32 Quadratmeter für die Lachmöwe am Stausee Glauchau – Finnischer Ringvogel sorgt für Aufsehen

32 Quadratmeter für die Lachmöwe am Stausee Glauchau – Finnischer Ringvogel sorgt für Aufsehen

Jens Hering, 2.v.li., Mitarbeiter der Naturschutzbehörde im Landkreis Zwickau, leitet die Artenschutzmaßnahme Lachmöwen-Brutinsel am Stausee Glauchau. Foto: H. Meyer

Im Rahmen einer Ausgleichsmaßnahme durch Investor-Finanzierung hat die Untere Naturschutzbehörde des Landkreises Zwickau, auch in diesem Falle wieder bestens gemanagt von Jens Hering, Mitarbeiter der Behörde und Vorstandsmitglied im Verein Sächsischer Ornithologen e.V. www.vso-web.de  am Mittwoch, 17. März 2021, eine künstliche Brutinsel für Lachmöwen auf dem Stausee Glauchau installieren lassen.

Das 32 Quadratmeter große und etwa zwei Tonnen schwere Schwimmfloß wurde von einer auf solche Artenschutzmaßnahmen spezialisierten Firma in Mecklenburg-Vorpommern angefertigt und per Tieflader zu Stausee Glauchau geliefert. Mittels Spezialtechnik eines örtlichen Bauunternehmens, des Technischen Hilfswerkes und der Feuerwehr konnte die Insel zu Wasser gelassen und durch vier jeweils 500 Kilo schwere Betonelemente an ihrem Platz verankert werden. Der enorme Aufwand an Technik lockte nicht nur interessierte Zuschauer an den Stausee, sondern auch zahlreiche Vertreter von Print-, Funk- und TV-Medien. Und so war das Ereignis regional und überregional am Abend kurz im TV zu erleben und tags darauf in der Presse nachzulesen.

Der Stausee Glauchau, der von 1936-1938 als 46 ha großer Brauchwasserspeicher für die aufstrebende Textilindustrie angelegt wurde, war von Anfang an ein Magnet für Wasservögel im gewässerarmen Erzgebirgsvorland, und zog in der Folge natürlich auch die Ornithologen an. Seit etwa 1952 und bis heute gibt es daher detaillierte Aufzeichnung von der Avifauna des größten Gewässers im Erzgebirgischen Becken, die von der Ortsgruppe Glauchau des Vereins Sächsischer Ornithologen e.V. verwaltet werden.

Im SPA Limbacher-Teiche, ca. 15 Kilometer Luftlinie vom Stausee Glauchau entfernt, befindet sich eine weitere Lachmöwen-Brutkolonie im Großteich, die aber stark unter der Trockenheit leidet und 2020 wegen Niedrigwasser Totalausfall erlitt. Foto: J. Hering

Im Jahr 1979 siedelte sich auf der alten Insel, die einer Entschlämmung ab 1992 zu Opfer fiel, eine Lachmöwen-Brutkolonie an, die in ihren besten Jahren um die 80 Brutpaare aufwies. Kurz vor der Sanierung des Gewässers im Jahr 1992 war es vermutlich der Waschbär als Prädator, der die Lachmöwen zur Aufgabe ihres Brutplatzes bewegte. Aber wohl auch Nahrungsmangel spielte eine Rolle, da die EU-weiten neuen Regelungen im Umgang mit dem Hausmüll das Verschwinden auch von zwei angrenzenden Hausmülldeponien, die den Vögeln seinerzeit als Nahrungsquelle dienten, nach sich zog.

In den zurückliegenden 25 Jahren verlor das Gewässer allerdings stark an Bedeutung als Brutplatz für Wasservögel, wobei deren Ursachen bis heute weitgehend unklar sind. Da aber eine neue moderne Kläranlage mit ihren Becken und Spülteichen am Stadtrand jetzt immer mehr Lachmöwen offenbar gute Nahrungsmöglichkeiten bietet und die Vögel den Stausee wieder regelmäßig aufsuchen, war es eine gute Entscheidung der Behörde, hier ein solches Brutangebot für die in Sachsen und in weiten Teilen Deutschlands im Brutbestand teils drastisch zurückgehende Lachmöwe zu installieren. Auch die Flussseeschwalbe, die in Ostsachsen als Brutvogel auch auf solchen künstlichen Kiesinseln auftritt, könnte nun auch hier in Westsachsen einen Brutplatz finden.

Einen Tag vor der Installation der Insel im Stausee gab es in der Kläranlage eine recht interessante Ringablesung einer Lachmöwe mit finnischen Kennring (Foto re., M. Bauch). Jetzt warten die Vogelkundler gespannt auf die genaueren Ringdaten dieser Lachmöwe, die als Vagabunden heute hier und morgen dort als Brutvögel auftreten können. Vielleicht findet der Gast aus Finnland sogar Gefallen an der Insel und bleibt eine Brutsaison in Glauchau? Um die 200 Lachmöwen, die während der Installation der Brutinsel auf dem Stausee anwesend waren und das Geschehen offenbar interessiert verfolgten, machen Hoffnung, dass die Möwen „ihre neue Insel” als  attraktiven und sicheren Brutplatz annehmen werden.

