Einen Tag im RAMSAR-Gebiet Jagdispur-Stausee: Unser erster Tag im tropischen Flachland von Nepal gestaltet sich zum nächsten Höhepunkt dieser Reise. Wir fahren zum ca. 35km nordwestlich von Lumbini gelegenem Jagdispur-Stausee, einem RAMSAR-Gebiet und zugleich einem der wichtigsten Vogelschutzgebiete Nepals. Bei einem Stopp in der Feldflur, die mit den in Nepal üblichen nur Handtuch großen Feldern an die Zeit der Allmenden im europäischen Mittelalter und dessen überlieferten Vogelreichtum erinnert, gibt es bereits zwei handfeste ornithologische Überraschungen: ein Männchen der farbenprächtigen Elsterweihe (Pied Harrier) zieht niedrig vorüber und lässt geheime Sehnsüchte einiger Reiseteilnehmer wahr werden. Sozusagen ein Höhepunkt jagt den anderen, denn kurz danach fliegen zwei der global bedrohten Rotkopffalken (Red-headed Falcon) vorbei.

Am See erwartet uns eine unbeschreibliche Fülle an Wasservögeln und weiteren Arten, die an einen solchen Lebensraum gebunden sind, deren Aufzählung die Kapazität dieses Reiseberichtes sprengen würde. Wir verbringen fast den ganzen Tag hier, obwohl die Sonne Nepals am mit ca. 70m über NN ‚tiefsten‘ Punk dieser Reise unerbittlich brennt und die Temperaturen auf 30°C ansteigen lässt. Zu den bemerkenswertesten und/oder seltensten Arten des Tages (darunter allein fünf der nach IUCN „global bedrohten“ Vogelarten des Landes) zählen wohl mind. 33 Sarus-Kraniche (Sarus Crane), die größte Kranichart der Welt, die bereits in Balzstimmung sind und ihre Stimmen weithin hören lassen. Wir entdecken ein Paar der sibirischen Sichelente (Falcated Duck), die nicht jedes Jahr beobachtet wird. Mind. fünf der ebenso seltenen Goldschnepfen (Greater Painted-snipe) sehen wir im Randbereich des künstlichen, zur Bewässerung landwirtschaftlicher Flächen angelegten Gewässers. Im Randbereich Wasser-Schilf-Trockenrasen finden wir singende Stentor- und Buschrohrsäger (Clamorous- und Blyth’s Reed-warbler) sowie einen weiteren äußerst seltenen nepalesischen Brutvogel in voller Balzstimmung, den Strichelkopf-Schilfsteiger (Striated Grassbird), über den sich auch unser Guide außerordentlich freut. Eine große Gruppe von 40-50 der hübschen Blauschwanzspinte (Blue-tailed Bee-eater), die soeben aus ihren südindischen Winterquartieren zum Brüten eingetroffen sind, umschwirren uns, und sechs überfliegende Sandbrachschwalben (Little Practincola) lassen uns den Abschied aus diesem einzigartigen Vogelparadies äußerst schwer fallen. Während unseres Aufenthaltes am See erhalten wir noch Besuch von einem nepalesischen Journalisten, ein Freund unseres Guides Som, der bevorzugt über Themen zum Natur- und Umweltschutz berichtet und der unseren Aufenthalt im Gebiet zum Anlass für einen lokalen Pressebericht über die Nützlichkeit naturnahen Tourismus nimmt.

Am Geburtsort Buddha’s. Foto: H. Meyer

10. März – 9. Tag – “Geier-Festival” und Buddha-Tag: Heute ist unser sogenannter „Birds- and Buddha-Tag“. Am Vormittag beobachten wir Vögel im Lumbini-Stadtwald. Verschiedene neue Arten wie z.B. Zwergadler (Booted Eagle), Schopfwespenbussard (Oriental Honey Buzzard), Brahmakauz (Spotted Owlett), Rotschultertaube (Yellow-footed Green-Pigeon), Purpurnektarvögel (Purple Sundbird) und den „Taiga“Schnäpper (Taiga-Flycatcher; Zwergschnäpper), einen weiteren Wintergast aus Sibirien. Ein kurzes Gewitter zwingt uns in der Tempelstadt von Lumbini Unterschlupf zu suchen. Wir überstehen das Gewitter im „deutschen Tempel“ und können sogar diverse neue Vogelarten sehen: Pagodenstare (Brahminiy Starling) sitzen bezeichnenderweise auf den Dächern der Pagoden, Prachtfinken-Vertreter wie Tigerastrild (Red Avadavat) und Muskatbrönzemännchen (Scaly-breasted Munia) sowie ein Indiensilberschnabel (Indian Silverbill) drinnen in den blühenden Büschen der Tempelgärten, und auf dem Weg lassen sich einzelne Gelbkehlsperlinge (Chestnut shouldered Bush-sparrow) entdecken. In einem Trupp kreisender asiatischer Geier entdecken wir mit einem Gänse- (Griffon-) und zwei Mönchsgeier (Cinereous Vulture) nochmals „Europäer“, die plötzlich von ziehenden Alpensegler (Alpine Swift) tangiert werden.

Zum Abschluss des Vormittags wartet heute noch ein kultureller Höhepunkt auf uns. Wir befinden uns in Lumbini, einem der heiligsten Orte der Buddhisten, vergleichbar mit Rom und Mekka anderer Religionen. Der Legende nach wurde hier Buddha geboren. Die Ausgrabungsstätte, in der sich der Stein befindet, an dem Buddha einst das Licht der Welt erblickt haben soll, ist eine der wichtigsten Pilgerstätten für Buddhisten. Heute bleibt uns aber ‚Massentourismus‘ erspart, denn ein politischer Streik landesweit hat auch den öffentlichen Nahverkehr komplett lahmgelegt.

Wie gut vernetzt unser Bird-Guide im Lande ist, zeigt sich am Nachmittag. Wir gehen sofort einer Meldung seiner Freunde nach und finden auch schnell in der Nähe von Lumbini ein „Geier-Festival“ an einem toten Wasserbüffel vor. Rund 55 der beeindruckend großen Schneegeier (Himalayan Griffon) sowie mind. 65 Bengalen- (White-rumped-), zwei Dünnschnabel- (Slender-billed-) und zwei Mönchsgeier (Cinerious Vulture) haben sich zum Festmahl versammelt. Die abendlich auszufüllende Vogelliste weist zur heutigen Halbzeit der Reise bereits insgesamt 300 gesehene (einige wenige auch nur gehört) Vogelarten auf; für unseren Guide ein neuer Gruppen-Rekord

Bartmeise-Reisegruppe. Knieend: Guide Som Gharti Chettri. Foto: H. Meyer

11. März – 10. Tag – Über den mächtigen Kali Gandaki: Heute liegt wieder ein Reisetag vor uns. Wir verabschieden uns nach dem Frühstück aus Lumbini und treten die rund 180 km lange Fahrt weiter westlich nach Pokhara an. Und obwohl die Strecke kurz ist, werden wir wieder den ganzen Tag auf mehr oder weniger guter bzw. schlechter Straße Pässe hinauf und in Täler hinunter unterwegs sein. In einem tiefen Flusstal, im Tinau-Valley, entdecken wir zwei neue Arten: Den großen Trauerfischer (Crested Kingfisher) und die einfarbig braune Pallaswasseramsel (Brown Dipper). Weiter oben in den Bergen in den Sal-Wäldern kommt uns ein neuer Bülbul vor die Optik. Der schöne Goldbrustbülbül (Black-crested Bulbul) singt sein Lied aus einem tiefrot blühenden Korallenbaum. Was für ein Kontrast! Beim Ort Ramdi überqueren wir den Hauptfluss Nepals, den gewaltigen Kali Gandaki, dessen Quelle im Tibet liegt und in dem die Schmelzwasser des Anapurna-Gletschers münden. Zwei Schmutzgeier (Egyptian Vulture) kreisen über dem Tal und in Ufernähe entdecken wir eine Gruppe von sieben großen und bunten Rotschnabelkittas (Red-billed Blue Magpie), zwei Graubrust-Baumelstern (Grey Threepie) im gleichen Baum zusammen mit Blauwangen- und großen Heulbartvögeln (Blue-throated und Great Barbet). Was für eine tolle Vogelgemeinschaft! Der Himmel über dem Flusstal verdunkelt sich, und ein gewaltiges Gewitter mit heftigem Regen geht nieder. Die Straßen verwandeln sich in Seen und unser Toyota-Coaster hat bei nur noch langsamer Fahrt Mühe, die restlichen Kilometer bis in die Zielstadt Pokhara zu schaffen. Gegen 18.00 Uhr erreichen wir bei strömendem Regen unser Hotel in der Innenstadt. Som ist guter Hoffnung für den morgigen Tag, denn der heutige Regen verspräche einen klaren nächsten Tag

