Reisebericht Kenia: Bei den Naturwundern im Großen Afrikanischen Grabenbruch unterwegs

Reisebericht Kenia: Bei den Naturwundern im Großen Afrikanischen Grabenbruch unterwegs

Reisebericht über die Reise nach Kenia 13. bis 27. September 2017

13. September 2107 (Mittwoch): Ankunft in Kenia
Unsere Anreise nach Nairobi von Dresden über Frankfurt bzw. von Zürich über Paris verläuft reibungslos, sieht man von einem wegen Sturm gestrichenen Flug von Zürich nach Amsterdam ab, der uns am Vorabend zu einer kurzfristen Umbuchung über Paris veranlasste. Nach knapp acht Stunden Flugzeit erreichen die Maschinen planmäßig zwischen 20.00 und 21.00 Uhr die kenianische Hauptstadt. Die Einreise-Abfertigung verlief freundlich sowie schnell und nahm keine 20 Minuten in Anspruch (auch weil alle Gäste über ein online-Visum verfügten). Das Reisegepäck stand bereits vollzählig bereits auf dem Gepäckband bereit. Joseph, unser Birdguide, Enock, unser Fahrer und Ronald, unser kenianischer Mitarbeiter, warteten ebenfalls schon und so konnten wir rasch zur Übernachtung ins Hotel am Stadtrand von Nairobi fahren.

14. September: Im Mount Kenia-Schutzgebiet Bekanntschaft mit afrikanischen Bergvögeln
Nach dem Frühstück checken wir aus und starten gegen 8.00 Uhr unsere Fahrt über ca. 170 km zum Mount Kenia National-Reserve. Wir brauchen eine Weile, ehe wir das geschäftige Nairobi (1.600 mNN) hinter uns gelassen haben, doch dann geht es zügig Richtung Norden. Die Bebauung der Stadt weicht bald der Feldflur: Kaffee, Tee, Gemüse, Reis und Eukalyptus-Plantagen … ganz und gar nicht so, wie man sich Afrika vorstellt. Wir stoppen inmitten von Reisfeldern an einem kleinen Feuchtgebiet. Hier machen wir Bekanntschaft mit einigen Arten, die wir dann in den Bergen am Mount Kenia nicht erwarten können, so z.B. dem Dreibandregenpfeifer (Three-banded Plover), Kiebitzen und einigen anderen Wasservögeln.

Gegen Mittag erreichen wir das Haupttor vom Schutzgebiet und kurz danach die auf 2.060 mNN gelegene „Castle Forest Logde“, in der wir für die nächsten zwei Tage Quartier beziehen. Das Wetter ist kühl, nur 12°C, bedeckt und neblig, aber ruhig. Auf der Zufahrt zur Logde stoppen wir am Thiba-Fluss und entdecken den Riesenfischer (Giant Kingfisher. Dann checken wir ein und unser Mittagessen wartet. Beim Essen schon auf der Terrasse hören und sehen wir immer wieder die hübschen Seidenturakos (Hartlaub‘s Turaco) und die großen Silberwangenhornvögel (Silvery-cheecked Hornbill). Dann schließen wir Bekanntschaft mit unserem Birdguide Hudson, einem lokalen Ornithologen, der sich hier im Bergregenwald bestens auskennt. Unsere Nachmittagstour zu Fuß ist effektiv und bringt einen guten Überblick über die Vogelwelt zu Füßen des Mount Kenia. Zum Vogel des Tages erklären wir auf jeden Fall den wunderbar gefärbten Seidenturako, für den jetzt die Brutzeit beginnt und der voll in Balzstimmung ist. Aus den alten Baumriesen sind seine markanten Rufe zu hören, dann leuchten die roten Flügel im Grün der Bäume. Einen echten ersten Endemiten können wir auch entdecken, den Graunackenschwärzling (Gray-haeded Negrofinch). Mit ihm schließen wir den Tag ab. Abendessen und erster Eintrag in die Vogelliste folgen. In den kleinen, aber zweckmäßigen Bandas wird der Kamin geheizt, wohlige Wärme breitet sich aus und lässt das Einschlafen noch angenehmer werden.