Hartmut Meyer

Startfoto: Die 32 Quadratmeter große Kiesinsel (Schwimmfloß), die als Brutinsel für Lachmöwen auf dem Stausee Glauchau installiert wurde. Foto: J. Hering

Technischer Aufwand zur Installation der Insel: 

Dem Senior-Fachgruppenleiter der Glauchauer Ornithologen, Horst Fritsche (re.) ist es zu verdanken, das es detaillierte Daten zum Auftreten der Lachmöwe und deren Brutkolonie am Stausee Glauchau von 1979 bis 1992 gibt. Alle. Fotos: H. Meyer

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In Corona-Zeiten unterwegs: Von Krauskopfpelikanen und Steinsperlingen in Nordgriechenlands Naturparadies

In Corona-Zeiten unterwegs: Von Krauskopfpelikanen und Steinsperlingen in Nordgriechenlands Naturparadies

Kurzbericht von einer Reise an den Kerkinisee vom 25. Oktober bis 1. November 2020

Durch ein kurzes Zeitfenster für Reisen nach Griechenland war es im Oktober 2020 möglich, mit einer Gruppe erneut die Naturschönheiten im Nationalpark Kerkinisee in Nordgriechenland zu erleben. Die insgesamt 10 Gäste aus verschiedenen Gegenden Deutschlands und aus der Schweiz trafen sich am Nachmittag des 25. Oktober im Flughafen von Thessaloniki. Nach etwa einstündiger Fahrt erreichten wir zuerst den südlichen Damm des Kerkinisees. Von hier aus bietet sich stets ein erstes guter Eindruck vom Gebiet und dessen Umgebung. Anschließend fuhren wir zu unserem bewährten Hotel unweit des Sees, wo wir von Gastgeber Nikos und seiner Familie herzlich empfangen wurden. Unser Abendessen nahmen wir in einer der zahlreichen Tavernen am Dorfplatz ein.

Die nächsten Tage verbrachten wir meist im näheren Umfeld des Sees. Am ersten Tag erkundeten das Ostufer. Dort konnten wir schon die für den See berühmten Krauskopfpelikane sehen. Daneben Rosaflamingos und viele weitere Wasservögel. Auch die ersten Schelladler ließen sich blicken. Am Ende des Ostdeichs erreichten wir einen kleinen schilfbewachsenen Teich, welcher sich als sehr lohnend erweisen sollte. Vom Damm lässt sich die Schilfkante super mit dem Spektiv absuchen. Neben Wasserrallen können wir auch eine späte Zwergdommel sehen. Das Highlight jedoch war ein juveniles Kleines Sumpfhuhn, welches wenig scheu auf den Seerosenblättern Nahrung suchte. Eine seltene Gelegenheit, die die Vogelfotografen unserer Gruppe zu nutzen wussten. Ein weiteres großartiges Erlebnis stellte die Beobachtung eines Fischotters dar, der frei über das Wasser schwamm. Am Nachmittag besuchten wir noch einen alten Steinbruch am Fuße des Belles-Gebirges. Dieser Ort wurde aufgrund seiner schönen Lage und der guten Beobachtungsbedingungen zu einem der Lieblingsplätze der Teilnehmer dieser Gruppe. Wir konnten dort u.a. Balkanmeise, Felsenkleiber und Blaumerle gut beobachten. Der Blick zum See während des Sonnenuntergangs hat zudem einen besonderen Reiz.

Am nächsten Tag machten wir uns auf, um den Westdeich zu erkunden. Unser erster Stopp galt einem kleinen Hafen. Dort ist einer der besten Plätze, um die Krauskopfpelikane ganz nah zu erleben. An die Fischer gewöhnt, zeigen die Tiere kaum Scheu. Nach dem kurzen Fotoshooting fuhren wir immer weiter entlang des Sees bis wir dessen nordwestliches Ende erreichten. Neben verschiedenen Limikolen war die große Anzahl von Bergpiepern in den Schlickflächen auffällig. Zum ersten Mal ließ sich auch ein für den See so bekanntes Naturschauspiel, das Massenfischen Hunderter Kormorane, Pelikanen und Möwen bestaunen. Ein Reisegast hatte das große Glück, eine Europäische Hornotter zu entdecken. Unser weiterer Weg über eine Schotterpiste war zudem gespickt mit vielen kleinen Würfelnattern. Mit dem Auto mussten wir aufpassen, sie nicht zu überfahren. Auf dem Rückweg hatten wir noch das Glück, eine Wildkatze ausgiebig bei der Mäusejagd zu beobachten.

An einem anderen Tag besuchen wir die bekannten Colohori-Lagunen von Thessaloniki. Gleich zu Beginn stoppten wir an einer recht unspektakulären Stelle. Dort befindet sich ein traditioneller Sammelplatz des Triels, von dem um die 20 Individuen anwesend waren. Anschließend fuhren wir auf endlosen Pisten durch das riesige Gelände. Neben vielen Wasservögel wie Zwergscharben und verschiedenen Enten, waren auch zahlreiche Limikolen-Arten zu sehen. Zum Schluss entdeckten wir auch noch die lang gesuchten Dünnschnabelmöwen. In den abgeernteten Reis-Felder steckten riesige Trupps aus verschiedenen Sperlingen, darunter viele Weidensperlinge und Grauammern. Zahlreiche Rohr- und auch Kornweihen jagten niedrig über die Felder.

Leider holte uns am Ende das Coronavirus auch hier wieder ein. So verfügten die griechischen Behörden von einem Tag auf den anderen verpflichtend, dass der Bezirk (Distrikt) nicht mehr ohne wichtigen Grund verlassen werden durfte. Auch unsere abendlichen Besuche in den Tavernen im Ort mussten an den letzten Tagen ausfallen, da die griechischen Behörden ebenfalls ohne weitere Vorwarnung sofort deren Schließung verfügt hatte. Dafür improvisieren unsere Gastgeber und zauberten an den letzten Abenden schmackhaftes griechisches Essen für uns im Hotel, was keinesfalls zum Nachteil war.