Traumpanorama: Blick auf den “Fischschwanz” (über 7.000 mNN). Foto: S.G.Chetri

12. März – 11. Tag: Special-Birds am Phew-See: Bei Sonnenaufgang erwartet uns heute ein Traum-Panorama. Der Blick auf den wolkenlosen Hauptkamm des Himalaya mit Anapurna (über 8.000 Meter) und Fischschwanz (über 7.000 Meter) ist einfach atemberaubend. Som’s Prognose für heute trifft voll zu: Nach dem Regentag strahlt die Sonne auf die Schnee bedeckten Berge. Gut gefrühstückt gehen wir zu Fuß zur Bootsanlegestelle und setzen über auf das andere Ufer des Phew-Sees zur „Fishtail Logde (ca. 800m NN)“, wo wir im Hotel-Garten einige spezielle Vögel beobachten wollen. Und das gelingt auch. Wir sehen u.a. seltene und schwer zu findende Arten wie die nur Maus große Moosschuppen-Timalie (Pygmy Wren-Barbler), Rotkopftesia (Chesnut-headed Tesia) und Rotbrust-Grundschnäpper (Snowy-browed Flycatcher). Ein Kuckuckszwergkauz (Asian Barred Owlet), ein asiatischer Verwandter unseres Sperlingskauzes, sitzt in der Sonne und lässt sich lange betrachten und gut fotografieren. Über dem See kreisen niedrig gute Bekannte aus Europa, zwei Fischadler und Schwarzmilane. Hoch oben am Himmel ziehen Schneegeier neben den Gleitschirmfliegern ihre Kreise. In der Stadt Pokhara, die Ausgangspunkt aller Trekkingtouren in die Anapurna-Region ist, steppt heute der Bär. Hindus und Buddhisten feiern das „Holy Festival“ und bewerfen sich mit bunten Farben. Wir haben Not, den Rückweg ins Hotel ‚uneingefärbt‘ zu schaffen. Nach der Mittagspause am Nachmittag stand noch eine kurze Exkursion zum westlichen Ende des Phew-Sees im Programm, bei der auch 18 rastende Streifengänse (Bar-headed Goose) beobachtet werden konnten.

Sherpas tragen unser Gepäck zum “Australian Camp”. Foto: H. Meyer

13. März – 12. Tag – Ungewöhnliche Häherlinge im “Australian Camp”: Wir checken nach dem Frühstück aus und verlassen Pokhara, erneut mit einem traumhaften Blick auf das Anapurna-Massiv. Die aufgehende Sonne zaubert ein einzigartiges Licht auf das schneebedeckte Gebirge. Heute steht unsere letzte Reiseetappe zum berühmten Greifvogel-Beobachtungspunkt „Australian Camp“ im Plan. Die kurze Strecke von von Pokahara bis zum Örtchen Kandi auf 1.700 mNN schaffen wir in reichlich einer Stunde. In Kandi warten bereits Sherpas auf unser Gepäck, denn wir müssen einen zwar recht kurzen, aber steilen Anstieg über eine Naturtreppe auf 2.000 mNN bis zum Camp schaffen. Auf 300 Höhenmeter erwarten uns immerhin 24 % Steigung. Das leuchtend rote Blütenmeer der Baumrhododendren Eichenwald entschädigt uns für die Anstrengung. Aber wir rasten regelmäßig zum birden und finden auch einige neue Arten wie Rötelsperling (Russet Sparrow), Feuerbrust-Mistelfresser (Fire-breasted Flowerpecker), Goludnektarvogel (Gould’s Sunbird) und Laubmeise (Yellow-browed Tit).

Kurz vor Mittag kommen erreichen wir das Plateau, auf dem sich auch die sehr einfache, aber für Vogelkundler herausgehoben gelegene Logde befindet. Nach der Mittagspause können wir weitere interessante Vogelarten, darunter in einzigartiger Gesellschaft allein vier Häherlings-Arten, nämlich Rotscheitel-, Borsten-, Streifen- und Weißkehlhäherling (Chestnut crowned-, Streaked-, Striated- und White-troated Laughingthrus).

Das “Australian Camp”, bester Platz in Nepal für Greifvögel. Foto: H. Meyer

14. März – 13. Tag: Spannende Hochgebirgsvögel auf dem Plateau: Die Nacht auf 2.000 mNN war kalt, denn die einfachen Zimmer im Camp sind unbeheizt. Ein bisschen Härte war gefordert. Die Temperaturen liegen morgens im Hellwerden knapp über 0°C, steigen bei Sonne aber rasch auf um die 20°C an. In den Nächten vor unserer Ankunft hat es in der Anapurna-Region und herab bis auf ca. 2.500 mNN kräftig geschneit. Dieser Schnee erwies sich als Glückfalls für uns, denn er hatte einige Hochgebirgsvögel ungewöhnlich weit ins Tal ausweichen lassen. Unter normalen Umständen hätten wir auf 2.000 mNN keine Chance gehabt, Vogelarten, die zwischen 3.000 und 4.000 mNN ihre Habitate haben, beachten zu können. Aber aufgrund dieser für uns günstigen Witterungsumstände entdecken wir auf dem Plateau des „Australian Camp“ allein vier Hochgebirgs-Gimpelarten: Rosenbrauengimpel (Pinked-browed Rosefinch), Fleckengimpel (Spot-winged Rosefinch) und Dünnschnabelgimpel (Dark-breasted Rosefinch) sowie in deren Gefolge auch die selten gesehene Himalajabraunelle (Altai Accentor). Ornithologischer Höhepunkt des Tages ist aber ein Trupp von ca. 50 Waldschneegimpeln (Plain Mountain-finch), die unter normalem Umständer erst ab 3.500 mNN erwartet werden können.

Die hübschen Bergrubinkehlchen (Himalaya Rubythroat) und Goldschwanz (Golden Bush-robin) fliegen immer wieder zum Insektenfang in einen kleinen Gemüsegarten, wo sie von den Fotografen exzellent abgelichtet werden können.  Nach der Mittagspause gegen 14.30 Uhr schlägt das Wetter um. Dichte Wolken und Regenschauer lassen den Aufenthalt im Freien ungemütlich werden. Wir müssen uns zum Beobachten einen Unterstand suchen. Heißer Tee und Kaffee helfen über das ungemütliche Bergwetter hinweg. Mit Anbruch der Dunkelheit wartet das Abendessen, dann die Betten.