15. September: Begegnung mit einem der seltensten Vögel Kenias – Erlebnis Olivibis
Der Morgen auf 2.060 mNN startet wieder kühl, aber klar und sonnig. Es bietet sich ein schöner Blick auf das Mount Kenia Massiv (5.000 mNN). Wir nutzen die ersten beiden Stunden nach Sonnenaufgang für Birding um die Logde, denn hier erwartet uns eine Spezialität in der Vogelwelt dieser Region. In dieser Jahreszeit jeden Morgen gegen 7.30 Uhr fliegen die seltenen (endemischen) Olivibis (Oliv Ibis) ihr Revier ab und landen immer für wenige Minuten auf den abgestorbenen Baumriesen an der Logde, meint unser Birguide … Und das passiert tatsächlich so, auf heute! Zuerst hören wir die auffälligen, an den auch hier anwesenden Hagedasch (Hadada Ibis) erinnernden Stimmen. Dann kommen vier Individuen dieser äußerst seltenen und sehr scheuen, Nacht aktiven (!) Vogelart und landen auf einem solitären Ast. Die markante Federhaube, ein Artmerkmal, ist gut zu erkennen. Nach 10-15 Minuten fliegen die Vögel weiter und verschwinden im Blätterdach des Regenwaldes. Ein tolles Erlebnis, das es auf unserer Tour nur hier gibt. Nach dem Frühstück geht es zu Fuß leicht bergauf in Richtung Mt. Kenia Massiv. Wir entdecken weitere bemerkenswerte und seltene Arten der Gegend wie Rotstirnwürger (Doherty‘s Bushshrik).

Nachmittags sind wir nach unten bis zum Thiab-Fluss (Quelle des Tana, des größten Flusses Kenias), unterwegs. Mindestens 30 weitere neue Arten tragen wir am Abend, nach einem leckeren Dinner, in die Vogelliste ein. Und wieder wartet der lodernde Kamin im Zimmer … und läutet die Nachtruhe ein.

16. September 2017: Abschied vom Mount Kenia- Reserve
Vor dem Frühstück unternehmen wir nochmals eine Beobachtungstour um die Logde. Erneut können wir vier Individuen vom seltenen Olivibis (Olive Ibis) sehen. Die Vögel fliegen wieder im Revier und landen auf den großen Bäumen, wo eine kurze Balz stattfindet. Neu entdecken wir einen weiteren Vertreter aus der Rötelfamilie, Kaprötel (Cap Robinchat), der sich bisher nicht gezeigt hatte. Nach dem Frühstück checken wir aus, beladen unser Fahrzeug und starten unsere Weiterreise. Bevor wir das Reservat verlassen, entdecken wir auf dem Weg am Fluss noch die nicht häufige Langschwanzstelze (Mountain Wagtail). Dann fahren wir rasch weiter Richtung Norden und erreichen bald eine trockene Savannen-Ebene vor den Abadere-Bergen. In diesem privaten Schutzgebiet lassen sich erste Großsäuger wie Elen- und Oryxantilopen, Zebras als auch eine Gruppe Breitmaulnashörner entdecken. Auch die Vogelwelt wartet mit den ersten Vertretern der afrikanischen Savanne auf, mit denen wir uns aber erst in den nächsten Tagen beschäftigen wollen. Unsere heutige Tagesetappe ist mit ca. 160 km recht kurz. Da die Straßen aber zum Teil unbefestigt sind, brauchen wir doch etwas mehr als vier Stunden, bis wir in Nyahururu an der „Thomson Fall Logde“ (2.350 mNN) eintreffen. Nach dem check in wartet ein spätes Mittagessen und danach wollen wir im Grenzgebiet der Besiedlung zur Agrarlandschaft einige typische Vogelarten suchen. Nach einem kräftigen Gewitter trocknet es wieder ab und wir können die letzten beiden Stunden Tageslicht nutzen. In Getreidefeldern balzen wie erhofft Schildweber (Red-collared Widowbird). Auch Leierschwanzweber (Jackson Widowbird) sind bei ihren typischen Balzflügen von Halm zu Halm zu sehen. Wir suchen aber nach einem ganz speziellen Nekatarvogel und haben Glück. Der Goldflügel-Nektarvogel (Golden-wingend Sunbird), der nur in den Bergen ab 1500m NN vorkommt, lässt sich gut beobachten. Am Fluss am Abend sehen wir noch einen Mohrenhabicht (Black Sparrowhawk) auf der Jagd. Zum Abschluss des Tages erregt eine (solitäre) Senegalschwalbe (Mosque Swallow) unsere Aufmerksamkeit, weil der Vogel in Größe und Flugbild eher an einen kleinen Greifvogel statt an eine Schwalbe erinnert, zumal ständig im Baum landend. Zurück geht es im letzten Tageslicht zum Hotel, wo das Abendessen wartet. Auch hier vertreiben die lodernden Kaminfeuer in den Hotelzimmern die Kühle der afrikanischen Berg-Nächte.