Zwei weitere Tage verbrachten wir so am See. Dabei besuchten wir unter anderem erneut den alten Steinbruch sowie den schilfbewachsenen Teich. Dort hatten wir erneut Glück, denn wir konnten einen Mariskenrohrsänger ausgiebig beobachten. Die Art brütet nicht am See und ist hier nur im Winter zu Gast. Ein Abstecher in ein für seine Spechtpopulation bekanntes Waldgebiet direkt an der bulgarischen Grenze war allerdings in dieser Jahreszeit nicht so lohnend. Die an einem Tag etwas früher erfolge Rückkehr ins Dorf zum Hotel nutzen unsere Gäste, um sich die Steinkäuze im Ort näher anzusehen. Dieser Charaktervogel der griechischen Dörfer lässt sich vor allem zur Dämmerung und in den frühen Morgenstunden gut beobachten. Sein zahlreiches Auftreten hier hat schon viele Besucher erfreut.

Ebenfalls im Programm wie immer stand eine Bootsfahrt auf dem Kerkinisee. Dabei kam man den Kraukopfpelikanen wieder sehr nahe und die Fotografen hatten perfekte Bedingungen. Nach einem kleinen Missverständnis über das Ziel der Bootsfahrt hatten wir am letzten Tag nochmals die Chance, die Krauskopfpelikane per Boot zu besuchen. Anschließend nutzten wir unseren letzten Tag für ein etwas entfernteres Ziel. Wir fuhren ins Hinterland und passierten dabei interessante Landschaften. Unser Ziel war ein landwirtschaftlich geprägtes Offenland am Fuße des Gebirges. Die hier erhoffte Kalanderlerche konnten wir leider nicht sehen. Dafür beobachteten wir unter anderem Raubwürger, Merlin und schließlich noch zwei Steinadler. Vor unserem letzten Stopp legten wir noch eine Kaffeepause auf einem alten Marktplatz ein. Schließlich erreichten wir Sidirokastro. Bei einem Besuch der byzantinischen Burgruine erlebten wir einen schönen Sonnenuntergang mit Blick zum Kerkinisee. Die Überraschung wurde perfekt, als sich hier noch drei Steinsperlinge beobachten ließen. Anschließend fuhren wir zurück zum Hotel und verbrachten unseren Abschlussabend in der gewohnt gastfreundlichen Atmosphäre.

Das gesehene Artenspektrum entsprach dem, was man für diese Jahreszeit im Nationalpark Kerkinisee sowie in der Umgebung bis nach an die Küste nach Thessaloniki erwarten konnte. Das Wetter war durchweg freundlich und die Temperaturen angenehm. Trotz der plötzlich auftretenden Einschränkungen durch die Pandemie dürfte auch diese Reise zum Kerkinisee mit seinen berühmten Krauskopfpelikanen in guter Erinnerung bleiben. Wir danken allen Gästen, die in schwerer Zeit den Mut hatten, zu reisen!

Andrè Müller
Reiseleiter Bartmeise-Reisen

Titelfoto: Bartmeise-Reisegruppe Oktober 2020 mit Andrè Müller (Reiseleiter, 4.v.re. stehend) und Georgious Spiridakis (Birdguide, re.u.). Foto: L. Meckling

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Avifaunistisches Highlight im Erzgebirge: Rostflügeldrossel bei Stollberg begeistert Beobachter aus ganz Deutschland

Avifaunistisches Highlight im Erzgebirge: Rostflügeldrossel bei Stollberg begeistert Beobachter aus ganz Deutschland

Am späten Nachmittag des 27.2.2021 wurde bei wolkenverhangenem, diesigem Wetter in Beutha, Stadt Stollberg, Erzgebirgskreis, eine Rostflügeldrossel (Turdus eunomus) entdeckt. Seit Sonntag konnten bei dann bestem Wetter viele Beobachter aus ganz Deutschland den Vogel beobachten.

Es handelt sich offensichtlich erst um den zweiten (oder dritten) Nachweis in Sachsen. Die erste Feststellung ist schon über 172 Jahre alt und stammt von einem nicht mehr genau zu datierendem Präparat aus dem Tierkundemuseum Dresden, das vor 1849 bei Nossen gesammelt wurde. Der Status einer Meldung aus 1987 ist derzeit nicht ganz klar. Auch in ganz Deutschland gibt es weniger als zehn Beobachtungen, erst drei aus der “Neuzeit”, seit dem Beginn der Arbeit der Deutschen Seltenheitenkommission. 1996 war ein Vogel in Böhnhusen und 2017 auf Helgoland, beides Schleswig-Holstein. Der jetzt festgestellte Vogel ist jedenfalls der erste seiner Art im Erzgebirge.

Seit Sonntag begeistert die ostpaläarktische bzw. sibirische Art, die früher zusammen mit der Rostschwanzdrossel unter dem Namen „Naumanndrossel“ zu einer Art zusammengefasst war, Beobachter aus ganz Deutschland und lässt Erinnerungen an die im Winter 2013/14 über Monate ganz in der Nähe anwesende Sperbereule aufkommen.

Aktuelle updates zum Geschehen vor Ort finden sich natürlich auf: www.ornitho.de 

Thomas Hallfarth & Hartmut Meyer

Fotos: Jens Halbauer.

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Wo der Tannenhäher Dauergast am Futterhaus ist – Farbberingung liefert neue Erkenntnisse zur Biologie

Wo der Tannenhäher Dauergast am Futterhaus ist – Farbberingung liefert neue Erkenntnisse zur Biologie

Tannenhäher im Winter. Foto: Th. Barthel

Während sich der normale Vogelfreund darüber freut, dass neben Meisen und Spatzen vielleicht sogar Kleiber, Buch- und Bergfink sowie das Rotkehlchen und möglicherweise auch der Star als Besonderheiten am winterlichen Futterhaus im Garten auftauchen, hat einer unserer Vereinsfreunde im Erzgebirge weitaus spannendere Gäste, mit denen er sich auch im Rahmen eines wissenschaftlichen Farbberingungsprogrammes der Vogelwarte Hiddensee beschäftigt.