Am Phew-See in Pokhara. Foto: H. Meyer

15. März – 14. Tag – Greifvogelzug auf dem “Australian Camp”: Mit dem Tagesanbruch präsentiert sich das ‚Australian Camp‘ wieder bei schönstem Wetter. Erneut taucht die Sonne das Anapurna- und Fischschwanz-Massiv in ein einzigartiges Licht. Schnell steigen bei Sonne die Temperaturen an und im Laufe des Vormittags erleben wir, warum dieser Gipfel als bester Greifvogel-Beobachtungsplatz in ganz Nepal gilt und warum sozusagen alle Vogelkundler, die das Land besuchen, dieses Gebiet erleben wollen. In der Thermik am Gipfel, manchmal nur 10-20 Meter vom Beobachter entfernt, können wir alle Geierarten Nepals beobachten. Manchmal so nah, dass wir den Luftzug der Flügelschläge spüren können. Die Greifvögel stehen teilweise spielend in der Thermik am Plateau vor uns. Mehrere Bartgeier lesen 20 Meter vor den Beobachtern Knochen auf, die man hingeworfen hat. Auch die mächtigen Schneegeier lassen sich als Draufsicht oder von unten, kurz über den Köpfen der Beobachter, betrachten. Ein tolles Erlebnis. Heute kommt der Greifvogel hier richtig in Gang. Schweren Herzens müssen wir nach dem Mittagessen aber unsere Zimmer räumen und den Abstieg zurück bis zur Straße antreten. Die Sherpas, unter ihnen wieder Frauen, nehmen unser schweres Reisegepäck in ihre Körbe, die mit einem Band am Kopf getragen werden, auf, und verschwinden schnellen Schrittes bergab zum Parkplatz.

Die Rückfahrt nach Pokhara hält noch eine Überraschung bereit. Som, unser cleverer Guide, kennt einen Platz an einem kleinen Gebirgsfluss, an dem mit etwas Glück drei der vier im Land vorkommenden Scherenschwanz-Arten gesehen werden können. Wir halten an einer Brücke und beginnen unsere Suche. Zuerst entdecken wir einige weitere ans Wasser gebundene Vogelarten wie Wasser- und Weißkopf-Rotschwanz (Plumbeous- und Withe-capped Water-redstart) … Und dann, dann sehen wir zuerst den Stummel-, dann den Flecken- und schließlich auch noch Graurücken-Scherenschwanz (Little-, Spotted- und Slaty-backed Forktail). Und alle drei dieser recht selten zu sehenden Arten mehrfach gleichzeitig! Auch die Vogelfotografen kommen hier auf ihre Kosten. Was für ein toller Abschluss unserer Exkursionstage im Himalaya-Land!

Rückflug von Pokhara nach Kathmandu mit der Budda-Air. Foto: H. Meyer

16. März – 15. Tag – Überraschende Begegnung am Fluss: Die letzte Nacht auf unserer Rundreise haben wir wieder in Pokhara verbracht. Nach dem Frühstück verlassen wir das Hotel und fahren zum kleinen Inlandsflughafen. Um 9.00 Uhr besteigen wir eine kleine, aber neue ATR 42 der Buddha-Air und fliegen 25 min an den gewaltigen Himalaya-Bergen entlang bis zurück nach Katmandu. Schnell können wir den Flughafen verlassen und in unser schönes Stadthotel fahren. Am Nachmittag unternehmen wir dann zusammen mit Som noch einen Stadtrundgang durch die die unglaublich geschäftige, farbenprächtige und laute Altstadt von Katmandu. Diverse Einkäufe runden den Aufenthalt ab. Das Abendbuffett hält zum Abschluss nochmals nepalesische Gerichte bereit. Wir schließen unsere Vogelliste und stellen fest, dass knapp 400 Vogelarten meist sehr gut und nah gesehen haben. Auch die fotografierenden Ornis der Gruppe sind meist hoch zufrieden mit ihrer Ausbeute, aber dieses oder jenes Bild hätte vielleicht doch noch besser sein können …

17. März – 16. Tag – Abschied vom Himalaya: Sehr zeitig machen wir uns auf zum Flughafen, da unsere Rückreise bereits um 9.00 Uhr startet. Zwar hatten wir unseren Flug mit „Emirates“ gebucht, aber die „Rechnung ohne Wirt“ gemacht. Denn ab Dubai und zurück bis nach Dubai schickte uns die so hoch gelobte Airline mit ihrer Billigtochter „FlyDubai“, in der es auf dem vier-Stunden-Flug nach Dubai noch nicht mal für alle Insassen des Flugzeuges eine kleine Mahlzeit gegen Bezahlung gab! Wie schon auf dem Hinflug war nach den ersten 20-25 Reihen die Bordverpflegung ausgegangen … Aber, nach der Erfahrung auf der Anreise mit dieser Airline hatten wir vorgesorgt: Wir orderten im Hotel ein Lunchpaket für die Rückreise. Während andere Passagiere mit knurrenden Magen bis Dubai aushaaren mussten, konnten wir ein kaltes Mittagessen aus Reis, Gemüse und leckerem Hühnchen verspeisen …

Die sich nach dem Umstieg anschließenden reichlich sechs Stunden Flug von Dubai weiter nach München im A 380 der Emirates verliefen recht planmäßig, wobei die Airline auch hier nur mit einem schwachen Minimalservice aufwartete. Die Reisegruppe traf pünktlich am Abend in München ein und alle Gäste traten planmäßig die Heimreise an.

Bartmeise-Reisegruppe im Chitwan-NP auf Nashorn-Fotopirsch. Foto: H. Meyer

Zusammenfassung: Diese hoch effektive vogelkundliche Reise führte von den Pulchoswki-Bergen (2.700 mNN) im Kathmandu-Tal durch das tropische Flachland bis zum RAMSAR-Gebiet Jagdispur-Stausse auf 70mNN, dem niedrigsten Beobachtungspunkt überhaupt. Zu den Höhepunkten der Rundreise durch das Land zählten der berühmte Chitwan-Nationalpark, der Jagdispur-Stausse und der Greifvogel-Beobachtungspunkt „Australian Camp“. Die allgemeine Organisation vor Ort verdankten wir Som Gharti Chhetri, unserem nepalesischen Birdguide, dessen ausgezeichneten ornithologischen Fähigkeiten es ermöglichte, auf der Reise rund 380 Vogelarten – darunter zahlreiche Seltenheiten, Endemiten und schwer zu findende Arten – zu erleben. Diese Reise sah keine Bergtouren vor und konnte bei geringer Anstrengung von jedem Interessenten, der über normale Fitness verfügte, unternommen werden. Bis auf das „Australian Camp“ waren alle Beobachtungspunkte mit dem Reisebus (Toyota-Caoster) erreichbar. Zum „Australian Camp“ führt allerdings ausschließlich ein ca. 2 Kilometer langer Fußweg (meist über eine Naturtreppe), der teilweise auf 300 Höhenmetern 24 % Steigung aufweist. Das Reisegepäck der Gäste wird auf und ab von extra angemieteten Sherpas befördert.

Hartmut Meyer

Reiseteilnehmer schreiben zu Reise: „Ich habe selten eine so hervorragende Reise mitgemacht. Es hat einfach alles gepasst: perfekte Organisation, unser Guide Som ist nicht nur ein exzellenter Kenner der Vogelwelt Nepals, sondern hat uns durch seine angenehme Art und sein umfassendes Wissen über Nepal sehr viel mehr als nur Vögel vermittelt. Ich persönlich war von der Reise so angetan, dass 2018 Bhutan nicht meine einzige mit Bartmeise sein wird!“ (U. Lindiger, A-Wien).

“Ich war schon viel unterwegs, doch Nepal hat vieles getoppt. Es hat einfach alles gestimmt. Sogar die in drei anderen Ländern „verpassten“ Arten wie Forktail, Piedharrier und Greater painted Snipe haben sich anschaulich prasentiert. Ob unser Reiseleiter Hartmut oder vor Ort Som, beide habe alles für das Gelingen der Expedition getan. Herzlichen Dank. Ich freue mich auf weitere gemeinsame Erfahrungen”. (M. Bauer, CH-Chur).