17. September: Vom Mt. Kenia-Hochplateau hinein in den Großen Afrikanischen Grabenbruch
Mit einem kurzen Blick auf den 74 Meter hohen Thomson-Wasserfall direkt vor der Logde verlassen wir gegen 7.45 Uhr die ca. 150.000 Einwohner zählende Stadt Nyahururu und fahren hinein in den Großen Afrikanischen Grabenbruch zum Lake Baringo, unserem nächsten Etappenziel. Kurz hinter der noch auf dem Hochplateau vom Mt. Kenia-Massiv liegenden Stadt öffnet sich ein grandioser Blick hinein in den Großen Afrikanischen Grabenbruch, der sich über 6.000 km von Israel bis nach Mozambique zieht. Am Subukia-Aussichtspunkt bei 2.550m NN stoppen wir kurz um das vor uns liegende Panorama zu genießen. Schnell erreichen wir die Stadt Nakuru, schon nur noch auf 1.900 mNN, und dann den Äquator. Aber hier ändert sich das Landschaftsbild drastisch. Die Wälder und Agrarlandschaften der Berge weichen einer mehr und mehr savannenartigen Landschaft, die nach Regen aber frisch und grün wirkt. Wir stoppen an Wasserstellen für Rinder, die auch für die Vogelwelt interessant sind. Arten wie Nimmersatt (Yellow-bellied Stork) und Goliatreiher (Goliat Heron) können wir hier entdecken ebenso wie Goldkuckuck (Diederik Cuckoo) und Weißflankenschnäpper (Chin-spot Batis). Unsere Tagesetappe, ebenfalls wieder nur rund 150 km lang, führt uns weiter hinunter ins Rift Valley und bald liegt unser Ziel, der Lake Baringo, vor uns in der Ebene. Gegen 12.30 Uhr erreichen wir die Logde (990 mNN) in der Nähe vom See und beziehen unsere Zimmer. Ab jetzt ist das Wetter so, wie es die afrikanische Savanne verspricht: Warm und trocken statt kühl und feucht in der Mt. Kenia-Region. Beim Einzug in die Logde begrüßt uns schon ein seltener Vertreter der Hornvögel, der hier mit zu unseren Zielvogelarten zählt: Hemprichtoko (Hemprichs Hornbill).

Nach dem Mittag unternehmen wir einen ersten Beobachtungsgang im westlichen Uferbereich des
Lake Baringo, einem Süßwassersee. Unser Guide Joseph, der hier zu Hause ist, beweist sein Können und zeigt und nacheinander drei Eulenarten. Ein Paar Afrika-Zwergohreulen (African Scops-owl) finden wir auf einem Campingplatz am See. Die beiden anderen Arten, jeweils auch paarweise, haben in der schier endlosen Savanne in Akazienbäumen, die für uns an jeder Stelle gleich aussehen, ihren Tagesrastplatz bezogen haben. Nordbüscheleule (Northern-faced Scops-owl) und Grauuhu (Greyish Eagle-owl) auf Anhieb am Tagesratsplatz zu finden, werden zu einem Erlebnis. Außerdem entdecken wir in der Akaziensavanne am See noch versteckt lebende und ohne Kenntnis lokaler Gegebenheiten schwer zu findende Arten wie Heuglin-Rennvogel (Heuglins’s Courser), Kaptriel (Spotted Thick-knee) und Kurzschleppen-Nachtschwalbe (Slender-tailed Nightjar). Zum Höhepunkt des Nachmittags, der um die 40 neue Arten von Lannerfalke (Lannerfalcon) bis zum Blassuhu (Verreaux‘s Eagle-owl) bereithält, wird aber der große, leider durch Lebensraumschwund sehr selten gewordene Helmstar (Bristle-crowned Starling), von dem eine Gruppe von bis zu neun Individuen gut beobachtet und fotografiert werden kann. Nach Sonnenuntergang erst erreichen wir die Logde. Nach dem Abendessen warten die Betten nach einem langen Tag. Ein heftiges Tropengewitter mit Regen ist unsere heutige Einschlafmusik.