Thomas Barthel aus Annaberg-Buchholz, bekannter Ornithologe und ehrenamtlicher Mitarbeiter an der wiss. Vogelberingung, bemüht sich seit über 10 Jahren recht intensiv um den Tannenhäher (Spotted Nutcracker, Nucifraga caryocatactes), einem heimlichen und versteckt lebenden Brutvogel im Erzgebirge. Über die Brutbiologie dieser schwierigen und nur sporadisch verbreiteten Art insbesondere in den Mittelgebirgen ist nach wie vor wenig sehr bekannt. Nester werden äußerst selten und eher zufällig gefunden, und genauere brutbiologische Daten gelten nach wie vor als Ausnahme. Und so fehlen auch insbesondere Freilanddaten zur Aufzucht der Jungvögel ebenso wie solche zu deren Verbreitung in Raum und Zeit.

Mittlerweile hat sich Thomas Barthel zu einem Artspezialisten für den Tannenhäher entwickelt, der nicht nur im Winter Altvögel an seiner speziellen, mit Erdnüssen bestückten Fütterung fängt und markiert, sondern sogar frisch flügge Jungvögel zur Brutzeit. Die von ihm individuell markierten Vögel werden auch von anderen Ornithologen abgelesen, was interessante Bausteine zum Auftreten und zur Biologie liefert.

Die beiden Vögel (Startbild) auf der Futterschale zum Beispiel wurden vor wenigen Tagen, am 8. Februar 2021 fotografiert. Es handelt sich um das Männchen (rechts, A 4) und das Weibchen (links, A 6) eines seit Jahren bekannten Brutpaares. Im Juni 2019 führte dieses sogar seine eben flüggen Jungen an die Fütterung heran und so konnte auch einer von zweien (Foto vom 17.06.2019, rechts) markiert werden.

Mittlerweile hat Thomas Barthel 62 Tannenhäher individuell gekennzeichnet. Insbesondere die Wiederablesungen können wichtige und neue Fakten zum Verhalten (z.B. Paarbildung) und zum Auftreten der Art liefern. Daher sind die Feldornithologen und alle Naturfreunde aufgerufen, insbesondere auf farbberingte Tannenhäher zu achten. Die Farbringen lassen sich gerade in dieser Jahreszeit an Fütterungen, wo die Art nicht ganz so scheu ist, recht gut ablesen. Man darf sicher gespannt sein, welche interessanten und neuen Fakten die intensive Beschäftigung mit dieser Art zukünftig noch erbringen wird.

Flügger Jungvogel 15.07.2019.

Einen kurzen Überblick anhand von wenigen Einzelbeispielen liefert Thomas Barthel in einer „Kurzen Mitteilung/Ringfundmitteilung“ im eben erschienenen Heft 2, 2020/Bd. 12 der „Mitteilungen des Vereins Sächsischer Ornithologen e.V.“, die unten als pdf angefügt ist.

Hartmut Meyer

Alle Fotos: Thomas Barthel 

Tannenhäher MittSächsOrn

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Wintergäste aus den Tundren Skandinaviens nun auch im Erzgebirge zu beobachten: Raufußbussard und Merlin

Wintergäste aus den Tundren Skandinaviens nun auch im Erzgebirge zu beobachten: Raufußbussard und Merlin

Während www.ornitho.de diese Vogelarten oft schon ab Ende September für Norddeutschland, z.B. auch für die Ostseeküste und in deren Hinterland etc., meldet, dauert es meist ein bisschen länger, bis Raufußbussard (Rough-legged Buzzard) und Merlin (Foto re.) sowie auch andere wie Kornweihe und gelegentlich Sumpfohreule im Erzgebirge und dessen Vorland wie hier im Erzgebirgischen Becken eintreffen. Mal mit mehr, mal mit weniger Individuen, je nachdem wie die vergangene Brutsaison in der Tundra ausgefallen ist.

Aber seit einigen Wochen sind auch diese Arten hier eigetroffen und waren, bis zum Schneefall zumindest, gut zu beobachten. Insbesondere fällt der Raufußbussard auf, der bei seiner Jagd oft auch schon vom Straßenrand in mäusereicher Feldflur zu entdecken ist. Er rüttelt öfter, länger und meist viel niedriger als der hiesige Mäusebussard. Und je nach Beobachtungs-Perspektive, glaubt man einen „kleinen Adler“ zu sehen oder aber es fällt ein eher weihen-ähnlicher Flug auf. Wenn man richtig liegt mit seiner Bestimmung, dann hat man immer einen „irgendwie einen anderen, größeren Bussard“ vor sich. Man muss man eben genau hinschauen, denn die Farbvarianten unseres heimischen Mäusebussards bieten hinreichend Verwechslungsmöglichkeiten mit dem Wintergast aus dem hohen Norden. Unter günstigen Beobachtungsbedingungen kann man einen Raufußbussard zweifelsfrei bestimmen. Meist hat die Art ein gut sichtbares dunkles Endband am Schwanz und einen dunklen Flugelbugfleck. Je nach Geschlecht und Alter des Vogels fallen entweder ein durchgehender schwarzer Bauch (bei Jungvögeln – wie Startbild) oder ein mehr gebänderter Bauch (Altvögel) und dazu ein eher „eis-grauer“ Grund-Ton auf. Die Merkmale zwischen Männchen und Weibchen verschwimmen oft und sind meist nicht eindeutig. Wohl in der Mehrzahl sieht man hier im Winterhalbjahr Jungvögel aus der vergangenen Brutsaison (als immat. bzw. nach dem 31.12. dann im 2. Kalenderjahr), so wie unser Startbild. Das Flugbild zeigt einen Altvogel.

