
Dieter Kronbach (li.) beim Beringen der jungen Wanderfalken in Glauchau. Mit dabei Jens Hering (Landratsamt) und die Ornithologen Holger Gentsch (v.li.) und Mario Liebschner (re.).
Gleich drei Brutpaare vom seltenen Wanderfalken (Falco peregrinus), einer in Deutschland bedrohten Vogelart, haben seit wenigen Jahren eine Brutheimat im sächsischen Landkreis Zwickau am Rande des Erzgebirges gefunden. In dieser Woche im Mai stand die Beringung der Jungvögel an, die im Auftrag der AG Wanderfalkenschutz unser Freund, der Beringer Dieter Kronbach (Limbach-O.) vorgenommen hat. Für die Einrichtung der Brutplätze an den Gebäuden zeichnet die Untere Naturschutzbehörde des Landkreises Zwickau zuständig, die von Jens Hering vertreten wurde. Und natürlich durften auch die Ornithologen unsere VSO-Ortsgruppe Glauchau dabei nicht fehlen, denn diese tragen seit Jahren die Daten zu den Bruten in vielen Stunden ehrenamtlicher Betreuung zusammen.
Am Industrieschornstein in Glauchau-Reinholdshain, nahe der A4, mussten die Jungvögel wie immer mit Hilfe von Profi-Kletterern vom Bergsteigerclub Westsachsen e.V. aus dem Nistkasten in ziemlicher Höhe abgeseilt werden. Eine wie immer recht knifflige Angelegenheit, bei der nicht jeder mithelfen durfte. Drei kräftige Jungvögel werden in diesem Jahr hier groß und erhielten am 5. Mai 2020 neben dem Kennring der Vogelwarte Hiddensee auch noch einen so genannten Ablese-Ring. Dieser macht es möglich, die Vögel auch aus größerer Distanz mittels Spektiv individuell zu erkennen, wodurch wichtige Fakten zur Biologie der Art zusammengetragen werden können.
Mitten in der Stadt Zwickau, in einem Nistkasten am historischen, im 12. Jahrhundert errichteten Dom St. Marien, konnten gleich vier Jungvögel festgestellt werden, was schon eine Besonderheit darstellt. Im Beisein von Zwickauer Orni-Freunden, die den Brutplatz regelmäßig beobachten, erhielten diese ihre Kennringe.
In den nächsten Wochen werden die Mitglieder unseres Vereins Sächsischer Ornithologen e.V. (VSO) die Brutplätze weiter überwachen und das Ausfliegen der Jungvögel genau dokumentieren.
Und wer weiß, vielleicht können wir auch den einen oder anderen Jungvogel später bei einer unserer vogelkundlichen Reisen irgendwo in Europa sehen und sogar ablesen! Da der Wanderfalke jedoch weltweit (in verschiedenen Rassen) verbreitet ist und sozusagen auf fast allen Kontinenten gesehen werden kann, gelingen auch bei unseren Reisen nach Südamerika, nach Mittel- und Fernost und in Afrika immer wieder Beobachtungen der Art. Dabei ist es stets interessant und eine Herausforderung, die Unterschiede der Rassen zu studieren, die im Feld meist nicht so einfach zuzuordnen sind und daher immer für spannende Gespräche sorgen. Die nächste Möglichkeit, Wanderfalken auch außerhalb Europas zu sehen, bieten unsere Reise nach Ostafrika (Juli/Oktober) und nach Südamerika/Brasilien (Oktober/November). In Brasilien besteht auch die Möglichkeit, einen Verwandten vom Wanderfalken, den sehr seltenen Aplomadofalke (Falco femoralis) zu sehen.
Hartmut Meyer