Startbild: Bartmeise-Reisegruppe in Lumbini. Foto: H. Meyer

Checkliste_Nepal

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Reisebericht Weißrussland: Doppelschnepfe, Terekwasserläufer und Lasurmeise im Pripjater Polesien

Reisebericht Weißrussland: Doppelschnepfe, Terekwasserläufer und Lasurmeise im Pripjater Polesien

Reisebericht über die Reise nach Weißrussland vom 15. bis 21. Mai 2016

15.05.2016 (1. Tag) – Anreise in ein fremdes Land
Von Berlin-Schönefeld ging es mit Belavia nach eineinhalb Stunden Flugzeit in die Weißrussische Hauptstadt Minsk, nach persönlicher Verabschiedung von Hartmut Meyer im Flughafen Berlin-Schönefeld. Unser Bird-Guid Pavel (Branta-Tours) gemeinsam mit Natascha nahm uns am Flughafen – nach erstaunlich einfacher Einreisekontrolle in Empfang, und wir traten unsere Fahrt in Richtung Süden an. Nach etwa vier Stunden (und einigen Wiesenweihen) in einem schon etwas betagten rotenweißen russischen Bus erreichten wir mit einigen Zwischenstopps unsere rustikale Unterkunft (Hlubinskaja Buda Lodge) im Pripjat-Nationalpark am Fluss Pripjat im Süden von Weißrussland an der Ukrainischen Grenze. Ein reichhaltiges Abendbrot entschädigte für die Reisestrapazen, und eine ausführliche Vorstellungsrunde erfolgte im Anschluss. Unter anderem berichtete Natascha über ihre Forschungsarbeiten am Kampfläufer und über ihr Land. Überhaupt erwies sie sich im Laufe der Reise als fachkundige, organisatorische und gut gelaunte „Seele“ der Tour. Ohne sie hätten wir sicher nicht so viel erlebt – Danke an Natascha! Das Einschlafen erfolgte für fast alle mit einem ungewohnten Konzert von rufenden Wachtelkönigen, Tüpfelrallen und singenden Sprossern vor der Haustür, direkt am Pripjat.

16.05. (2. Tag) – Beeindruckende Ursprünglichkeit und Vielfalt
Die meisten nutzten bereits vor dem Frühstück die Zeit für eine Erkundung der unmittelbaren Umgebung mit einer herrlichen Flussaue und einem typischen weißrussischem Dorf (Halubica), ein erster Blutspecht wurde gesichtet. Die Lodge wird vom Nationalpark geführt und ist gut ausgestattet. Die Getränkeabrechnung gestaltete sich aber etwas schwierig, da die erste abendliche Getränkerunde schlug mit 1,3 Millionen zu buchen!
Hier noch ein paar Angaben zum Pripjat bzw. zum Nationalpark. Der Pripjat ist wohl, zusammen mit dem Wolgadelta, die größte in Europa erhaltene natürliche Flussaue. Das Gebiet wurde 1969 unter Schutz gestellt und 1996 zum Nationalpark erklärt. Der Park erstreckt sich von West nach Ost über 64 km, von Nord nach Süd über 27 km und hat eine Größe von 83.000 ha.

Bei bestem Wetter, Sonne und 18 Grad, fuhren wir nach dem Frühstück in die Pripjat-Auen, etwa 10 km östlich von unserer Unterkunft. Direkt an einem kleinen urigen Dorf  wurde bis zum frühen Nachmittag die gut erhaltene Weichholzaue durchgestreift. Das Sprosser-Konzert war herrlich, und einige aus der Gruppe konnten die ersten Lasurmeisen und Blaukehlchen beobachten. Beeindruckend waren auch die fütternden Stare in fast jedem Haus (Nahrung ohne Ende).

Nach dem Mittagessen stand die erste und leider einzige Bootsfahrt der Tour an, und diese entwickelte sich für alle zu einem Höhepunkt, trotz lautem Bootsmotor. Es ging mit 3 Booten in die weiträumigen Nebenarme und überschwemmten Flächen des Pripjat, und man bekam ein  Eindruck von der Ursprünglichkeit und der Größe des Nationalparks. Beeindruckend waren die vielen Limikolen (Kiebitz, Rotschenkel, Uferschnepfe) und der erste Terek. Trauer, Weißbart- und Weißflügelseeschwalben waren in großer Anzahl, teilweise schon brütend, zu sehen. Trupps von bis zu 10 Schwarzstörchen, Schrei- und Schelladler und ein Elch wurden gesichtet. Diese Lebensraum-Vielfalt und Ursprünglichkeit waren wohl für alle sehr beeindruckend.  Die Boote setzten uns in Liaskavicy ab, dort befindet sich die Nationalpark-Verwaltung, ein Museum (leider schon zu) und ein großes neues Hotel. Der Bus holte uns ab, und es ging noch ein paar Kilometer durch das Land. Ziel sollten Brachpieper sein – keinen gefunden, dafür aber Raubwürger, Wiedehopf  und einer „sozialistische Kolchose“ mit großer Kuh Herde.  Bei der abendlichen Tagesauswertung wurde beschlossen, schon am morgigen Tag zum nächsten Quartier umzuziehen, da hier der Wasserstand in diesem Jahr recht niedrig und dort bessere Bedingungen wären.  Für uns kaum nachvollziehbar, da eigentlich überall Wasser war – was für ein Gebiet.

17.05. (3. Tag) – Limkolen über Limikolen …
Vor dem Frühstück erfolgte bereits die „Frühexkursion“ mit Rebhühnern und Sprosser-Konzert direkt vor dem Hotel und der Besteigung eines Aussichtsturmes mit herrlichem Blick über die überschwemmte Aue und jagende Seeadler. Nach dem Frühstück und Sachen einpacken ging es dann mit dem Bus in westlicher Richtung. Unser Ziel war eine geplante Wanderung durch ein natürliches  Waldgebiet in der Aue. Schon die Anfahrt durch Felder und Wiesen ohne bzw. mit minimalen Herbizid.-, Pestizid- und Düngereinsatz war wie eine Reise in die Vergangenheit. Auf den Feldern und Wiesen noch Wachstum unter einem Meter, „Unkraut“, Blumen, Brachflächen und feuchte Senken.

Auf einer frisch gemähten Wiese konnten 2 Schreiadler ausgiebig beobachtet werden und auf  Getreidefeldern thunbergi-Wiesenstelzen. Nachdem unsere ständige Begleitung durch Nationalpark- Mitarbeiter, als Guide oder Aufpasser (?), die Schranke zum Park geöffnet hatte (Schlüssel liegt unter Stein rechts daneben), begann ein mehrstündiger Fußmarsch bei bestem Wetter. Unser grüner „Tour-Bus“ folgte uns in gebührendem Abstand, sodass niemand verlorengehen  konnte.  In den naturnahen Wäldern konnten dann auch Halsbandschnäpper an der Bruthöhle, Mittel- und Weißrückenspecht ausführlich beobachtet werden. Eine Suche von Pavel nach Sperlingskauz und Schlagschwirl blieb erfolglos (Mittag um 13 Uhr!), erbrachte dafür aber warnende Waldwasserläufer. Am Ende  des Waldes konnten dann noch auf gemähten Flächen Schrei- und Schelladler beobachtet werden, und Bestimmungsmerkmale wurden diskutiert. Ein riesiger Acker mit zahlreichen Kiebitzen und jagenden Rohr- und Wiesenweihen; Baumfalke und dem ersten Drosselrohrsänger rundeten die Tour ab. Interessant waren noch auf einigen Wegen frische Wolfsfährten mit Losung und in überschwemmten Flächen rufende Rotbauchunken.