Meist viel eindeutiger ist die Bestimmung vom kleinsten europäischen Falken, dem Merlin, der ebenfalls oft auf Straßenbäumen sitzt und nach Nahrung (Kleinvögel oder auch Mäuse) Ausschau hält. Dieser kleine kompakte Falke kommt aus den Waldtundrazonen Eurasiens zu uns, wird aber nicht jeden Winter festgestellt. Meist handelt es sich um Jungvögel bzw. weichenfarbige Individuen, wie auch der Vogel im Bild, der in der Feldflur in Zwickau fotografiert wurde (auf Baum sitzend, Foto li.). Der fressende Vogel am Boden (oben rechts, aufgenommen im April) zeigt jedoch einen zweijährigen Vogel, ein Männchen, welcher ins Alterskleid mausert.

Der Schneefall in den zurückliegenden Tagen, der zu einer geschlossenen Schneedecke von 20 bis teilweise 40cm geführt hat, dürfte Auswirkungen auf die Verfügbarkeit von Mäusen haben. Daher ziehen bei solcher Wetterlage insbesondere die Raufußbussarde in südwestliche Richtung weiter, wo wieder offene Flächen zum Jagen zu finden sind. Auch der Raubwürger verschwindet bei geschlossener, hoher Schneedecke aus seinen hiesigen Winterrevieren. Achten Sie darauf bei Ihren Beobachtungsgängen! In www.ortnitho.de übrigens kann man solche Bewegungen, Winterflucht genannt, meist gut nachvollziehen.

Alle Fotos: Jens Halbauer (Werdau).

Hartmut Meyer

 

 

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Sie sind wieder da! Aber Klimawandel bedroht Rasthabitate massiv – Hilfe beim Erhalt von Feuchtflächen notwendig

Sie sind wieder da! Aber Klimawandel bedroht Rasthabitate massiv – Hilfe beim Erhalt von Feuchtflächen notwendig

Die Zwergschnepfen Lymnocryptes minimus (Jack Snipe) sind wieder da! Jahr für Jahr kommen sie aus den borealen Wald- und Tundrazonen Eurasiens und aus den Weiten Sibiriens zum Überwintern nach Mitteleuropa, wobei aus dem geheimnisvollen Leben der Art nach wie vor nur Fragmente bekannt sind. Auch hier im Raum Westsachsen hat die Art jetzt ihre verbliebenen Winterquartiere besetzt.

Aber, die Bedingungen werden für die Art hier immer schlechter! Das infolge des Klimawandels absinkende Grundwasser lässt ihre Rasthabitate zunehmend austrocknen. Und so sind auch hier zwischen Chemnitz und dem Tal der Zwickauer Mulde im Landkreis Zwickau in den zurückliegenden Jahren viele jahrzehntelang genutzte, traditionelle Rasthabitate z.B. in Feuchtwiesen und in Teichgebieten einfach ausgetrocknet und stehen für die Art nicht mehr zur Verfügung.

Jens Hering und Dieter Kronbach (Limbach-Oberfrohna) gehören zu den Pionieren bei der Erforschung der Zwergschnepfen im Winterhalbjahr in Deutschland. Ungefähr 2.000 Individuen, so viele wie wohl nirgendwo anders in Europa, wurden hier in den zurückliegenden Jahren gefangen und mit Ringen der Vogelwarte Hiddensee markiert. Die gewonnen Erkenntnisse auch über das Verhalten der Art sind geradezu erstaunlich! Viele Individuen nutzen Jahr für Jahr das gleiche Rasthabitat und werden teils auf dem gleichen Quadratmeter immer wieder angetroffen. Eine unglaubliche Leistung, und zugleich eine wichtige Erkenntnis für den Schutz selbst von Kleinstflächen als Rasthabitate!

Die Experten können über winzige Spuren, über Trittsieggel im Schlamm oder Schnee bzw. über kleine Kothäufchen, schon erkennen, ob ein Gebiet besetzt ist oder nicht. Die Zwergschnepfe hingegen vertraut auf ihre Tarnung und fliegt erst im aller letzten Moment überhaupt auf. Dieses Verhalten machen sich Jens und Dieter zum Nutzen, denn meist greifen sie die kleinen Schnepfen einfach mit der Hand vom Boden ab (Foto und neues Video auf Facebook von Jens Hering).

Aus der jahrzehntelangen Arbeit mit und für die Art haben sich wertvolle Hinweise zum Schutz der winterlichen Rasthabitate ergeben. So konnten zahlreiche Maßnahmen für den Erhalt von Nassstellen, Sumpfwiesen bzw. auch sumpfigen Feldteichen umgesetzt werden. Oft in Zusammenarbeit mit dem Besitzer, aber auch über Naturschutzmaßnahmen im Landkreis. Lediglich dem Klimawandel stehen nun alle machtlos gegenüber, weil durch fehlende Niederschläge das Grundwasser immer weiter absinkt und die Flächen nachhaltig austrocknen. Dennoch kann man etwas tun. Oft sind unbedachte, manchmal unbeabsichtigte Aktivitäten der Grundbesitzer Auslöser für zusätzlichen Wasserablauf aus den Flächen. Manchmal kann man im Gespräch mit einem gutwilligen Eigentümer weiteren Schaden abwenden. Ein unbedacht geöffnet gebliebener Feldteich kann wieder verschlossen werden, ein kleiner Graben, der Nassflächen zusätzlich entwässert, kann gestoppt werden. Vogelkundler, die bei ihren Beobachtungsgängen in der Natur Derartiges feststellen, sollten nichts unversucht lassen, um mit dem Eigentümer ins Gespräch zu kommen und diesen zu sensibilisieren. Notfalls kann auch über die zuständige Untere Naturschutzbehörde im Hilfe angefordert werden.