18. September (Montag): Mit dem Boot auf dem Lake Baringo
Für den heutigen Morgen ist ein nächster Höhepunkt vorbereitet. Nach einem zeitigen Frühstück wartet ein kleines Motorboot auf uns und wir befahren für die nächsten drei Stunden die Uferbereiche am Westufer des Sees, deren Ufervegetation infolge eines enormen Anstieges des Wasserspiegels unter Wasser stehen. Zwischen den abgestorbenen Baumriesen sind einige Nilpferde unterwegs, denen wir fernbleiben müssen, da sie aggressiv ihre Jungen verteidigen. Das Leben in den dürren Ästen oben im „schwimmenden Wald“ wird geprägt vom Madagaskarspint (Madagascar Bee-eater), die offenbar eben zum Überwintern am Lake Baringo eingetroffen sind, sowie andererseits unten von typischen afrikanischen Wasservögel, wobei wir den allgemein häufigen Hammerkopf (Hamerkop) hier immer wieder aus nur wenigen Metern Entfernung beim Bau seiner riesigen Nester zuschauen können. Unsere Aufmerksamkeit erregen aber verschiedene Webervogelarten, unter denen auch sehr seltene, mit nur winzigen Verbreitungsgebieten bzw. „near endemic“, zu finden sind. Nahe an einer großen Dorfweber-Kolonie (Village-Weaver) finden sich einige Brutpaare vom Goldmantelweber (Northern-masked Waever), der nur hier am See zu finden ist, sowie auch Jacksonweber (Golden-backed Weaver). In einer anderen gemischten Kolonie balzen zwei oder drei Brutpaare vom nicht häufigen Weißstirn-Weber (Groesbeak Waever), der wegen seines gewaltigen Schnabels eher an einen Kernbeißer als an einen Webervogel erinnert. Zu den besonderen Vogelarten des Tages dürfen wir den Papageischnabelsperling (Parrot-billed Sparrow) zählen, von dem ein Paar eine alte Spechthöhle in einem im Wasser stehenden abgestorbenen Baum einen Nistplatz bezogen hat. Zum Abschluss unserer Vormittagstour umrunden wir noch die Barandok-Insel im See. Einem Brutpaar Schreiseeadler (African Fish-eagle) der „Stimme Afrikas“, wirft unser Bootsführer zwei Fische ins Wasser, die die Vögel auch sofort aufnehmen. Unsere Gäste freuen sich über ein paar schöne Bilder „erfolgreich jagender Fischadler“ …, wovon einer auch noch einen kenianischen Farb-Kennring „AP“ am Bein trägt. An einigen Blüten am Rande der Insel entdecken wir noch einen nicht alltäglichen Nektarvogel, den Violettmantel-Nektarvogel (Eastern Voilet-backed Sunbird).

Mit einem atemberaubenden Blick auf die bis zu 2.100m hohen Tugenhills, die den Westrand des Großen Afrikanischen Grabenbruchs markieren, fahren wir zurück ans Ufer und beenden einen wunderbaren Vormittag auf diesem schönen See. Vor dem Mittag entdecken wir dann noch eine weitere Eulenart, ein Paar von Perlzwergkauz (Pearl-spotted Owlett), einem Sperlingskauz-Verwandten. Dann begleiten wir noch einen unseren Reisegäste aus der Schweiz zu einem Umweltbildungsprojekt für Kinder hier am See, das mit Spendengeldern eines Schweizer Vogelschutzvereins aufgebaut wurde. Michaela, die wesentlich in dieses Projekt involviert ist und in der Schweiz die Koordination mit überhat, freut sich darüber, dass die mehr als 25.000 SFR an Spendengeldern offenbar schon gut angelegt worden sind.

Am Abend sind wir die einzigen Kunden in der Camping-Bar „Zur durstigen Ziege“ direkt am Seeufer und warten hier, bei einem recht guten kenianischen Tusker-Bier, auf die Nilpferde, die normalerweise mit Einbruch der Dunkelheit am Abend zu fressen hier auf die Wiese kommen. Stattdessen überrascht uns ein heftiges Tropengewitter, bei dem es wohl sogar die Hippos vorziehen, im Wasser zu bleiben. Später fahren wir zurück in die Logde und sinken nach dem Abendessen, bei den anhaltenden Rufen vom Blassuhu, der in den Bäumen unmittelbar an unseren Bungalows Quartier bezogen hat, in den Schlaf.