Dann ging die Fahrt mit dem Bus in Richtung Turov weiter, mit kurzem Halt auf der großen Pripjat- Brücke mit herrlichem Ausblick auf den Fluß und die weiträumigen Auen. In „guten“ Jahren beträgt die Breite der überschwemmten Aue bis zu 14 km! In Turov hatte Natascha noch ein Angebot für die Gruppe, welches begeistert aufgenommen wurde. Wir besuchten die Beringungsstation der örtlichen Ornithologen-Gruppe, welche auch im Sommerhalbjahr Nataschas Arbeitsplatz ist. Direkt am Fluß mit herrlichen Wiesen und „Limikolenmassen“ befand sich das urige Holzhaus. Dort werden seit Jahren, auch mit deutscher Unterstützung, Limikolen in Reusen gefangen und beringt. Wie vorbereitet, wurden gleich bei unserer Ankunft ein Terekwasserläufer, einige Rotschenkel und Sandregenpfeifer beringt!  Danach ging es zum Hotel am Stadtrand. Das „Turov“ Hotel überraschte uns mit gutem Komfort und Ausstattung. Es wurde straff von der Chefin geführt, und umgebaute Möbel, umgelagerte Trinkgläser und (nicht) mitgenommene Handtücher mussten immer am richtigen Platz stehen!

18.05. (4. Tag) – Höhepunkt Doppelschnepfen-Balz
Vor dem Frühstück wurden die Stadt und der örtliche Flußabschnitt erkundet. Am Fluß gab es reichlich Limikolen und in der Stadt eine gemischte Saatkrähen- und Dohlen-Kolonie, Sprosser und einen Blutspecht. In der Stadt konnten dann auch reichlich russische Automobile bewundert werden, vor allem LKW-Gefährte waren sehr kreativ, und ein sehr bunter Friedhof mit Kriegerdenkmal und reichlich Kunstblumen. Nach dem Frühstück ging es 2 km nach Osten in das Kpemhoe und eine Fußexkursion entlang von Altgewässern folgte. Es wurden auch gleich nach Ankunft balzende Bekassinen, Rotschenkel, sowie Lasurmeisen und Karmingimpel gesichtet. Es gelang ein Nisthöhlenfund der Lasurmeise, und die Fotofreunde kamen auf ihre Kosten. Auch ein Schlangenadler und eine Zwergdommel konnten beobachtet werden. Nachmittags erfolgte mit dem Bus und zu Fuß eine Erkundung durch Felder und Auenlandschaft etwa 10 km östlich von Turov in der Umgebung des Dorfes Xboehck. Unter anderem gab es herrliche alte russische Häuser und fast naturnahe Felder zu sehen.

Am Abend erfolgte dann die lange erwartete Exkursion zu einem Doppelschnepfen-Balzplatz in die Pripjatauen nordöstlich von Turov. Aus einem angekündigten Fußmarsch von 500 m sind dann 2,5 km geworden. Auf dem Anmarschweg konnten überall Wiesenstelzen und ein Schlagschwirl bewundert werden. Aufgrund des schneearmen Winters war es dieses Jahr in der Aue recht trocken. Dies war auch der Grund für den langen Anmarschweg, in „normalen“ Jahren erfolgt die Anfahrt per Boot. Der Höhepunkt war dann, bei bestem Wetter und herrlichem Sonnenuntergang,  die Doppelschnepfenbalz mit 9 Männchen. Zum Fotografieren leider zu weit weg,  aber trotzdem ein herrlicher Abend am Pripjat und für viele der Gruppe sicher ein Höhepunkt der Tour.

19.05. (5. Tag) – Unterwegs im Auwald
Vor dem Frühstück nutzten einige aus der Gruppe die Zeit, um bei der Limikolen-Beringung mit zu helfen und das Leben auf den natürlichen intakten Auenwiesen zu beobachten. Nachdem in Turov die vorhandenen Briefmarken und Postkartenbestände von unserer Gruppe aufgekauft wurden, ging es mit dem Bus eine Stunde in westlicher Richtung nach Olwanie. Auf der Fahrt fielen uns die großen Gewächshausanlagen auf, welche mit Holz beheizt wurden. Vor allem der Anbau von Tomaten dient wohl zur Versorgung von Minsk und Moskau (Dank EU-Embargo!). Unser Ziel war eine Wanderung auf dem Deich entlang der Pripjat Auen. Auf einer zwei stündigen Beobachtungstour konnten sehr schön Karmingimpel, Lasurmeise und Schlagschwirl beobachtet werden.
Nachmittags ging es in östlicher Richtung. Ziel war eigentlich Adlerbeobachtungen, aber daraus wurde nicht viel. Feldvögel und ursprüngliche Dörfer waren auch nicht schlecht. Nach einem Blick auf die Karte entschied sich die Gruppe für eine Erkundung in Richtung Fluss. Ein paar Gewitterschauer überstanden wir im Bus. Die Flussaue begann, und wir standen vor einer Schranke. Nach einige Telefonaten sollte auch ein Schlüssel kommen (ist wahrscheinlich heute noch unterwegs). Der Zufall half uns weiter, ein Traktorfahrer öffnete die Schranke, und wir beschlossen spontan einen  kurzen Fußmarsch. Aus dieser kurzen Wanderung wurde dann die wohl schönste Tour unserer Reise. Wir genossen einen herrlichen natürlichen Auenwald. Höhepunkt war eine singende Rotdrossel. Erstaunlicherweise kamen wir am Ende des Weges tatsächlich am Fluß heraus und waren gegenüber unserer ersten Unterkunft.

20.05. (6. Tag) – Am Brutplatz des Zwergsägers und beim Habichtskauz
Nach der morgendlichen Beobachtungsrunde in den Auenwiesen ging es per Bus in Richtung Nordwesten zu den Bieloie Fischteichen. Das Gebiet ist für seine Zwergsäger-Brutvorkommen bekannt. Die Zwergsäger ließen auch nicht lange auf sich warten, und bei einer zweistündigen Wanderung konnten noch Schwarzstörche, Silberreiher und Seeadler beobachtet werden. Moorenten fanden sich leider nicht ein.

Danach ging es weiter in Richtung Westen nach Ivacevichy zu „versprochenen“ Bartkäuzen. Nach 2 Stunden Fahrt und einigem Suchen nach dem örtlichen Guide blieb dann unser Bus in einem  „normalen“ bewitschafteten Kiefernwald stehen. Ein 15-minütiger Marsch und vor uns ein brütender Bartkauz in einer Nisthilfe aus Metall, ein Erlebnis besonderer Art. Im Gebiet (Vygonoschanski-Urwald) soll es wohl an die 20 Reviere geben, die meisten auf künstlichen Nisthilfen. Beringung erbrachte wohl bisher nur wenige Funde und eine hohe Ortstreue. Die großen Eulen ernähren sich in den Wäldern hauptsächlich von Mäusen. Außerdem soll es wohl in diesen Wäldern viele Auerhühner geben. Eine Nachsuche nach dem Partner erbrachte leider keinen Erfolg. Unseren ausgesprochenen  netten und bescheidenen örtlichen Guide setzen wir wieder zu Hause ab, und aus seinem Haus kamen nach und nach sechs Kinder zum Vorschein (Ornithologen Nachwuchs).
Nach „gefühlten“ vier Stunden Fahrt erreichten wir unsere letzte Unterkunft in der Stadt Bereza. Das Hotel lag ziemlich zentral, und ein reichhaltiges Abendbrot in einer nahen Gaststätte und die Besichtigung der Obligatorischen Lenin Statue beendeten den Tag.

21.05. (7. Tag) – Dem Seggenrohrsänger auf der Spur
Nach einem zeitigen Frühstück in einer sehr guten Gaststätte außerhalb der Stadt ging es per Bus zum Sporovo-Reservat. Ziel war der Seggenrohrsänger, er hat dort sein zweitgrößtes Vorkommen in Weißrussland (700-2.000 Männchen). Auf dem Weg dorthin konnten Zwergmöwen und Pfuhlschnepfen gesichtet werden. Ein Stopp direkt an einem kleinen Dorf an der Straße, und 50m im Moor war dann auch das Objekt der Begierde. Da es recht trocken war, führten einige der Gruppe eine kleine Exkursion ins Moor durch (nasse Füße inclusive) und es wurden noch Zitronenstelze und Raubwürger gefunden. Die „Seegis“ waren aber sehr heimlich und ließen sich kaum sehen. Daraufhin wurde beschlossen, noch ein weiteres Gebiet in der Nähe anzusteuern.