Wertvolle Feuchtwiesen bieten nicht nur der Zwergschnepfe Winterquartiere, sondern stellen auch auch für zahlreiche weitere seltene und bedrohte Arten – vom Bergpieper bis zur Sumpfohreule –  Rast- und Nahrungsflächen dar. Daher lohnt sich ein Einsatz immer!

Jens Hering und Dieter Kronbach haben ihre Erkenntnisse zum Schutz der Rasthabitate der Zwergschnepfe in zahlreichen Vorträgen deutschlandweit präsentiert, so auch bei der Deutschen Ornithologen-Gesellschaft (DO-G) in Wort und Poster. In der legendären Zeitschrift „Limicola – Zeitschrift für Feldornithologie“ erschien 2007 ein längerer Hauptbeitrag unter dem Titel „Die Häufigkeit der Zwergschnepfe als Durchzügler und Wintergast in Südwest-Sachsen“, in dem die Autoren all ihr Wissen über die geheimnisvolle Art komprimiert darstellen konnten (Fotos unten).

Sobald es die Situation wieder zulässt, will Bartmeise-Reisen eine Tagesexkursion zur Zwergschnepfe hier in Westsachsen anbieten. Das kann noch im März oder April 2021 sein. Wir informieren kurzfristig.

Hartmut Meyer

Alle Fotos im Beitrag: Jens Hering

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Taigabirkenzeisige A. flammea im Erzgebirge unterwegs – spannende Bestimmungshilfe mit Bildern

Taigabirkenzeisige A. flammea im Erzgebirge unterwegs – spannende Bestimmungshilfe mit Bildern

Es war feldornithologisch schon immer eine echte Herausforderung für Profis, die Unterarten vom Birkenzeisig exakt bestimmen zu können. Neben unserem heimischen Brutvogel, dem Alpenbirkenzeisig (C. f. cabaret) konnten im Winterhalbjahr auch Vögel aus Fennoskandien auftreten, die als Unterarten „Taigabirkenzeisig“ (C. f. flammea) und „Polarbirkenzeisig“ (C. f. hornemanni) geführt wurden. Seit mehr als 10 Jahren gilt jedoch der Polarbirkenzeisig als eigene Art bis dato unter dem wissenschaftlichen Namen Carduelis hornemanni.

Mit der 2019 von der Deutschen Ornithologen-Gesellschaft (DO-G, http://www.do-g.de) herausgegebenen neuen amtlichen „Liste der Vögel Deutschlands“ (Barthel & Krüger, unten) wurden nun auch die Änderungen aus der IOC-Weltliste (Gill & Donsker 2019) verbindlich eingeführt. Dieser nun in der Ornithologie international üblichen Anordnung soll auch in Deutschland gefolgt werden, wie die zuständige deutsche Kommission festgelegt hat.

Die Birkenzeisige werden nun unter dem neuen Gattungsnamen Acanthis geführt und in drei Arten getrennt: Alpenbirkenzeisig (Acanthis cabaret), Polarbirkenzeisig (Acanthis hornemanni) und Taigabirkenzeisig (Acanthis flammea).

Am vergangenen Wochenende wurden die ersten beiden Taigabirkenzeisige (englisch: Common Redpoll) an einem Vogelmonitoringplatz im Erzgebirgskreis bei Gelenau gefangen, genauestens bestimmt (vermessen etc.) sowie beringt (Dr. Rico Spangenberg). In der Hand ist die Bestimmung der Art machbar, denn neben den Gefiedermerkmalen (sehr hell, „mealy = mehlig“, grau, weniger gestreift) können hier die Flügelmaße ab mehr als 76mm herangezogen werden.

Man sollte jetzt mit offenen Augen unterwegs sein, denn neben den östlichen Trompetergimpeln sind nun auch diese Wintergäste, die in der borealen Taigazone im östlichen Skandinavien und in den Weiten Sibiriens Brutvögel sind, bei uns unterwegs!

Für die Fotos danke ich meinem Freund Dr. Rico Spangenberg (Stollberg).

Das Startfoto und das 2. Bild (ausgebreiteter Flügel) zeigt ein Männchen (gleiches Individuum) vom 21.11.2020; das 1. Bild (ob. re) zeigt ein Weibchen vom Taigabirkenzeisig vom 21.11.2020. Das untere Bild (re.) wiederum ein Männchen aus 2018, das bereits ins BK mausert.

Hartmut Meyer

Hier im direkten Vergleich: links ein Taigabirkenzeisig (grauer Gesamteindruck und breite, weiße Flügelbinde) und rechts ein Alpenbirkenzeisig (mehr braun und gelbliche Flügelbinde), dazu die Größenmerkmale bei der Beringung in der Hand, die, wenn vorhanden, sehr sicher sind. Foto: Dr. Rico Spangenberg (13.12.2020)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Taigabirkenzeisig (Acanthis flammea) mit grauem Gesamteindruck (13.12.2020). Foto: Dr. Rico Spangenberg

Literatur:

Barthel, PH & Krüger, T (2019): Liste der Vögel Deutschlands. Version 3.2. Deutsche Ornithologen-Gesellschaft Radolfzell

Barthel, PH et al. (2020): Deutsche Namen der Vögel der Erde. Vogelwarte 58, 2020: I, Deutsche Ornithologen-Gesellschaft Radolfzell

Diese Publikation wird Bartmeise-Reisegästen mit Reiseunterlagen kostenfrei zur Verfügung gestellt.