19. September (Dienstag): Ein See in Rosa – Naturwunder Zwergflamingos am Lake Bogoria
Nach dem wieder zeitigen Frühstück um 6.00 Uhr checken wir aus und fahren zu einem weiteren See in der Umgebung, der den nächsten vogelkundlichen Höhepunkt auf unserer Reise bereithält. Die rund 40 Kilometer Fahrstrecke unterbrechen wir auf halber Strecke an einem Maisfeld, wo wir den nicht häufigen Feuerweber (Northern Red Bishop) suchen wollen. Es dauert auch nur wenige Minuten, dann entdecken wir die leuchtend rot-schwarzen Männchen bei ihren fast senkrecht vorgetragenen Balzflügen. Um 8.00 Uhr treffen wir am Lake Bogoria ein. Während unser Birdguide die Eintrittsformalitäten für das Reservat erledigt, dürfen wir uns am Rande des Parkplatzes auf eine ebenfalls ganz besondere Vogelart freuen: Im alten Bäumen ist eine Gruppe vom seltenen Steppenbaumhopf (Violet Wood-hoopoe) aktiv und nicht zu überhören. Ein Paar dieser schönen Vögel hat sogar Junge und füttert diese, wovon Birgit schöne Fotos gelingen.

Einige Minuten später erwartet uns ein grandioses Naturschauspiel, welches die meisten Reisegäste zwar schon im Film im Fernsehen gesehen hatten, aber noch nie „live und in Farbe“: Zwergflamingos (Lesser Flamingo) sind hier auf Nahrungssuche sowie zur Balz und Paarbildung, bevor die Vögel ab Mitte Oktober auf dem Lake Natron in der Grenzregion Kenia/Tansania ihre Bruten beginnen. Am Südufer können wir aus nur Hundert Meter Entfernung die Balzläufe der in dieser Jahreszeit rosarot gefärbten Vögel zuschauen. Ein weiter Blick auf die Seeufer lässt diese ebenfalls in „rosarot“ tauchen. Ein unglaubliches Farbenspiel, wie es die Natur nur hier in Ostafrika bietet. Ohne Übung und System ist die Anzahl der Vögel auf dem 34 qkm großen See unzählbar, aber die Verwaltung des Naturrservates erledigt diesen Job alle zwei Wochen. Und so erfahren wir, dass bei der letzten Zählung vor wenigen Tagen 1,5 Millionen Zwergflamingos – 2/3 der Weltpopulation – hier gezählt wurden, die sicher auch heute noch anwesend sind. Wir können uns kaum satt sehen an diesem Farben-Schauspiel, umso mehr sind wir entsetzt, als wir zwei wildernde Haushunde beobachten müssen, die diese Vögel im flachen Wasser töten und am Ufer fressen. Fressen und gefressen werden, das ist der Lauf der Natur in der Natur, zu der verwilderte Haushunde aber eigentlich nicht zählen.

Bis zu 350 Vogelarten werden in der Umgebung dieses Sees nachgewiesen, wie wir im Info-Zentrum des Schutzgebietes lesen können. Allerdings ist die Hitze an diesem Tag so groß, so dass sogar unser zuverlässiger Toyota-Safaribus schlappt macht und des Mechanikers Hand benötigt. Mit letzter Kraft schleppen wir uns mittags mit dem defekten Auto in das nächste Dorf. Während wir uns im Spa Hotel Bogoria am üppigen Mittagsbuffet laben und im Hotelgarten birden, erledigen Enock und Jospeh die „Drecksarbeit“ und lassen das Auto reparieren. Und so können wir gegen 15.00 Uhr weiterfahren nach Naivasha, wo wir auf dem Weg in die Masai Mara eine Zwischenübernachtung einlegen müssen. Die 180 km vom See der Zwergflamingos schaffen wir in 3,5 Stunden. Pünktlich zum Abendessen checken wir im „Fish Eagle In“-Hotel am Navaisha-See ein. Die „Stimme Afrikas“ begleitet uns.