Um die Mittagszeit wurden „Seggis“ gesucht und zu unser aller Erstaunen auch welche gefunden, und ein Vertreter ließ sich auch recht nah sehen. Danach war noch Zeit, und Natascha bewies wieder ihr „Organisationstalent“ und es wurde ein riesiges Fischteichgebiet bei Jamnik in unmittelbarer Grenznähe zur Ukraine besucht. Nach einer persönlichen „Einweisung“ durch den Direktor konnten wir mit dem Bus das Gebiet erkunden, und vor allem die abgelassenen Fischteiche erbrachten noch  Beobachtungen von Pfeifenten, Brandgänsen, Uferschnepfen, Kampfläufer, Alpen-, Zwerg- und Temmickstrandläufern, Rotschenkel, Odinshühnchen, Steppenmöwe, eine Raubseeschwalbe und Zitronenstelze. Leider hatten wir nur zwei Stunden Zeit, 17.00 Uhr wurde die Schranke geschlossen (und wer zu spät kommt, der kriegt Ärger!). uf dem Weg dorthin konnten Zwergmöwen und Pfuhlschnepfen gesichtet werden. Gaststätte und die Besichtigung der Obligatorischen
Entspannt ging es dann zum Hotel zurück, und ein Abschiedsabend mit Trinkgeld-Überreichung und ein wenig Wodka ließen Wehmut aufkommen.

27.02. (8. Tag) – Heimreise nach Berlin
Heute hieß es zeitig aufstehen, denn es ging schon 4.00 Uhr mit dem Bus in Richtung Minsk los. Frühstück gab es in einer modernen Autobahn Raststätte. Das Essen hätte man sich schenken können – Grauammer und Sprosser waren dafür Entschädigung. Nach vier Stunden Fahrt erreichten wir den Flughafen von Minsk und es erfolgte eine herzliche Verabschiedung von Natascha, dem Busfahrer und Pavel. Die Ausreise verließ problemlos, und nach 2 Stunden hatte uns Deutschland wieder.

Diese Reise war sicher für alle ein einmaliges Erlebnis. Wo ist es schon noch in Europa möglich, so große naturbelassene Gebiete und viele seltene Vogelarten zu erlebenm? Eine (vielleicht?) weitere Tour in dieses Land sollte man im Blick behalten, da es dort noch viele weitere großartige Lebensräume gibt und die vorhandene Infrastruktur und es sanfter Tourismus im Entstehen sind.

Ingolf Todte (Reiseleiter)

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Reisebericht Estland: Taiga, Regenmoore und baltische Küsten im Vogelfrühling

Reisebericht Estland: Taiga, Regenmoore und baltische Küsten im Vogelfrühling

Reisebericht über die Reise nach Estland vom 30. April bis 7. Mai 2016

30.4 2016 (1. Tag) Anreise und erster Sperlingkskauz
Nach einem problemlosen Treffen aller Teilnehmer mit dem Reiseleiter am Frankfurter Flughafen geht es pünktlich nach Riga, wo wir auf den örtlichen Reiseleiter Bert Rähni treffen. Vom Flughafen aus fahren wir mit zwei Minibussen in die Innenstadt von Riga, wo unsere großartige und kenntnisreiche Stadtführerin Biruta während einer 1,5-stündigen Stadtführung viele Sehenswürdigkeiten der Stadt mit all ihren Jugendstilhäusern lebendig und von der Materie selbst ganz begeistert erklärt. Mittagessen in der Altstadt gegen 15.00. Anschließend fahren wir mit den Minibussen auf einer gut ausgebauten Straße durch Kiefernwälder entlang der Rigaer Bucht Richtung Norden und legen auf dem Weg eine kurze Rast an einem Sandstrand ein, der die Weite und die Ruhe der baltischen Ostseeküste erahnen lässt.

Am frühen Abend erreichen wir unser Hotel zwischen Wiesen, Feldern und am Rande eines kleinen Kiefernwaldes. Unter den Augen aufmerksamer Storcheneltern auf ihren Horsten direkt am Hotel wird das Gepäck ausgeladen, die Zimmer werden bezogen und das Abendessen eingenommen. Den direkt in dem Thujabusch neben der Eingangstür brütenden Bluthänfling haben wir zu dem Zeitpunkt noch nicht entdeckt, wohl aber die warnenden Wacholderdrosseln. Eine Abendexkursion führt uns an einen mit Birken und Kiefern bewachsenen Moorrandbereich direkt neben dem Besucherzentrum des Matsalu Nationalparks. Bekassinen und Waldwasserläufer balzen in der hereinbrechenden Dämmerung, und aus der Ferne ruft verhalten unser erster Sperlingskauz!

1.5. (2. Tag) Sooma Nationalpark
Um 6.00 Uhr findet eine erste Wanderung statt. Auf einem Holzbohlenweg bewegen wir uns an diesem wunderschönen Morgen durch einen strukturreichen Taiga-Mischwald mit Birken, uralten Kiefern, Fichten, Pappeln und umgestürzten Baumriesen, die mit Moosen und Farnen bewachsen sind. Waldlaubsänger beleben diesen Märchenwald durch ihren Gesang, ein Trauerschnäppermännchen lässt sich von einer Beobachtungsplattform perfekt beobachten, während Haselhühner und Dreizehenspecht zu hören sind, sich aber noch versteckt halten. Waldwasserläufer balzen in dem für sie typischen Lebensraum , dem Waldmoor. An vielen Bäumen weist die zerstörte Rinde auf die Aktivität von Elchen hin. Anschließend wird aus dem Inhalt unscheinbarer Kisten in den Kofferräumen der Busse ein Frühstück im Wald gezaubert.

Nach dem Frühstück legen wir eine Rast an dem birkenbestandenen Rand des Waldmoores ein. Dort, wo die Birken an eine Feuchtwiese grenzen, gelingen grandiose Beobachtungen und Fotos von um diese Zeit schon heimlichen Weißrückenspechten direkt an der Bruthöhle! Das Kommen und Gehen beider Altvögel bei der Abwechslung ihres Brutgeschäftes ist unglaublich gut zu verfolgen. Als Bilderbuchbeispiel für schier endlos weite, ursprüngliche Hochmoore präsentiert sich uns danach das Regenmoor Kuresoo. Die Dimensionen dieser so wertvollen Landschaft erschließen sich uns von einem Beobachtungsturm aus, und während unserer anschließenden Wanderung auf einem Holzbohlenweg über schwankenden Moorboden und vorbei an dunklen, spiegelglatten Moortümpeln beobachten wir Regenbrachvögel, Bruchwasserläufer, Rotschenkel, Raubwürger und Baumpieper – die ersehnten Steinadler verbergen sich leider vor uns! Leuchtend gelbe Sumpfdotterblumen flankieren den Wanderweg zurück zum Parkplatz, an dem ein schöner schwarz-weißer Trauerschnäpper singt. Mittagessen im Hotel