Vogelwarte – Zeitschrift für Vogelkunde Heft 1/2020. Bezug unter www.do-g.de

 

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Raubwürger und Prachttaucher derzeit zu beobachten – www.ornitho.de bietet perfekten Überblick

Raubwürger und Prachttaucher derzeit zu beobachten – www.ornitho.de bietet perfekten Überblick

Der Raubwürger (Lanius excubitor; Great Grey Shrike) ist im Freistaat Sachsen ein regelmäßiger, aber seltener Brutvogel, der durch die intensive Landwirtschaft im Flachland viele Brutplätze verloren hat. Sein Brutbestand wird heute stabil mit 150-250 Brutpaaren angegeben (Steffens et al. 2013). Insbesondere auf Truppenübungsplätzen im Norden des Landes sowie in den ehemaligen Rauchschadensgebieten auf dem Erzgebirgskamm kann die Art zur Brutzeit noch regelmäßig in geeigneten Habitaten beobachtet werden.

Jetzt im Winterhalbjahr bezieht der Raubwürger aber spezielle Winterreviere, die teilweise weit abseits der Brutplätze liegen. Und auch aus nördlichen Regionen Europas zieht die Art bis nach Mitteleuropa, wie durch Ringfunde belegt ist. Heuer fällt eine gewisse Häufigkeit der Art auf, die auch verschiedene Winterreviere besetzt hat, die teilweise über einen längeren Zeitraum (10 Jahr und mehr) unbesetzt waren! Das könnte im Zusammenhang mit der aktuell noch hohen Feldmausgradation stehen, zumindest in bestimmten Regionen Sachsens. So zum Beispiel im Tal der Zwickauer Mulde, wo auch jetzt noch Feldmäuse in Massen vertreten sind. Und genau in solchen Gebieten, die von extensiv genutztem Grünland, von Ruderalflächen mit Heckenreihen und solitären Einzelbäumen sowie abwechslungsreicher offenen Feldflur geprägt werden, sind seit September bereits Raubwürger anwesend. Immer ein Vogel pro Revier, denn der Raubwürger ist außerhalb der Brutzeit nicht an Seinesgleichen interessiert. Zwischen Waldenburg und Wolkenburg entlang der Zwickauer Mulde, aber auch in der weiteren Feldflur im Zwickauer Land, in Mittelsachsen und darüber hinaus konnten die Ornithologen schon mehrere, auch neue Winterquartiere finden.

Aufgrund seiner Größe und der überwiegend hellgrauen und weißen Farbe mit schwarzer Maske und Flügeln „leuchtet“ die kontrastreiche Vogelart in der nicht verschneiten, meist grauen Feldlandschaft weithin,  zumal er meist sehr exponiert auf den obersten Spitzen von Büschen, großen Pflanzen oder sogar auf Leitungsdrähten nach seiner Beute Ausschau hält. Und auf diesen „festen Plätzen“ kann die Art tagtäglich gesehen werden. Oft sind die Vögel auch nicht so scheu, lassen eine Annäherung auf  unter 50 Meter zu, was vielleicht auf eine skandinavische Herkunft deuten könnte.

Die hier gezeigten Fotos (2) stammen aus dem Winterhalbjahr 2018 und gelangen unserem westsächsischen Avifaunisten und Vogelfotograf Jens Halbauer. 

Wer größere Stau- und Grubenseen bzw. Teichgebiete für seine jetzt in der Pandemie-Zeit eingeschränkten Beobachtungsgänge präferiert, muss auf einen anderen Durchzügler und Wintergast achten. Schon seit einigen Wochen sind Prachttaucher (Gavia arcitca; Black-throated Loon) aus der Familie der Seetaucher auf dem Wegzug zur Rast eingetroffen. So kann man derzeit zwei Individuen auf dem Stausee Glauchau und einen auf dem Schwanenteich in Zwickau, fast mitten in der Stadt gelegen, beobachten. Bei diesen Individuen handelt es sich um diesjährige Jungvögel, die sehr schlicht grau-weiß gefärbt sind, aber durch den dolchförmigen Schnabel mit leicht abwärts gebogenem First auffallen. Oft kann man auch das in der Literatur beschriebene „Wasserlugen“ sehen, bei dem die Art nur den Kopf ins Wasser steckt. Einmal abgetaucht kann der Tauchvogel bis zu zwei Minuten unter Wasser bleiben und einen mittelgroßen Stauseen oder Teich fast komplett bis in eine andere Ecke durchtauchen. Manchmal halten sich die Vögel, die z.B. an den großen Seen Skandinaviens und bis nach NE-Sibiriens Brutvögel sind, viele Wochen im Binnenland auf, so lange die Gewässer eisfrei bleiben und die Vögel Nahrung finden. Öfters wurden in Sachsen auch Übersommerungen von Nichtbrütern nachgewiesen.

Auch diese Fotos (2) konnte Jens Halbauer vor einigen Tagen am Stausee Glauchau (Lkr. Zwickau) aufnehmen.

Wer mehr wissen möchte, wie diese und viele andere Arten derzeit über Sachsen verbreitet sind, der sollte www.ornitho.de nutzen! In diesem vom Dachverband Deutscher Avifaunisten (DDA) gemeinsam mit den ornithologischen Landesverbänden getragenen Beobachtungsplattform werden täglich Tausende Daten gemeldet. Der DDA als Betreiber stellt zudem für die verschiedensten Arten regelmäßig Durchzugs- oder Verbreitungsmuster dar. Außerdem kann man als aktiver Melder von eigenen Daten sich auch Vorkommen von Arten über bestimmte Gebiete selber zusammenstellen.

Literatur:

Steffens, R. et al. (2013): Die Brutvögel Sachsens. Sächsisches Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie, Dresden.
Steffens, R. et al. (1998): Die Vogelwelt Sachsens. Gustav Fischer Verlag Jena.