20. September: Auf dem Weg in die Weiten der Masai Mara
Pünktlich um 7.30 Uhr verlassen wir Naivasha und beeilen uns, aus dem dichten Verkehr der quirligen afrikanischen Großstadt zu kommen. Die Hauptstraße Richtung Narok ist voller Verkehr und wir brauchen schon bis nach Mittag, um die Region der Masai Mara zu erreichen. Die letzten 70 Kilometer müssen aber auf unbefestigter Sandpiste zurückgelegt werden, was eine sehr staubige Angelegenheit ist. Unterwegs lenkt uns aber wenigstens eine interessante Vogelart, der endemische Hildebrandt-Glanzstar (Hildebrandt’s Starling) ab. Im luxuriösen Oleshoki-Camp, wo wir für eine Nacht Quartier in riesigen self-containd Zelten, die Luxus-Hotelzimmer-Ambiente bieten, logieren, begrüßen uns die jungen Masai sogar in deutscher Sprache. Wir checken ein, das späte Mittagessen auf der Terrasse am Fluss ist bereits serviert.

Den Nachmittag bis zur Dunkelheit verbringen wir auf einer ersten Safari im nördlichen Bereich der Masai Mara. Alles ist frisch grün, und auch die Gnus sind schon da. Immer größer werden die Herden, auch viele Zebras, Kaffernbüffel, Antilopen, Giraffen und schließlich auch Elefanten lassen für die nächsten Tage ein „volles Programm“ erwarten. Zwischen den großen Huftieren entdeckend wir rastende Wermuthregenpfeifer (Caspian Plover). Und auch einige typische Steppenvogelarten wie können wir noch gut beobachten. In der Dunkelheit erreichen wir das Camp am Fluss. Im Licht der Scheinwerfer können wir die reflektierenden Augen umherschleichender Tüpfelhyänen wahrnehmen. In den Baumriesen am Camp rufen die Baumschliefer. Alle genießen das Abendessen in dieser tollen Atmosphäre und die erste Nacht in der Masai Mara.

21. September: Große Tiere im „Großen Grasland“
Um 7.00 Uhr sitzen wir schon wieder im Toyota-Bus und beginnen unsere Safari in das weite Grasland. Wir müssen gar nicht weit fahren, da erleben wir den ersten Höhenpunkt des Tages. Fünf adulte Geparden, vielleicht ein Weibchen mit ihren großen Jungen, fressen an einer frisch erlegten Antilope, und das völlig ohne Scheu direkt vor unseren Augen, 10 Meter entfernt. Wir hören die Fresslaute und schauen dieser eleganten Großkatzenart eine Weile bei ihrer Mahlzeit zu. Wir wissen jetzt noch nicht, dass das erst der Anfang war! Immer weiter führt unsere Fahrt Richtung Süden. Und immer größer werden die Herden der Huftiere. Es müssen Zehntrausende Gnus sein, die um uns herum sind, die uns immer wieder geduldig Platz machen. Man darf im Schutzgebiet niemals das Auto verlassen, und das hat seinen guten Grund, denn nun tauchen auch die ersten Löwen auf. Zuerst zwei junge Männchen, die mehr mit sich selber beschäftigt sind. Dann bekommt unserer Fahrer ein Signal und dreht den Wagen ab Richtung Flüsschen, welches sich durch die Senke vor uns zieht. Wir entdecken bald den Grund: auf einem alten Baum mit waagerechten Ästen schläft friedlich ein Leopard. Die Tiere wissen, dass ihnen keinerlei Gefahr von den Safari-Fahrzeugen droht und lassen die Annäherung bis auf wenige Meter zu. Weiter geht es … und wieder sind es Löwen, deren tote Beute, ein halber Kaffernbüffel, wir zuerst riechen. Zwei junge Männchen fressen sich satt …

Mittags fahren wir zurück zum Camp, checken aus und ziehen einige Kilometer um ein anderes Camp, in das Mara Base Camp. Auch hier warten große self-contained Zelte auf uns, die aber etwas bescheidener daherkommen als die Anlage am Vortrag. Gegen 16.00 Uhr starten wir schon wieder zur nächsten Safarifahrt ins Schutzgebiet und wieder sind es die Löwen, die unsere Aufmerksamkeit erregen. Jetzt aber sind es Weibchen mit ihren Jungen, alle wohl genährt, die wir aus wenige Metern beim Nachmittagsschlaf beobachten können. Was für ein toller Anblick!

