“Kuckuckskinder” und Buschrohrsänger im Knöterich – ertaunliche Neuigkeiten aus unserer Vogelwelt

“Kuckuckskinder” und Buschrohrsänger im Knöterich – ertaunliche Neuigkeiten aus unserer Vogelwelt

Wer von uns hat sich nicht schon über den Staudenknöterich (Fallopia spp.), einer aus Südostasien eingeschleppten Pflanze (Neophyt) geärgert, der jegliche Bach- und Flussufer zuwuchert und sich sogar in die Fläche ausbreitet? Bei den Wasservogelzählungen z.B. verdeckt die wuchernde Pflanze die Sicht auf die Wasservögel, was die Zählungen erheblich erschwert. Gleichzeitig stellte man aber auch fest, dass die Knöterich-Bestände den Wasservögeln Schutz bieten gegen das zunehmende Begängnis von Spaziergängern mit Hunden. Und zur Brutzeit wunderte man sich eine Weile über Mönchsgrasmücke, Amsel, Goldammer, Neuntöter und Sumpfrohrsänger, deren Gesänge regelmäßig an solchen Standorten zu hören waren, obwohl es dort vermeintlich gar keine geeigneten Brutmöglichkeiten gab!

Junger Kuckuck im Nest des Teichrohrsängers im Juni 2020, aber hier neu im Knöterich. Man beachte die Nestbauweise. Foto: Jens Hering

Unser Vereinsfreund und VSO-Vorstandsmitglied Jens Hering war der erste, der sich die Mühe gemacht und die Knöterich-Bestände näher untersucht hat. Eine zugleich ziemlich schmutzige Angelegenheit, auf allen Vieren durch die Bestände zu kriechen, noch dazu nicht ganz ungefährlich, da Wildschweinrotten hier ebenfalls sehr gern ihre Domizile aufschlagen. Was Hering ans Tageslicht gebracht hat, war eine kleine Sensation und in der deutschen Vogelkunde bis dato unbekannt! Die oben genannten Vogelarten, insbesondere Sumpfrohrsänger (Marsh Warbler, Acrocephalus palustris), bilden ausgedehnte Brutbestände im Knöterich-Dschungel in höchsten Siedlungsdichten! Und in diesem Jahr hat sich in einer kleinen Kontrollfläche entlang der Zwickauer Mulde im Landkreis Zwickau, um die Gemeinden Remse und Crossen, herausgestellt, dass die Sumpfrohrsänger im Knöterich unseren immer seltener werdenden Kuckuck ideale und perfekte Kinderstuben bieten! Allein fünf Sumpfi-Nester mit einem „Kuckuckskind“ konnten in den vergangenen Tagen gefunden werden, alle im Knöterich!

Hering hat bereits dazu publiziert, in Fachmagazinen (Der Falke, Die Vogelwarte – siehe unten) und in der Tagespresse, um auf die neue und bisher unbekannte Bedeutung dieser Pflanze als Brutplatz für unsere heimischen Vögel hinzuweisen. Und nun müssen wir alle gemeinsam versuchen, Behörden, Kommunen, Agrarbetriebe und Grundstückseigentümer davon zu überzeugen, dass das Abmähen der Knöterichbestände zur Brutzeit (Mai bis Juli) eine massive Vernichtung von Vogelbruten darstellt und unbedingt unterbleiben muss! Die Bestände können jederzeit nach der Brutzeit gemäht werden, denn bis zur Brutsaison im kommenden Jahr bildet der Knöterich als schnell wuchernde Pflanze wieder seine für die Vogelbruten notwendige Dichte aus.

Buschrohrsänger im Knöterich, Juni 2020. Digiskopie-Foto: T. Augst.

Weitere Überraschungen bleiben nicht aus! In diesem Jahr gab es sogar den ersten Nachweis einer Teichrohrsängerbrut (European Reed Warbler, Acrocephalus scirpaceus) in Knöterich, wobei Jens Hering auch erstmals eine völlig neue Nestbauweise für die Art, die nirgends in der wiss. Literatur beschrieben ist, nachweisen konnte. Und, sogar der Buschrohrsänger (Blyth’s Reed Warbler, Acrocephalus dumetorum), eine Vogelart aus der Ostpaläarktis, die in diesem Jahr wieder einen Vorstoß nach Mitteleuropa gemacht hat und in Sachsen gleich an zwei Stellen (Werdauer Wald und im Elbtal) festgestellt (fotografiert, Tonaufnahmen, Beringung) wurde, hält sich seit Mai bereits inmitten eines Siedlungsgebietes an einem mit Knöterich bewachsenem Flussufer im Elbtal auf und singt dort fleißig. Der Vogel ist, wie bei der Beringung festgestellt wurde, unverpaart.

Buschrohrsänger bei der Beringung, Juni 2020. Foto: J. Hering

Bei weiteren Untersuchungen im Knöterich dürften neue Überraschungen zu erwarten sein. Aber schon jetzt ist die Bedeutung dieser vielgehassten Pflanze als Brutplatz für unsere heimische, teilweise sogar bedrohte Vogelwelt, eine Sensation!

Über solche und weitere Neuigkeiten zur heimischen (und auch zu internationalen) Vogelwelt informieren wir auch stets bei unseren Reisen rund um die Welt! Im September/Oktober 2020 in Kenia, im September und Oktober 2020 auch zum Vogelzug in Bulgarien und Griechenland sowie in Marokko (per heute EU-weit wieder als Reiseland ohne Einschränkungen zugelassen).

Für Rückfragen stehe ich gern zur Verfügung. Wir haben für alle Reisen noch Plätze verfügbar (exklusive Einzelzimmer für Griechenland im Oktober, die bereits ausgebucht sind).

Hartmut Meyer

Titelfoto: Junger Kuckuck im Nest des Teichrohrsängers, klassisch im Schilf. Foto: A. Kretschel.

Literatur: 

Hering 2019_Fallopia & Brutvögel_Der Falke

Hering 2019_Fallopia & Brutvögel_Die Vogelwarte

 

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