Wie aus dem Nichts (aber zielgerichtet geplant ;-)) erscheint während unserer Nachmittagsexkursion auf einmal eine weite, mit niedrigen Seggen bewachsene Feuchtwiese inmitten des Waldes, durch den wir mit den Minibussen gefahren sind. Ein weiterer landschaftlicher Schatz, der uns wundervolle Beobachtungen von Kampfläufermännchen im Prachtkleid ermöglicht, von weiblichen Kampfläufern im direkten Vergleich mit einem großen Trupp Bruchwasserläufern sowie mit einzelnen Grün – und Rotschenkeln. Bekassinen balzen in unglaublicher Dichte am Himmel und lassen sich auch am Boden beobachten – ganz im Gegensatz zu einigen Uferschnepfen, die aufgrund ihrer Größe und Färbung den ornithologischen Blickfang bieten und alle Teilnehmer begeistern.
Am Abend führen wir eine weitere Eulenexkursion durch. Der erhoffte Sperlingskauz lässt sich leider nicht finden, dafür zeigt sich schemenhaft der erste Habichtskauz, und die Silhouetten fliegender Waldschnepfen zeichnen sich gegen den Abendhimmel ab. Im Dämmerlicht besuchen wir noch einmal die Waldwiese, die wir schon am Nachmittag aufgesucht haben. Ganz still  lassen sich die Balzlaute des Juwels dieser Wiese vernehmen, der Doppelschnepfe. Zu sehen sind sie trotz intensiver Suche mit dem Spektiv leider nicht. Deutlicher, aber auch im Hintergrund, beleben die Rufe von Tüpfelrallen untermalt vom scheinbar endlosen „Gemecker“ der Bekassinen die Abendstille

2.5 .2016 (3. Tag) Fischteiche, Limicolen und Wiesenvögel
Frank entdeckt morgens einen singenden Zwergschnäpper direkt am Hotel!  Wir frühstücken im Hotel, um anschließend an die Fischteiche von Pikla zu fahren, die sich unmittelbar an der Küste befinden. Das Gebiet präsentiert sich als Nebeneinander überschwemmter Strandwiesen mit großen, eingestreuten Findlingen und schilfbestandenen Fischteichen. In den stillen Wasserflächen der überschwemmten Strandwiesen spiegeln sich für uns alle traumhaft gut sichtbar Rotschenkel, Bruchwasserläufer, Grünschenkel, Kiebitze, Goldregenpfeifer und Dunkle Wasserläufer, während sich die kleinen grasbewachsenen Inseln als ideale Balzarenen für Kampfläufer präsentieren. Schafstelzen, deren Kopfzeichnung  alle Gradienten aufweisen von „typische Thunbergschafstelze“ (also  einheitlich schiefergrauer Kopf) bis „typische Wiesenschafstelze“ (als grauer Kopf mit weißlichem Überaugenstreif) bereichern die Liste der Singvögel hier ebenso wie Braunkehlchen und Steinschmätzer. Überaus freuen wir uns über die ersten dunkelflügeligen Zwergmöwen, während die rauen Rufe einzelner Brand – und Raubseeschwalben über der Ostsee auf diese besonderen Arten aufmerksam machen.

Die Fischteiche selber erweisen sich als Badeanstalt Hunderter von Zwergmöwen, die wir von einem Beobachtungsturm aus ausgiebig mit Lachmöwen vergleichen können. Im angrenzenden Schilf singen Drosselrohrsänger, Schilfrohrsänger und Rohrschwirl. Bartmeisen sind allgegenwärtig, verstehen es aber, Katz und Maus mit uns zu spielen. Letztendlich werden sie von jedem Teilnehmer gut gesehen. Auf dem Rückweg nehmen wir uns Zeit für wunderbare Beobachtungen von balzenden Küstenseeschwalben und den ersten Eisenten und Mittelsägern auf dem Meer. Die Besonderheit an dieser Stelle ist zierlich und elegant, hat lange Beine, ein graues Kleid und stelzt unstet zwischen verschiedenen Vertretern ihrer Gruppe hin und her: Es ist ein Teichwasserläufer, der sich traumhaft nah und in vielen Details von allen Gruppenteilnehmern studieren und fotografieren lässt – im direkten Vergleich zu den oberflächlich ähnlichen Arten Bruchwasserläufer und Grünschenkel.

Nach diesem grandiosen Abschied Weiterfahrt in ein Areal unglaublich weiter Strandwiesen südlich von Pärnu. Hier legen wir im Schatten eine Reetdachgebäudes und eines ausgeschlachteten Golf 1 eine erholsame Mittagspause ein. Die Zielart ist hier die Zitronenstelze, und in dem aufkommenden Flimmern der Mittagshitze finden wir nach einiger Suche tatsächlich bald das erste Männchen – zunächst noch recht weit entfernt, aber immerhin so, dass diese leicht bestimmbare Art ein zufriedenes Lächeln in das Gesicht aller Teilnehmer zaubert, doch das war noch nicht alles … Am Nachmittag Wanderung durch einen strukturreichen Mischwald mit einem hohen Anteil von Niederwald und einem Teppich aus Gelben und Weißen Buschwindröschen, Leberblümchen, Lerchensporn und Wald-Bingelkraut, der  von einem nährstoffarmen mäandrierenden Bach  durchflossen wird. Die Zielart ist hier der Dreizehenspecht. Wir finden „Ringelspuren“ dieser Art an den Bäumen, den Specht selber sehen wir nicht. Dafür singen Trauerschnäpper, Haselhühner und ein Bergfink. Bert erklärt Säugetierspuren im Schlamm des Bachbettes und erkennt sie als Marderspuren. Der Abend klingt ruhig aus – mit zeitigem Einschlafen, mit Gesprächen über Orchideen und all die anderen Dingen, die für die Teilnehmer von Belang sind.

3.5. 2016 (4. Tag) Zitronenstelzen zum Anfassen
Das frühe Treffen um 5.00 für eine Fahrt durch Teile des Sooma Nationalparkes ist optional für die Teilnehmer. Vier Teilnehmer nutzen die Gelegenheit und haben das Glück, wunderbare Beobachtungen von Schwarzspechten zu machen. Die große Besonderheit aber sind eine Auerhenne, die lange Zeit gut getarnt, aber für alle Teilnehmer perfekt sichtbar auf den äußeren Ästen einer Pappel sitzt sowie einige weitere Auerhennen, die auf den sandigen Waldwegen entlang schleichen.
Nach dem Frühstück im Hotel werden die Zelte in dem Hotel abgebrochen, das Gepäck in den Kleinbussen verstaut – es geht Richtung Pärnu, zunächst zu einer weiteren Zitronenstelzen-Beobachtungsstelle … wo das zufriedene Schmunzeln nach der Zitronenstelzenbeobachtung des Vortages schierer Begeisterung weicht, denn die Zitronenstelzen lassen sich hier so nah und ausgezeichnet beobachten,  dass Vergleiche mit Bachstelzenbeobachtungen in der Heimat aufkommen!

Die weitere Reise Richtung Haapsalu führt uns zunächst zu den viele Quadratkilometer großen Schilfflächen des Audruppolders, an dessen Rändern Wiesenflächen unter Wasser stehen. Tausende von Blässgänsen, Weißwangengänsen und Taiga-Saatgänsen bevölkern dieses Areal und lassen sich bestens beobachten. Die erste Beutelmeise wandert vor den Augen der Teilnehmer durch das Schilf-Weidendickicht.  Weißrückenspecht und Grauspecht tauchen gelegentlich aus dem die Straße begeleitenden Waldstreifen aus, in dem auch Sprosser singen. Hier findet auch unsere Mittagspause statt, und das Öffnen unserer Joghurtbecher wird genauestens beobachtet von mindestens einem Zitronenstelzenmännchen auf einer Weidenspitze nur 10 m entfernt. Schilf- und Teichrohrsänger singen, und auf den Wasserflächen entdecken wir Singschwäne, Silberreiher, Rothalstaucher sowie viele verschiedene Entenarten. Rohrdommeln rufen. Bert entdeckt und erklärt die Pfotenabdrücke eines Goldschakals, die sich in einer abgetrockneten Pfütze abzeichnen.