Hartmut Meyer

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Alpenbraunelle aktuell am Fichtelberg zu sehen – Art neuer Brutvogel im Erzgebirge

Alpenbraunelle aktuell am Fichtelberg zu sehen – Art neuer Brutvogel im Erzgebirge

Bereits seit 2003 wird, wenn auch nicht durchgehend jährlich, zwischen April und Juni, zur Brutzeit also, die Alpenbraunelle (Brunella collaris, Alpine Accentor) im Klinovec-Fichtelberg-Gebiet im Erzgebirge festgestellt. Im Jahr 2018 wurde eher zufällig ein Brutnachweis erbracht (siehe die beigefügte Publikation aus den „Mitteilungen des Vereins Sächsischer Ornithologen e.V.). Kurze Zeit später konnte auch der Brutplatz auf deutscher Seite gefunden werden.

Immer wieder tritt die Art auch im Winterhalbjahr sowohl am Keilberg und an der Felsformation Meluzina auf böhmischer als auch am Fichtelberg auf deutscher Seite auf. So auch in diesem Jahr aktuell, als am 25. November 2020 der tschechische Ornithologe V. Teply einen Vogel am Fichtelberg beobachten und fotografieren konnte (beide Fotos hier: V. Teply). Am gleichen Tag, so wurde bekannt, konnte auch ein Vogel im Harz auf dem Brocken (Sachsen-Anhalt) festgestellt werden, was auf Zuzug deutet.

Das Vorkommen der Art in beiden Mittelgebirgen ist eine spannende Entwicklung, da die Gebiete recht weit abseits der üblichen Brutareale in den Alpen und im Riesengebirge liegen und geografisch isoliert sind. In Deutschland brütete die Alpenbraunelle bisher ausschließlich in Bayern, in den Nördlichen Kalkalpen und in den Schwäbisch-Oberbayerischen Voralpen, seit 2018 auch im Erzgebirge. Das in östliche Richtung vom Fichtelberg existierende Brutvorkommen am Krkonose/Riesengebirge liegt ca. 190 km entfernt (Hering 2018).

Wer also jetzt im oberen Erzgebirge auf dem Fichtelberg unterwegs ist, der sollte sein Augenmerk auf die Alpenbraunelle richten. Die Art ist oft am Boden oder bodennah (Foto oben) an Gebäudeteilen unterwegs und überhaupt nicht scheu, wie im Foto vom 25.11.2020 zu erkennen ist. Man kann sie daher eher übersehen, wenn man nicht genau auf die Art achtet!

Hartmut Meyer

Alle Fotos: V. Teply

Mitt. Sächs. Orn. Kurzmitteilung + Jahresvers + Register

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Fortsetzung, die neunte: Mauerläufer im Winterquartier im Erzgebirge eingetroffen – Exkursion im März 2021?

Fortsetzung, die neunte: Mauerläufer im Winterquartier im Erzgebirge eingetroffen – Exkursion im März 2021?

Mauerläufer im Winterquartier. Foto: B. Franzke

Und noch einmal ist er zurückgekommen. Ein wirklich unglaubliches Naturwunder! Am 13. November 2020 traf der kleine Hochgebirgsvogel nunmehr den neunten (!) Winter in Folge in seinem Winterquartier auf der Südseite des Erzgebirges in Böhmen, in einem kleinen Dörfchen unweit des Fichtelbergs, ein. Zwar ist es nicht bewiesen, dass es sich um den gleichen Vogel handelt, aber die Tatsache, das er auch dieses Jahr sofort bei Ankunft seine Futterbretter anflog und die dort schon für ihn ausgelegten Mehlwürmer absammelte, spricht wie immer für den gleichen Vogel, der ‘sein Winterquartier’ bestens kennt!

Sein jährlicher Brutort im Hochgebirge (in den Alpen?) bleibt freilich unbekannt. Im Erzgebirge und den anderen deutschen Mittelgebirgen jedenfalls sind noch nie Bruten von dieser Art nachgewiesen worden. Vor der Lebensleistung dieses Vögelchens, dessen Brutgebiete Hunderte Kilometer weit entfernt zu suchen sein müssten, kann man nur ehrfurchtsvoll stauen. In der Tat, ein Naturwunder!

Den neunten Winter in Folge hat nun der Vogel sein Winterquartier an einem alten Fabrikgebäude, wo er im Dachfirst Schlafplätze hat, bezogen. Dort wird sein Aufenthalt von einem böhmischen Ornithologen, unserem Freund Vladimir, gut dokumentiert. Und wenn ihm auch in diesem traurigen Corona-Winter nichts zustößt, dann wird der Vogel, ein Männchen, bis in den März hinein dort zu sehen sein. Dann wir er wie jedes Jahr ins Brutkleid mausern und erste Balzflüge kündigen dann seinen baldigen Abzug ins Brutgebiet an …

Einmal am Tag holt er sich einige Mehlwürmer, die man für ihn auf einem Fenstersims auslegt. Stellt sich die Frage, wie alt ein Mauerläufer in Freiheit werden kann? Dazu gibt es keine Angaben in der Literatur. Aber in Gefangenschaft kann die Art durchaus ein hohes Alter erreichen wie aus dem Alpenzoo Innsbruck bekannt ist, wo 2016 der letzte seiner Art mit 15 Jahren gestorben ist. Vielleicht ist es nun doch der letzte Winter, in dem dieser kleiner Lebenskünstler so weit abseits seines Brutplatz im Erzgebirge zu sehen sein wird?

Aufgrund der Pandemie-Einschränkungen sowohl auf tschechischer als auch auf deutscher Seite können wir jetzt noch keinen Exkursionstermin bekanntgeben. Aber kurz vor Abzug des Vogels ins Brutgebiet, vielleicht im März 2021, sofern sich die Situation entspannt hat, planen wir kurzfristig einen Besuch ein. Die Bekanntgabe erfolgt hier an dieser Stelle. 

Titelfoto und Foto 2: Vladimir Teply

Hartmut Meyer

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