Beim Anbruch der afrikanischen Nacht erreichen wir unser Camp. Das Abendessen wird serviert und am benachbarten Lagerfeuer musizieren junge Masai und führen ihre Hüpftänze auf. Die ungewöhnlich eindringliche, sehr eintönige Musik begleitet uns auch in die Zeltnacht. Nicht ohne Grund wacht vor jedem Zelt die ganze Nacht ein Masai-Krieger über den Schlaf der weißen Gäste aus Europa, denn Tüpfelhyänen sind ganz nah und schleichen hinter den Zelten lang … Es riecht nach Aas, wenn der Wind sich dreht …

22. September: Unterwegs am Mara-Fluss und im Niemandsland zum Nachbarland
Mit dem Hellwerden birden die ersten Unentwegten bereits im Camp-Gelände. Einige neue Vogelarten werden entdeckt. Dann ein zeitiges Frühstück, und um 7.15 Uhr heißt es Aufstieg auf das offene Safari-Fahrzeug und Start in den Morgen. Dieser ist erneut kühl, denn die Hochebene liegt auf ca. 1.600 mNN. Es braucht eine Jacke, der Fahrtwind ist eisig. Tüpfelhyänen (mit Sendehalsband) kreuzen unseren Weg und deuten auf ein ordentliches Management in diesem wichtigen Schutzgebiet hin. Heute beeilen wir uns und machen uns sofort auf den etwa 50 Kilometer langen Weg quer durch das Große Grasland zum Mara-Fluss, wo wir hoffentlich die Überquerung der Gnus noch erleben können, auch wenn es um uns herum nur so von Gnu-Herden wimmelt. Wieder Löwen, einzelnen Männchen, mehrmals, dann erneut zwei Weibchen mit neun Jungen! Man kann sehen, dass auch die großen Fleischfresser von den Huftierherden profitieren, denn alle Tiere stehen bestens im Futter, meist liegt noch die Beute der Nacht halb aufgefressen daneben. Die Geier warten schon.

Gegen Mittag treffen wir am Mara-Fluss ein. Auf der anderen Seite sehen wir eine Gnu-Herde, die sich zur Überquerung bereit macht. Aber dann, die Tiere drehen wieder ab. Nur eine kleine Gruppe gleitet das recht steile Ufer hinunter. Dann zögern die Alttiere, den sie wissen offenbar aus ihrer Erfahrung, was ihnen droht. Doch dann springen die ersten beherzt in das braune Wasser … Und schon beginnt das Schauspiel: riesige Nilkrokodile tauchen plötzlich aus den Fluten auf und versuchen, Beute zu machen. Aber in diesem Moment sind sie erfolglos. Die Gnus erreichen das Ufer. Andere Tiere drehen wieder ab und laufen zurück in die Steppe. Wir warten eine Weile, aber die Situation ist wie sie ist. Ganz offensichtlich fand die Massenüberquerung in diesem Jahr bereits einige Zeit vor unserer Ankunft statt. Das ist Natur! Man kann das Schauspiel, wann genau die riesigen Herden aus der Serengeti kommend den Fluss erreichen, einfach nicht voraussagen. Das Erlebnis der gossen Huftiere in diesem Schutzgebiet ist dennoch so eindrucksvoll und so nachhaltig, dass es, wer es einmal erlebt hat, unvergesslich bleibt! Nächstes Jahr versuchen wir, etwas früher zu kommen.

Am Nachmittag erreichen wir auf der Rückfahrt das Grenzgebiet zu Tansania. Im Hintergrund sehen wir die Berge der Serengeti, die vielleicht weniger als 60 Kilometer vor uns liegt. Am Grenzstein im „Niemandsland“ machen wir ein Erinnerungsfoto. Die heiße Sonne des Tages weicht bereits der Kühle des Hochlandes. Wir fahren zurück ins Camp, wieder vorbei an endlosen Gnu-, Zebra- und Kaffernbüffelherden. Es müssen wieder viele Tausende sein.