Das nächste Ziel sind die Kasariwiesen – Heimat für Schrei- und Schelladler. Bei der Rast  am Ufer des Flusses Kasari zeigen alle Ferngläser in den Himmel – und irgendwann ist er da, zunächst noch in weiter Ferne – der Adler mit den hängenden Handschwingen – unser erster Schreiadler! Im Laufe der Zeit lassen sich die Gefiederdetails des immer näher kommenden Greifvogels gut erkennen. Aber noch näher kommt der eigentliche Star dieser Region: Manfred entdeckt direkt über uns einen Schelladler, der so nah ist, dass man ihn auch ohne Fernglas bestimmen kann! Mehr kann man hier nicht erwarten. Gegen 19.00 erreichen wir unser direkt am Wasser gelegenes Hotel am Rande der wunderschön ursprünglichen Altstadt. Eine Abendexkursion führt uns zu einem nahegelegenen Beobachtungsturm, von dem aus sich Küstenseeschwalben ebenso gut beobachten lassen wie eine Vielzahl verschiedener Entenarten. Eine Raubseeschwalbe fliegt vorbei.

4.5.2016 (5. Tag) Zur Insel Hiuma
Frühstück im Hotel. Anschließend Fahrt in den Minibussen auf die Insel Hiuma. Während der Überfahrt gelingen gute Beobachtungen unzähliger Berg- und Eisenten, Trauerenten, Samtenten sowie Stern- und Prachttauchern. Auf Inseln, die wir mit der Fähre passieren, ruhen Ringel- und Kegelrobben, es halten sich hier Säbelschnäbler auf und eine Raubseeschwalbenkolonie liegt ganz dicht. Von Hiuma aus geht es in einem ursprünglichen Fischerboot durch die ruhigen küstennahen Gewässer auf die kleine, unbewohnte Insel Saarnaki. Schlüsselblumen und Leberblümchen zwischen Wacholderbüschen begleiten uns auf unserer Wanderung über die Insel bis zu einer ursprünglichen, kleinen Ansiedlung ehemaliger Fischer- und Bauernhäuser, die vollständig reetgedeckt und aus Holz gebaut wurden. Hier legen wir unsere Mittagspause ein mit Blick auf den Strand, das Meer, den weiten baltischen Himmel. Das Abendessen nehmen wir gegen 20.15 in unserem Hotel in Haapsalu ein.

5.5. 2016 (6. Tag) Highlight balzende Birkhähne
Sehr früh geht es morgens nach Läänemaa, um dort balzende Birkhähne zu beobachten. Auf dem Weg dorthin zeigt sich ein Auerhahn von seiner besten Seite balzend und direkt auf der Straße, zum Teil auf den Fichtenästen fast unmittelbar über unseren Autos. Für viele Teilnehmer das Highlight der Reise!
Später gelingen perfekte Beobachtungen vieler balzender Birkhähne auf den weiten Wiesenflächen am Rande des Hochmoores. Einzelne wunderschöne Goldregenpfeifer im Prachtkleid stehen auf den Ackerflächen, Braunkehlchen tauchen immer wieder auf den wegbegleitenden Hochstauden auf.
Unser Frühstück nehmen wir am Kap Pöösaspea ein. Stern- und Prachttaucher ziehen vorbei, Trupps um das Kap herumschwimmender Eisenten lassen sich sehr gut beobachten, viele Ketten dieser Meeresente umfliegen die Landzunge. Dazwischen immer wieder Trauer- und Samtenten. Fluss- und Küstenseeschwalben, die hier auf den Findlingen rasten, lassen sich bestens vergleichen.

Frank hört durchziehende Seidenschwänze. Jürgen ist ganz begeistert von den Fruchtständen der unzähligen Küchenschellen im Gegenlicht. Einige dieser Pflanzen blühen noch, und es entstehen wundervolle Fotos. Auf dem Weg nach Roosta in unseren Minibussen durch die Wälder ermöglicht uns ein Zwischenstopp ganz wunderbare Beobachtungen von Haselhühnern. Es dauert eine Weile, bis sich die Vögel in den Birkenästen finden lassen, aber dann lässt sich die ganze filigrane Schönheit ihrer Gefiedermusterung bewundern. Nicht oft hat man so gute Beobachtungen! Das Mittagessen nehmen wir in Roosta ein.

Einige Kilometer südlich davon besuchen wir einen wilden Strandabschnitt. Schon auf dem Weg dorthin balzen mindestens zwei Wendehälse um die Wette. Ein Regenbrachvogel lässt sich zwischen den im Wasser liegenden Findlingen beobachten, viele Sandregenpfeifer, einzelne Rot- und Grünschenkel sowie Dunkle Wasserläufer runden das Bild der Vogelwelt hier ebenso ab wie verschiedene Entenarten. Von den Beobachtungstürmen des Silma Naturschutzgebietes entdecken wir am Nachmittag über den weiten Schilf- und Wasserflächen jagende Seeadler. Viele Silberreiher tauchen immer wieder aus dem Schilfdickicht auf. Rohrdommeln rufen, Rohrschwirle singen. Die Wasserflächen sind bevölkert von vielen verschiedenen Entenarten, unter anderem entdecken wir hier auch Rothalstaucher. Anschließend besichtigen wir kurz das nahegelegene Gut Lyckholm. Übernachtung in Haapsalu.

6.5.2016 (7. Tag) Beim Habichtskauz im Matsalu Nationalpark
Früh morgens fahren wir im Matsalu Nationalpark in die Welt der Strandwiesen und Flachwasserbereiche bei Haeska. Von einem Beobachtungsturm aus entdecken wir (und viele finnische Ornithologen) Tausende von Nonnengänsen, die hier auf dem Durchzug in die Brutgebiete rasten.  Nahezu die gesamte Palette der Entenarten können wir hier beobachten, unter anderem auch unsere ersten Zwergsäger. Seeadler jagen. Uferschnepfen rasten im seichten Wasser, Kiebitze führen ihre Jungen, Rotschenkel und Alpenstrandläufer balzen. In dieser Kulisse nehmen wir unser Frühstück ein.

Anschließend Besuch des Schlossparks von Roude mit seinen uralten Eichen. Vom Schloss selber sind nur romantisch anmutende Ruinen übrig (für die Endszene eines Filmes „musste“ dieses Schloss niederbrennen). Leider finden wir hier keine Weißrückenspechte. Über den angrenzenden Wiesen kreisen immer wieder Seeadler und ein Schreiadler. Später erfreuen wir uns perfekter Beobachtungen von Ohrentauchern bei Haapsalu! Die Vögel zeigen sich ganz nahe und ohne Scheu. Eine besondere Beobachtung dieser immer seltener werdenden Vogelart.

Ein weiteres Highlight der Reise erwartet uns am Abend: Am Waldrand im Leidissoo Naturschutzgebiet brütet ein Habichtskauz. Mit etwas Geschick gelingt es uns, die Spektive so zu platzieren, dass jeder Teilnehmer einen guten Blick auf diese große Eule hat. Und viele sehen nicht nur den Kopf des Kauzes aus der Nestmulde herauslugen! Wir beobachten sogar das Verlassen des Nestes durch einen Altvogel und dessen Wiederkehr! Das Abendessen erfolgt wieder in Roosta.

7.5.2016 (8. Tag) Letzter Blick auf durchziehende Seetaucher und Meeresenten
Für einige Freiwillige steht vor dem Frühstück an diesem letzten Tag der Reise noch eine weitere Fahrt zum Kap Poösaspea an. Wieder begeistern uns die großen Mengen der durchziehenden Seetaucher, der Meeresenten und Seeschwalben. Auf der Rückfahrt zum Hotel präsentiert sich wunderschön neben der Straße auf einem Leitungsmast der letzte Raufussbussard dieser Reise. Pünktlicher Rückflug von Tallin ab 18.00

Reiseleiter : Bert Rähni, Christopher Schmidt
Reisebericht: Christopher Schmidt

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