Während sich der normale Vogelfreund darüber freut, dass neben Meisen und Spatzen vielleicht sogar Kleiber, Buch- und Bergfink sowie das Rotkehlchen und möglicherweise auch der Star als Besonderheiten am winterlichen Futterhaus im Garten auftauchen, hat einer unserer Vereinsfreunde im Erzgebirge weitaus spannendere Gäste, mit denen er sich auch im Rahmen eines wissenschaftlichen Farbberingungsprogrammes der Vogelwarte Hiddensee beschäftigt.
Thomas Barthel aus Annaberg-Buchholz, bekannter Ornithologe und ehrenamtlicher Mitarbeiter an der wiss. Vogelberingung, bemüht sich seit über 10 Jahren recht intensiv um den Tannenhäher (Spotted Nutcracker, Nucifraga caryocatactes), einem heimlichen und versteckt lebenden Brutvogel im Erzgebirge. Über die Brutbiologie dieser schwierigen und nur sporadisch verbreiteten Art insbesondere in den Mittelgebirgen ist nach wie vor wenig sehr bekannt. Nester werden äußerst selten und eher zufällig gefunden, und genauere brutbiologische Daten gelten nach wie vor als Ausnahme. Und so fehlen auch insbesondere Freilanddaten zur Aufzucht der Jungvögel ebenso wie solche zu deren Verbreitung in Raum und Zeit.
Mittlerweile hat sich Thomas Barthel zu einem Artspezialisten für den Tannenhäher entwickelt, der nicht nur im Winter Altvögel an seiner speziellen, mit Erdnüssen bestückten Fütterung fängt und markiert, sondern sogar frisch flügge Jungvögel zur Brutzeit. Die von ihm individuell markierten Vögel werden auch von anderen Ornithologen abgelesen, was interessante Bausteine zum Auftreten und zur Biologie liefert.
Die beiden Vögel (Startbild) auf der Futterschale zum Beispiel wurden vor wenigen Tagen, am 8. Februar 2021 fotografiert. Es handelt sich um das Männchen (rechts, A 4) und das Weibchen (links, A 6) eines seit Jahren bekannten Brutpaares. Im Juni 2019 führte dieses sogar seine eben flüggen Jungen an die Fütterung heran und so konnte auch einer von zweien (Foto vom 17.06.2019, rechts) markiert werden.
Mittlerweile hat Thomas Barthel 62 Tannenhäher individuell gekennzeichnet. Insbesondere die Wiederablesungen können wichtige und neue Fakten zum Verhalten (z.B. Paarbildung) und zum Auftreten der Art liefern. Daher sind die Feldornithologen und alle Naturfreunde aufgerufen, insbesondere auf farbberingte Tannenhäher zu achten. Die Farbringen lassen sich gerade in dieser Jahreszeit an Fütterungen, wo die Art nicht ganz so scheu ist, recht gut ablesen. Man darf sicher gespannt sein, welche interessanten und neuen Fakten die intensive Beschäftigung mit dieser Art zukünftig noch erbringen wird.
Einen kurzen Überblick anhand von wenigen Einzelbeispielen liefert Thomas Barthel in einer „Kurzen Mitteilung/Ringfundmitteilung“ im eben erschienenen Heft 2, 2020/Bd. 12 der „Mitteilungen des Vereins Sächsischer Ornithologen e.V.“, die unten als pdf angefügt ist.
Hartmut Meyer