Im Dunkeln erreichen wir uns Camp. Wir hatten uns am Morgen über den anhaltenden Aasgeruch hinter einem unserer Zelte „beschwert“ und gebeten, die Ursache zu untersuchen. Freudig berichtet man uns, dass man eine tote Kuh gefunden und beräumt habe. Auch die Hyänen hätten sich damit erledigt …

23. September: Abschied von der Tier- und Vogelwelt Kenias
In der Vogelliste gestern Abend sind rund 80 Vogelarten eingetragen worden, die wir hier an diesen Tagen gesehen haben. Auf eine Aufzählung wird verzichtet, da in Kürze diesem Reisebericht noch die vollständige Vogelliste beigefügt werden soll. Nach dem Frühstück checken wir aus. Wir müssen wieder die ca. 70 Kilometer Staubpiste zurück bis an die Hauptstraße fahren, was Zeit benötigt. Unser Weg führt uns dann weiter durch das Kenianische Hochland vorbei an endlosen Teeplantagen und Farmland bis in die Stadt Kisumo. Unterwegs können wir noch einige neue Vogelarten wie Bergammer (Cinnamon-breasted Bunting), Weißstrichel-Schwatzhäherling (Arrow-marked Babbler) und Safranweber (Holob’s Golden Waever) entdecken.

Kurz bevor wie die Stadt am Viktoriasee erreichen, stoppen wir an ausgedehnten Reisfeldern. Hier können wir eine afrikanische Massenvogelart erleben, die zu bestimmten Zeiten und an bestimmten Stellen in der Steppe in Millionen-Schwärmen auftritt: Blutschnabelweber (Red-bellied Quelea). Heute sind es zwar nur einige Tausend, aber auch das ist beeindruckend genug. Auch die schönen rot-schwarzen Oryxweber (Southern Red Bishop) sind hier aktiv. Und wo so viele Kleinvögel sind, da jagt natürlich auch der Afrikanischer Baumfalke (African Hoby). Wir checken in ein schönes Stadthotel, genießen unser Abendessen und die letzte afrikanische Nacht.

24. September (Sonntag): Bootsfahrt auf dem Viktoriasee und Abreise
Unser letzter Tag in Kenia beginnt mit einer Bootsfahrt auf dem Viktoriasee, entlang des Ufers nahe der Stadt. Hier kann man (fast) alle Umweltprobleme Afrikas auf einmal erleben: Wasserverschmutzung, illegale Landnutzung, Uferrodung und Plastikmüll von der wachsenden Bevölkerung. Dass man in Kenia 2017 – von einem Tag auf den anderen – Plastiktüten bei Androhung drakonischer Strafen verboten hat, ist gerade für diesen Kontinent „lebenswichtig“ und eigentlich nur konsequent. Bleibt zu hoffen, dass auch die Umsetzung den notwendigen Nachdruck erhält!
Im Uferbereich entdecken wir noch einige typische Vogelarten der Papyrussümpfe Afrikas wie Sumpfschnäpper (Swamp Flyccatcher) und Papyrusrohrsänger (Greater Swamp Warbler, ein Zwergsperber (Little Sparrowhawk) jagt im Uferbereich auf Kleinvögel.

Kurz vor Mittag sind wir zurück im Hotel, duschen und schon geht es ab zum Regionalflughafen von Kisumo, wo am frühen Nachmittag die Maschinen der Air Kenia und der Fly54 nach Nairobi warten.
Die Gäste mit Air Kenia reisen pünktlich ab und übernachten nochmals in Nairobi, da ihr Flug nach Amsterdam erst am 25. September morgens startet. Der Reiseleiter hat jedoch Pech. Der Flug mit Fly54 am Nachmittag wurde ersatzlos gestrichen … wie das Billigairlines einfach so machen, wenn die Auslastung zu gering ist. Mit Mühe kann das allerletzte Wartelisten-Ticket bei Jumbojet, einer anderen afrikanischen Regionalairline, auf ihrem letzten Abendflug ergattert werden, so dass der spät abendliche Lufthansa-Weiterflug von Nairobi nach Frankfurt dann auch noch knapp erreicht werden konnte.

Fazit: Eine eindrucksvolle Rundreise vom Mount Kenia durch den Großen Afrikanischen Grabenbruch, zu den Steppensee Lake Baringo, zum Naturwunder der Balz von über 1 Million Zwergflamingos am Lake Bogoria und weiter in die Masai Mara zum nächsten Naturwunder Ostafrikas, der Migration Hundertaussender Gnus und anderer Huftiere. Mehr als 350 Vogelarten, darunter äußerst seltene und auch endemische wie Olivibis (Olive Ibis) konnten gut beobachtet werden. Unser Birdguide Jospeh hat erneut auch auf dieser Tour seine umfangreichen Kenntnisse der lokalen Avifauna bewiesen.

Hartmut Meyer

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